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Chancen, Probleme und Lösungen für eine Rückkehr Papst em. Benedikt XVI. in den aktiven Dienst

Einleitung

Am 28. Februar 2013 um 20 Uhr hat Papst Benedikt XVI. seinen Dienst niedergelegt. Sein Titel lautet seither "emeritierter Papst Benedikt XVI." oder "Papst em. Benedikt XVI.". Sein Habit, also seine Kleidung, wird weiterhin weiß sein und nicht schwarz wie bei Priestern, Bischöfen und Kardinälen. Sein Siegelring wurde nicht zerbrochen, sondern soll in ein Museum kommen. Auch sein Bischofsstab ist unversehrt. Sein Wappen ist nicht inaktiviert. Dies bedeutet, dass Papst em. Benedikt XVI. alle Rechte eines Papstes behalten hat und dass er nur von seinen Pflichten entbunden wurde. Ähnlich einem Professor, der nach dem alten Dienstrecht "emeritiert" wurde, wurde nun in der Kürze von 17 Tagen eine Form gewählt, die noch einige kanonische Möglichkeiten offen lässt und die weitestgehend kompatibel ist mit dem Codex Juris Canonici, in dessen letztgültiger Fassung von 1983, die Papst Johannes Paul II. autorisiert hatte, lediglich die Rede davon ist, dass ein Papst zurücktreten könne. Einzelne Ausführungen dazu wurden bisher nicht festgelegt. Kritisch müsste man anmerken, dass es die Angelegenheit von Papst Benedikt XVI. gewesen wäre, hierzu vor seinem eigenen Ausscheiden aus dem aktiven Dienst kirchenrechtliche Regelungen zu schaffen, die allgemeine Gültigkeit besitzen müssten und die auch über sein eigenes Pontifikat hinaus gelten müssten. Als Oberhirte der katholischen Kirche und als Staatsoberhaupt des Vatikanstaates besitzt er die oberste Rechtssetzungsgewalt.

Bevor hier nun die Probleme aufgezeigt werden, die das Ausscheiden Papst Benedikt XVI. aufgeworfen hat, sollen drei Chancen benannt werden, weshalb eine Rückkehr Papst em. Benedikt XVI. in den aktiven Dienst durchaus nicht ausgeschlossen ist. Anschließend werden Anforderungen genannt, die bearbeitet werden müssten, um Lösungsmöglichkeiten nach dem Ausscheiden Papst em. Benedikt XVI. anzugehen und eine Rückkehr zu ermöglichen.


1. Chancen für eine Rückkehr Papst em. Benedikt XVI. in den aktiven Dienst

1.1. Solidarität mit Papst em. Benedikt XVI. über Twitter

Am 12. Dezember 2012 hat Papst Benedikt XVI. selbst seine Teilnahme bei Twitter in einer Generalaudienz bekundet. Über Twitter erreicht der Papst 40 Millionen katholische Gläubige. Dieses Medium wäre somit hervorragend geeignet, damit katholische Gläubige und Gläubige anderer Konfessionen und Religionen ihre Solidarität mit Papst em. Benedikt XVI. bekunden könnten. Hierfür bräuchte es nicht einer ausführlichen Begründung, warum man Papst em. Benedikt XVI. gut findet. Eine einfache Solidaritätsäußerung vergleichbar einem Smily :) würde ausreichen. Leicht könnten sich so innerhalb einiger Tage eine große Zahl von Befürworterinnen und Befürwortern für Papst em. Benedikt XVI. äußern.

Offensichtlich haben die katholischen Gläubigen die Chance dieser Solidaritätsäußerung noch nicht voll erfasst. Vielleicht ist diese moderne Form der Teilhabe, die von basisdemokratischen Beteiligungsformen entlehnt ist, den autoritätshörigen katholischen Gläubigen noch fremd. Gleichzeitig wäre es eine einmalige Chance für eine große Zahl von Katholikinnen und Katholiken, ein Zeichen für ihren Glauben zu geben. 

Die bisher größte Zahl katholischer Gläubiger hat Papst Benedikt XVI. wahrscheinlich am 20. August 2011 bei der Jugendvigil am Flughafen "Quatros Vientos" beim Weltjugendtag in Madrid erreicht. Rund eine Million Jugendlicher applaudierte minutenlang für Papst Benedikt XVI., auch als nach einem Tag mit über 40 Grad das Wetter innerhalb von Minuten umschlug und sich ein heftiges Gewitter und strömender Regen entluden. Wenn schon beim Weltjugendtag in Madrid eine Million Jugendlicher ihrem Papst applaudierten, so sollte für Jugendliche ein Twitter-Tweed eine Leichtigkeit sein.

1.2. Wiederwahl durch ein Konklave

Denkbar ist, dass die Zeit zu kurz war, um alle Formalitäten vor dem Ausscheiden aus dem Dienst Papst em. Benedikt XVI. vollständig und rechtlich korrekt zu klären.(1) Es wäre zwar ein gedanklicher Kurzschluss und kirchenrechtlich mit erheblichen Mängeln behaftet, aber es wäre möglich, dass ein noch einzuberufendes Konklave Papst em. Benedikt XVI. nochmals wählt.

Weniger günstig wäre es, wenn ein Konklave einen neuen Papst wählen würde. Zum einen sind die Herausforderungen, die sich kurz vor der Dienstniederlegung Papst em. Benedikt XVI. mehr als deutlich gezeigt haben, so immens und umfassend, dass sich jeder Nachfolger sehr schwer tun würde, ihnen gerecht zu werden und den Missständen entgegen zu treten. Doch nicht nur die Frage nach einem geeigneten Kandidaten lässt den Weg zu einem neuen Konklave als unrichtig erscheinen. Viel entscheidender ist, dass es sein könnte, dass die katholische Kirche durch ein Konklave, das einen anderen Papst wählen würde, ein Schisma produzieren würde. Schließlich hat Papst em. Benedikt XVI. alle Rechte behalten. Er ist nicht unehrenhaft aus dem Dienst ausgeschieden.

Wahrscheinlich hätte man noch am 28. Februar 2013 anders reagieren müssen, als Kardinalstaatssekretär Tarcisio Kardinal Bertone zurückgetreten ist. Damit war der Kopf der Hydra entmachtet und der Putsch gescheitert.(2) Mit diesem Rücktritt wurde ein Rücktritt Papst Benedikt XVI. obsolet. Doch nachdem nun das "Programm" der Verabschiedungen bereits am Laufen war, schien man es nicht mehr stoppen zu können oder zu wollen. Nun muss man eine Form finden, mittels derer man mit der Dienstniederlegung Papst Benedikt XVI. kirchenrechtlich korrekt umgehen kann.

1.3. Wiederbeauftragung durch Solidaritätsbekundungen für Papst em. Benedikt XVI. durch die Kardinäle

Um der Gefahr eines Schismas zu entgehen, müsste man Wege finden, zum einen mit der Dienstniederlegung Papst Benedikt XVI. kanonisch valide umzugehen, zum zweiten müsste man den Bedürfnissen Papst em. Benedikt XVI., die bei ihm den Wunsch nach einer Dienstniederlegung wachsen ließen, gerecht werden und ihm in seiner ihm möglichen Form der Dienstausfüllung entgegen kommen, zum Dritten müsste man die Mängel und Herausforderungen klassifizieren, denen sich ein amtierender Papst in den nächsten Jahren stellen müsste.

Würde man diese Fragen von einem neutralen Standpunkt aus beantworten, so käme man wohl zu dem Ergebnis, dass Papst em. Benedikt XVI. immer noch der geeignetste Kandidat für das Papstamt ist, den die katholische Kirche derzeit zur Verfügung hat. Die Schwierigkeit hierbei ist, dass sich bei einem anstehenden Konklave immer der eine oder andere Kardinal als selbst geeignet einschätzt und sich deshalb Chancen bei einer möglichen Papstwahl ausrechnet. Demgegenüber muss man sich aber klar vor Augen führen, dass eine erneute Papstwahl historisch als ein Schisma gewertet werden müsste. Eine solche Zuschreibung hätte einen erheblichen Einfluss auf die Gültigkeit eines Pontifikates eines neu gewählten Papstes. Papst em. Benedikt XVI. können keine Vernachlässigungen seines Dienstes vorgeworfen werden. Auch hat er keine häretischen Äußerungen begangen. Als Papst, der sein Amt niedergelegt hat, hat er alle Rechte behalten. Somit sind auch alle Dogmen, die über das Papstamt verfasst wurden, gültig. Nach dem Unfehlbarkeitsdogma vom 18. Juli 1870 hätte Papst Benedikt XVI. unter Umständen gar nicht in der Form zurücktreten dürfen bzw. sein Amt niederlegen dürfen, wie es geschah. Auch nach der Niederlegung hat Papst em. Benedikt XVI. noch alle päpstlichen Eigenschaften, da er im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist. Die Frage ist somit offen, wie sich die päpstlichen Eigenschaften Papst em. Benedikt XVI. verhalten sollten zu den päpstlichen Eigenschaften eines möglicherweise neu zu wählenden Papstes. Dass Papst Benedikt XVI. versichert hat, er wolle zukünftig schweigen und für die katholische Kirche beten, ist zwar nett gemeint, kanonisch gesehen scheint dies aber eine - Entschuldigung - naive Sichtweise der Aufgabenverpflichtung eines Papstes, selbst wenn er emeritiert ist. Auch nach einer Emeritierung muss man sich gewissen Verpflichtungen stellen, vor allem dann, wenn sie sich als Folge des aktiv ausgeübten Dienstes ergeben. Von daher stellt sich die Frage, wer Papst Benedikt XVI. ein solches "Schweigeversprechen" auferlegt haben könnte. Für einen katholischen Theologen, der in der Zukunft als einer der größten Kirchenlehrer des 20. Jahrhunderts und des 21. Jahrhunderts in der katholischen Kirche gelten wird und der deshalb vielleicht eines Tages einmal heiliggesprochen werden könnte, der so produktiv publiziert hat wie kaum ein anderer katholischer Wissenschaftler, mutet ein solches "Schweigeversprechen" äußerst anachronistisch an.

Papst Benedikt XVI. hat am 11. Februar 2013 vor den Kardinälen gesagt, dass er meine, dass ein anderer nun "das Schifflein Petri" durch die hohen Wellen und Stürme steuern solle. Hier hätten die Kardinäle sogleich ihre Solidarität mit Papst Benedikt XVI. als dem Kapitän des katholischen, sturmerprobten Schiffes äußern müssen und wie die Jugendlichen in dem Film "Der Club der toten Dichter" nacheinander aufstehen müssen und sagen müssen "O Käpt'n, mein Käpt'n". Sollten nach der Dienstniederlegung durch Papst Benedikt XVI. noch erhebliche kanonische Fragen ungeklärt sein, wäre es besser, die Kardinäle würden den rechtlich gesicherten Weg gehen und Papst em. Benedikt XVI. in seinem Amt bestätigen. Wie es derzeit aussieht, würde er eine Zweidrittel-Mehrheit der Kardinäle auf sich vereinigen und eine Wiederwahl seiner Person würde sich damit ausschließen.


2. Zehn Probleme, die sich durch die Dienstniederlegung Papst Benedikt XVI. ergeben haben

Das Prozedere, das sich nach dem 11. Februar 2013 entspann, nachdem Papst Benedikt XVI. angekündigt hatte, dass er als Papst zurücktreten wolle, war nicht vorgeplant und könnte, da es in der Schnelligkeit entworfen werden musste, Mängel aufweisen.(3) Zehn Probleme scheinen zum derzeitigen Zeitpunkt zu bestehen.

1) Papst Benedikt XVI. hatte am 11. Februar 2013 angekündigt, am 28. Februar 2013 um 20 Uhr zurücktreten zu wollen. Wie am 27. Februar 2013 bekannt wurde, wird sein Titel "emeritierter Papst" lauten. Es handelt sich somit nicht um einen Rücktritt, sondern um eine Niederlegung des Dienstes.

2) Der Titel "emeritierter Papst" lässt darauf schließen, dass Papst em. Benedikt XVI. alle Rechte behalten hat und dass er nur von den Pflichten entbunden wurde.

3) Folgt man dem Unfehlbarkeitsdogma von 1870 so müsste man davon ausgehen, dass ein Papst nicht zurücktreten kann. Zwar ist im Codex Juris Canonici von 1983, den Papst Johannes Paul II. verfasst hat, der Satz zu finden, dass ein Papst zurücktreten könne. Doch Dogma sticht CIC. Insofern dürfte es dem Unfehlbarkeitsdogma zufolge gar keinen Rücktritt eines Papstes geben.

4) Demzufolge hätte Papst Benedikt XVI. zuerst ein Dogma bezüglich der Dienstniederlegung oder des Rücktritts eines Papstes schreiben müssen, das die theologischen Fragen bearbeitet, die sich durch das Unfehlbarkeitsdogma ergeben, bevor er die Frage bearbeitet hätte, wie, wann und unter welchem Umständen ein Papst seinen Dienst niederlegen kann.

5) Die Insignien Papst Benedikt XVI. sind nicht unwiederbringlich entwertet. Der Siegelring wurde unzerbrochen aufgehoben mit dem Hinweis darauf, dass er in einem Museum ausgestellt werden solle. Er kann somit nochmals verwendet werden von Papst em. Benedikt XVI. Ebenso ist der Bischofsstab unversehrt. Das Wappen scheint nicht inaktiviert worden zu sein. Somit können alle Papst-Insignien reaktiviert werden.

6) Eines der größten Probleme des Vorgehens in den 17 Tagen zwischen der Ankündigung des Rücktritts Papst Benedikt XVI. und der Niederlegung des aktiven Dienstes durch Papst Benedikt XVI. ist die zeitliche Kürze dieser Vorgänge und die deshalb eventuell zu knapp bemessenen Reflexionsmöglichkeiten über eine solch historische Zäsur, die zu einer vollständigen Qualitätsänderung zukünftiger Pontifikate führen könnte.

7) Die Frage, ob die Wahl eines neuen Papstes ein Schisma bedeuten würde, müsste unbedingt vor einem nächsten Konklave definitiv und kanonisch absolut valide beantwortet werden.

8) Bisher scheint auch die Antwort ausgeblieben zu sein, welche Auswirkungen die Dienstniederlegung Papst Benedikt XVI. auf die Lateran-Verträge hat. Bei der Abfassung der Lateran-Verträge im Jahr 1929 legte der italienische Staat erheblichen Wert darauf, dass zukünftig die Möglichkeiten schismatischen Handelns der katholischen Kirche ausgeschlossen sein sollten. Dies war eine der Bedingungen des italienischen Staates, bevor der italienische Staat dem Vatikanstaat als Nachfolgeform des Kirchenstaates die absolute staatliche Souveränität zugesichert hat.

Zu Beginn des Jahres 2008, das als das entscheidende Krisenjahr im Pontifikat Papst Benedikt XVI. gelten muss, hat Kardinalstaatssekretär Tarcisio Kardinal Bertone eine Initiative gestartet, die auf eine Loslösung des Vatikanstaates von seiner eigenständigen Staatlichkeit abzielen sollte. Als Idealmodell galt eine Staatsform, die an mittelalterliche Modelle angeschlossen hätte und die sich systematisch und demonstrativ von säkularen Rechtsformen abgegrenzt hätte. Davon hätten vor allen die katholischen "movimenti", die Erneuerungsbewegungen, profitiert, die oftmals Umgangsformen ausüben, die die Privatsphäre verletzten oder sogar völlig missachten und die ihren Mitgliedern die bürgerlichen Rechte vorenthalten oder verweigern. Die Loslösung von rechtlich verbindlichen Verpflichtungen als Chance stellte auch Walter Kardinal Kasper in einem Referat in der Katholischen Akademie in München am 21. November 2011 vor. Das deutsche Staat-Kirche-Modell sei ein Einzelfall. Um stärker religiös motiviert das Glaubensleben ausüben zu können, brauche man keine rechtsstaatlichen Verbindlichkeiten. In diesen argumentativen Zusammenhang gehören auch andere Missachtungen rechtsstaatlichen Verhaltens, die durch Vatikanbedienstete in den vergangenen Jahren verübt wurden. So sind auf dem Gebiet des Vatikanstaates mehrfach Frauen körperlich so geschädigt worden, sodass sie lebenslang unter den Folgen zu leiden haben werden. Es ist auch die Rede davon, dass Nonnen im Vatikan vergewaltigt wurden. Der Abtprimas der Benediktiner Notker Wolf fordert seit Jahren einen gewaltfreien Umgang in den Klöstern. Die Konvention der Menschenrechte wurde von Vatikanstaat bisher nicht unterzeichnet, obwohl Papst Johannes Paul II. in seinem Pontifikat die Menschenrechte immer wieder thematisierte.

Es sollte geklärt werden, ob ein Rücktritt eines Papstes zu einer Auflösung der Lateran-Verträge geführt haben könnte. Da Papst em. Benedikt XVI. nicht zurückgetreten ist, sondern seinen Dienst niedergelegt hat, dürften die Lateran-Verträge bislang nicht tangiert worden sein. Sollte es allerdings so sein, dass eine Neuwahl eines anderen Papstes ein Schisma darstellen könnte, so könnte es sein, dass die Lateran-Verträge mit der Neuwahl eines anderen Papstes unwiederbringlich außer Kraft treten könnten. Somit sollten vor allem die Auswirkungen der Dienstniederlegung und des weiteren Vorgehens in Bezug auf die Lateran-Verträge ausführlich kanonisch geklärt werden. Die Intention Kardinalstaatssekretärs Tarcisio Kardinal Bertones war es, den Vatikanstaat aus den rechtlichen Verpflichtungen herauszulösen. Würden mit der Dienstniederlegung Papst em. Benedikt XVI. und mit einer eventuellen Neuwahl eines anderen Papstes die Lateran-Verträge tangiert, so hätte Kardinalstaatssekretär Tarcisio Kardinal Bertone ein "Ziel" seines Putsches erreicht, auch wenn er inzwischen selbst zurücktreten musste.

9) Eine besondere Herausforderung für das weitere Vorgehen stellt die derzeitige Zusammensetzung des Kardinalskollegiums dar. In den vergangenen zwei Jahren sind einige ältere Kardinäle verstorben. War es 2005 noch so, dass die Mehrzahl der Kardinäle durch Papst Johannes Paul II. ernannt worden war, so waren im Jahr 2013 die Mehrzahl der Kardinäle durch Papst Benedikt XVI. ausgewählt worden. Zurzeit sind mehr als 1/4 der Kardinäle, die berechtigt sind, am Konklave teilzunehmen, weniger als zwei Jahre im Amt. Zudem haben die meisten der neu hinzugekommenen Kardinäle bisher keine oder nur eine kurzzeitige Kurienerfahrung. Der Tatsache, dass mehr als 1/4 der an einem Konklave wahlberechtigten Kardinäle erst vor Kurzem ernannt wurde, stehen die immensen geistlichen und organisatorischen Herausforderungen gegenüber, die in der nahen Zukunft in einem Pontifikat bewältigt werden müssen.

10) Ungeklärt blieb bislang auch die Frage, ob nicht günstiger Weise ein Konzil über die Möglichkeit des Rücktritts eines Papstes beraten sollte. Zudem sollten allgemein verbindliche kanonische Regelungen für eine Dienstniederlegung formuliert werden und es sollte die Frage, ob ein Papst überhaupt zurücktreten könne, grundsätzlich geklärt werden.


3. Anforderungen für eine Lösung

Würde man auf eine Wiederbeauftragung durch die Kardinäle zugehen, so müssten einige Anforderungen thematisiert werden, die die derzeitige Situation entschärfen würden und die den Weg frei machen würden, damit Papst em. Benedikt XVI. seinen Dienst wieder aufnimmt.

1) Eine Wiederaufnahme des Dienstes durch Papst em. Benedikt XVI. ist a) durch eine Zurücknahme der Niederlegung des Dienstes denkbar, die eine volle Wiederaufnahme aller Verpflichtungen beinhalten würde, oder b) durch die Einrichtung eines Seniorpapstamtes. Dieser Vorgang ist vergleichbar damit, dass ein Professor, der emeritiert wurde oder der in den Ruhestand getreten ist, eine Beauftragung als Seniorprofessor erhalten kann. Der erste Professor in Deutschland, der als Seniorprofessor tätig wurde, war Professor Dr.Dr.hc Hartmut Kaelble an der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Form eines Seniorpapstamtes müsste erst entworfen werden und dann in den CIC übernommen werden. Um ein Seniorpapstamt konfigurieren zu können, müsste Papst em. Benedikt XVI. aus seiner langjährigen Erfahrung die Aufgabenbereiche eines Papstes benennen, von denen er sagen würde, dass sie auf jeden Fall auch bei einem geringeren Arbeitspensum eines alternden Papstes ausgefüllt werden müssten und von denen er annehmen würde, dass man sie im höheren Alter bei ausgebliebener akuter Erkrankung ohne Weiteres bewältigen könnte. Zudem sollten diese Aufgabenbereiche dann kanonisch valide überprüft werden und mit dem Kardinalskollegium besprochen werden.

2) Einer der größten zu lösenden Problembereiche ist der Sicherheitsbereich. Diese Herausforderung würde Papst em. Benedikt XVI. wahrscheinlich selbst an erster Stelle nennen.

Zum einen ist es zu einer regelrechten "Sicherheitsmanie" in den vergangenen Jahren gekommen. Die vatikanischen Bauten sehen aus wie ein durchlöcherter Schweizer Käse, würde man all die Bohrungen zum Vorschein bringen, die in die Gebäude dieses Weltkulturerbes eingebracht wurden. Zudem galt für Papst Benedikt XVI. oftmals die höchste Sicherheitsstufe, die es auf der Welt gibt. Nur US-Präsident George W. Bush hatte die gleiche Sicherheitsstufe. Dies ist nicht immer angenehm für denjenigen, der geschützt werden soll und es hat gesundheitsgefährdende Seiten für diejenigen, die sich in diesem Sicherheitskorridor aufhalten.

Trotz dieser hochgesteckten "Sicherheitsmanie" kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Verletzungen der Sicherheit des Papstes. Hierbei sind nicht die beiden Attacken, eine auf dem Petersplatz und eine im Petersdom, durch fanatische Gläubige gemeint. Vielmehr kam es zu Körperverletzungen gegen Papst Benedikt XVI., indem der Papst von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Kardinal Bertone mehrmals ins Gesicht geschlagen wurde. Man hört auch, dass ein paar Schweizer Gardisten den Papst in die Genitalien getreten haben sollen. Wird man von den eigenen Sicherheitsleuten angegriffen, erfährt das eigene Sicherheitsgefühl eine starke Beschädigung. Auch die sogenannte "Vatileaks-Affäre" hat dem Sicherheitsgefühl des Papstes geschadet. Wenn über Monate vertrauliche Papiere aus den wenigen Zimmern des "Papal Apartments" verschwinden und alle Sicherheitsverantwortlichen sich so stellen, als wüssten sie von nichts und würden nicht herausfinden können, wer diese Papiere gestohlen hat, so muss der Papst sich in seiner privaten Integrität und in seinem Sicherheitsgefühl beeinträchtigt gefühlt haben. Ein solcher Vorgang ist vergleichbar mit einem Wohnungseinbruch, nachdem es bislang anerkannt ist, dass das Sicherheitsgefühl über einen längeren Zeitraum gestört ist. Sollte die sogenannte "Vatileaks-Affäre" irgendeinen Einfluss auf die Entscheidung des Papstes, die er am 11. Februar 2013, verkündet hat, gehabt haben, dann wäre es der Umstand gewesen, dass über Monate seine private Integrität und sein Sicherheitsgefühl verletzt wurden und dass auch nach der Inhaftierung seines Kammerdieners Paolo Gabriele niemand aus dem Sicherheitsapparat des Vatikans die Verantwortung für die Versäumnisse übernommen hat. Keinesfalls ist der Papst wegen bisher unbekannter homosexueller Seilschaften zurückgetreten, wie es Marco Politi von der "La Repubblica" bereits im Sommer 2008 erfunden hat.

Die sogenannte "Vatileaks-Affäre" muss auch unter anderen Gesichtspunkten dafür herhalten, die tatsächlichen Vorgänge zu verschleiern. Laut den Medien soll die Hausdurchsuchung bei Paolo Gabriele am 23. Mai 2012 stattgefunden haben, bei der körbeweise Dokumente und Kopien gefunden worden sein sollen.(4) Es sollen insgesamt 82 Kisten gewesen sein.(5) Vor Ort in Rom konnte man in der Woche vor Ostern 2012, also bereits vor dem 8. April 2012, hören, dass es beim Kammerdiener des Papstes eine Hausdurchsuchung gegeben hat. Man muss somit annehmen, dass das Prozedere des Umgangs mit diesem Vertrauensmissbrauch geplant und stilisiert wurde, um bestimmte Zwecke zu verfolgen, Hintergründe zu verändern und die wahren Verantwortlichen außen vor zu lassen. Deshalb muss man auch annehmen, dass die von Gianluigi Nuzzi veröffentlichten Dokumente in dem Buch "Sua Santità", das inzwischen auch auf Deutsch erschienen ist, keinerlei relevanten Aussagegehalt haben. Niemand kann die Authentizität der Dokumente überprüfen. Angenommen werden muss jedoch, dass Paolo Gabriele kein Einzeltäter war, sondern dass er Hintermänner hatte. Er selbst sprach davon, mit 20 Gesinnungsgenossen in Verbindung zu stehen.(6) Dem Papst selbst soll bereits 2011 aufgefallen sein, dass ihm ein wertvolles Buch und ein Scheck über 100.000 Euro fehlen. Bereits Monate bevor die Wohnung von Paolo Gabriele durchsucht wurde, war der Papst schon sehr alarmiert. Dass nun in dem Prozess gegen Paolo Gabriele der Privatsekretär des Papstes Dr. Georg Gänswein gesagt hat, er habe nie einen Zweifel gegen Paolo Gabriele gehegt,(7) kann so gewesen sein, könnte aber auch eine Schutzbehauptung sein. Noch auffälliger sind die Äußerungen der ehemaligen Haushälterin Papst Benedikt XVI. Ingrid Stampa. Sie wohnt nur zwei Stockwerke unter Gabrieles und kennt die Familie gut.(8) Sie selbst beteuert, dass die Frau des Kammerdieners nichts bemerkt haben will von seiner Sammelwut,(9) was bei 82 Kisten mit Papieren kaum vorstellbar ist. Nachdem die ersten Papiere, die Gabriele entwendet hat, bereits aus dem Jahr 2006 datieren,(10) und Ingrid Stampa, die seit ihrer Zeit als Haushälterin Papst Benedikt XVI. im Staatssekretariat unter Kardinalstaatssekretär Tarcisio Kardinal Bertone gearbeitet hat, sicherlich zwischen 2006 und 2012 die ihr bekannte Familie besucht hat, so hätten auch ihr die Kisten mit Dokumenten auffallen müssen. Offensichtlich stammt die Zuschreibung, Paolo Gabriele habe seine Verfehlungen und seinen Vertrauensmissbrauch aus einer großen Liebe zum Heiligen Vater und zur Kirche getan,(11) von ihr. Ob solche verschleiernden Beschönigungen besonders günstig sind, darf bezweifelt werden. Letztlich könnte es sein, dass Papst Benedikt XVI. seinen Dienst niedergelegt hat, weil ihm seine ehemalige Haushälterin Ingrid Stampa in den Rücken gefallen ist. Sie soll sich abqualifiziert gefühlt haben, als sie wegen Gloria von Thurn und Taxis aus dem "Papal Apartment" ins Staatssekretariat versetzt wurde, obwohl dies dienstlich durchaus als ein Aufstieg gewertet werden musste. Zu Beginn des Pontifikates hatte die ehemals evangelische Musikprofessorin gesagt, "ihr Mann" ziehe nun ins "Papal Apartment" ein. Offensichtlich wiederum die Zeitung "La Repubblica", die sich dieses Mal mit der Bild-Zeitung verbündet hat, setzte dann das Gerücht in die Welt, dass Ingrid Stampa gemeinsame Sache mit dem ehemaligen Privatsekretär des Papstes Bischof Joseph Clemens gemacht habe.(12) Entweder erfindet "La Repubblica", deren Journalist Marco Politi es geschafft hat, dass man ihn für den besten ausgewiesenen Papstkenner hält, obwohl er Papst Benedikt XVI. Krisen angedichtet hat, dies es gar nicht gab, Probleme, wie die homosexuellen Seilschaften im Vatikan oder "La Repubblica" übernimmt nur Teilwahrheiten und mischt sie mit Verdächtigungen gegen Vertraute, die bisher einen völlig unbescholtenen Leumund hatten. Gleichzeitig muss man annehmen, dass solche falschen Gerüchte dem Sicherheitsapparat im Vatikan zu Pass kamen, denn sonst hätte man Marco Politi längst gestoppt. Auch über Jahre gehende Verleumdungen in der Presse und falsche Verdächtigungen gegen den innersten Kreis um Papst Benedikt XVI. können mürbe machen und auf die Gesundheit gehen. Ein beschädigtes Sicherheitsgefühl hat Auswirkungen auf die Psyche und die physische Kondition. Dass Papst Benedikt XVI. es leid war, gegen diesen Teil der Hydra zu kämpfen, ist gut vorstellbar, denn das Dementieren von Verleumdungen war seine Sache nie.

Auch Kardinäle und Bischöfe waren von der Ausspähung durch den vatikanischen Sicherheitsapparat im Zuge der "Vatileaks-Affäre" betroffen. Diese in den vergangenen Tagen in den Medien geäußerten Behauptungen entsprechen den Tatsachen. Bereits rund eineinhalb Jahre vor der Aufdeckung der sogenannten "Vatileaks-Affäre" wussten die Kardinäle, dass ihre Emailkonten und ihre Handy-Verbindungen durch den Sicherheitsapparat ausgespäht worden waren. Sie haben sich auch darüber beschwert, nur scheint die Beschwerde bei dem letztlich verantwortlichen Chef des Sicherheitsapparates, bei Kardinalstaatssekretär Tarcisio Kardinal Bertone nichts bewirkt zu haben. Insofern muss man den logischen Schluss in Erwägung ziehen, dass Kardinalstaatssekretär Tarcisio Kardinal Bertone diese Ausspähungen in Auftrag gegeben hat und dass er selbst von den Informationen, die diese Ausspähungen bringen würden, profitieren wollte. Die Informationen aus diesen Ausspähungen sollten seinen Machtbereich erweitern und sichern. Mit seinem Rücktritt am 28. Februar 2013 muss sein Ansinnen als gänzlich gescheitert gelten.

Auch die Gläubigen, die zu den Messen und Generalaudienzen mit Papst Benedikt XVI. gekommen sind, waren einer erheblichen Belastung vor allem im gesundheitlichen Bereich durch die hochgeschraubten Sicherheitsvorkehrungen ausgesetzt. Zudem wurden in jedem Jahr des Pontifikates von Papst Benedikt XVI. Frauen und Männer durch die vatikanische Gendarmerie so misshandelt, dass sie lebenslange Schädigungen tragen müssen. So wurde am 10. November 2011, einen Tag, nachdem der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi seinen Rücktritt angekündigt hatte, ein Mitglied der Frauenrechtsbewegung "Femen" auf dem Petersplatz von einer achtköpfigen Gruppe der vatikanischen Gendarmerie unter Führung des Kommandanten Alessandro so misshandelt, dass sie lebenslang im Rollstuhl sitzen wird. Das Video dazu war am darauffolgenden Tag bei msn.de abspielbar. Gerüchten zufolge ist es im Vatikan immer wieder zu Vergewaltigungen von Nonnen gekommen. Dass dies von dem vatikanischen Sicherheitsapparat unbeobachtet blieb, ist bei der fast flächendeckenden Überwachung des Vatikanstaates kaum vorstellbar. Besonders tragisch ist, dass kleine Babys auf dem Petersplatz bei Generalaudienzen zu Tode kamen. Die vatikanische Gendarmerie nahm die Babys von ihrer Müttern weg und bereits als Privatsekretär Dr. Georg Gänswein sie zu halten bekam, waren sie tot. Dies ist in den ersten Jahren des Pontifikates mindestens zweimal geschehen, Daraufhin durfte nur noch Domenico Giani, der Chef der vatikanischen Gendarmerie und gelernter Diplom-Pädagoge, die Babys aufnehmen und an den Papst weiterreichen.

Eines der größten zu lösenden Probleme besteht sicherlich darin, eine angemessene Form und einen angemessenen Umfang der Sicherheitsvorkehrungen für einen Papst zu finden und Zuwiderhandlungen und Überziehungen der vatikanischen Gendarmerie und des vatikanischen Sicherheitsapparates dienstrechtlich konsequent zu ahnden. Um Entlassungen und Stellenneubesetzungen wird man dabei nicht herumkommen. Dass ein Vorgehen gegen den Missbrauch von Sicherheitsbeauftragungen ein gefährliches Unterfangen sein könnte, ergibt sich aus den Vorkommnissen der jüngsten Vergangenheit.

3) Der Grund, den Papst em. Benedikt XVI. für seinen Rückzug genannt hat, ist seine aufgrund seines Alters nachlassende körperliche Kraft. Deshalb müssten an vorderster Front gesundheitliche Erleichterungen für Papst em. Benedikt XVI. einführt werden.

4) Die Lösung von Personalfragen wird unumgänglich sein. a) Nach dem Rücktritt Kardinalstaatssekretärs Tarcisio Kardinal Bertones muss der Papst einen neuen Kardinalstaatssekretär ernennen. b) Mit der Niederlegung des Dienstes von Papst Benedikt XVI. haben auch alle Leiter der Dikasterien ihren Posten verloren. Sollte Papst em. Benedikt XVI. nun mit seinem Dienst wieder beauftragt werden, ist die Frage, ob die Leiter der Dikasterien nicht wie bisher ebenfalls in ihren Beauftragungen wieder bestätigt werden müssten und nicht neu ernannt werden müssten oder wieder ernannt werden müssten. c) Um ein Zurückdrängen der "Legionäre Christi", die aktiv an dem Putsch gegen Papst Benedikt XVI. beteiligt waren, wird der zukünftige Papst nicht umhin kommen. Papst Benedikt XVI. hat die Mitglieder des "Opus Dei", die von Papst Johannes Paul II. an Schaltstellen im Vatikan postiert worden waren, weitestgehend so zurückgedrängt, dass  ihre speziellen Auffassungen, die sie aufgrund ihrer Mitgliedschaft beim "Opus Dei" pflegen, nicht ins Gewicht fallen und für ihren Aufgabenbereich im Vatikan neutralisiert sind. In den vergangenen Jahren haben die "Legionäre Christi" die Schaltstellen im Vatikan erobert. Der vatikanische Kommandant Alessandro, der Leibwächter des Papstes Davide Giulietti(13), der erste Fotograf des Papstes Francesco Sforza(14), einer der Eintrittskartenverteiler an der Porta Bronza, die vatikanische Numismatik, die vatikanische Post, der päpstliche Zeremonienmeister Guido Marini und weitere vatikanische Bedienstete in verantwortlichen Positionen bekennen sich zu den "Legionären Christi". Kann man wissenschaftlich einigermaßen adäquat über das "Opus Dei" arbeiten, so sind die Hintergründe, die Überzeugungen und das religiöse Leben der "Legionäre Christi" kaum wissenschaftlich oder journalistisch zugänglich. Anzunehmen ist, dass die Zahl der "Legionäre Christi" in den vergangenen acht Jahren zugenommen hat, sie dürfte aber dennoch wesentlich unter der Zahl der Mitglieder des "Opus Dei" liegen. Ähnlich wie die Mitglieder des "Opus Dei" nach der Wahl Papst Benedikt XVI. ihren Tribut eingefordert haben für ihre Unterstützung Joseph Kardinal Ratzingers bei der Wahl zum Papst, so muss man beim Zurückdrängen der "Legionäre Christi" mit Verwerfungen rechnen, die sich aus dem Abstoppen dieser Erneuerungsbewegung ergeben.

5) Unumgänglich wird eine Reduzierung des Dienstes für Papst em. Benedikt XVI. nach einer Wiederbeauftragung durch die Kardinäle sein. Auch bei einer Konfigurierung eines Seniorpapstamtes kann es nur um eine Reduzierung der Aufgaben des Papstes auf die wichtigsten Bereiche gegen.

6) Man sollte die Frage, ob ein Papst zurücktreten kann, vorerst offen lassen. Zu kurz war bisher die Zeit, um diese Frage vollständig zu klären. Sicherlich kann es Umstände geben, unter denen der Rücktritt eines Papstes angemessen erscheint, beispielsweise, wenn der Papst eine akute Erkrankung hat, die es als völlig unwahrscheinlich erscheinen lässt, dass er je die Kernaufgaben eines Papstes wieder erfüllen können wird. Auch für Papst em. Benedikt XVI. sollte es nach einer Wiederbeauftragung durch die Kardinäle noch die Möglichkeit eines Rücktrittes geben.

7) Eine entscheidende Änderung in den Verpflichtungen nach einer Wiederbeauftragung durch die Kardinäle müsste sein, dass die Urlaubs- und Freizeittage des Papstes verbindlich festgelegt werden müssten. So sind eineinhalb Tage in der Woche Ruhezeit in höherem Alter kein Luxus. Auch die Urlaubstage sollten frei von dienstlichen Verpflichtungen gehalten werden und bevorzugt außerhalb des vatikanischen Gebietes genossen werden können. Mit einer geregelten Freizeit sollte auch ein höheres Maß an Freiheit für den Papst verbunden sein.

8) Nach einer Wiederbeauftragung Papst em. Benedikt XVI. durch die Kardinäle sollten die Konzilsvorbereitungen verstärkt werden. Vor allem der vatikanische Sicherheitsapparat sollte seine "Hausaufgaben" in der Vorbereitung eines Konzils machen, auch wenn der vatikanische Sicherheitsapparat noch vor einigen Jahren geäußert hatte, dass er kein Konzil will.

9) Im Jahr 2013 sollten keine apostolischen Reisen unternommen werden. a) Da Papst em. Benedikt XVI. erst neue Batterien für seinen Herzschrittmacher erhalten hat und da man mit neuen Batterien ein Jahr lang keine Flugreisen unternehmen soll, sollten apostolische Reisen mit Papst Benedikt XVI. nach einer Wiederbeauftragung im Jahr 2013 unterbleiben. b) Um die Konzilsvorbereitungen voranzubringen, sollten ein Jahr vor Konzilsbeginn keine apostolischen Reisen mehr stattfinden.

10) Zieht man in Betracht, dass der Tourismus in Rom in den letzten Jahren sich erheblich ausgeweitet hat und dass Rom an die Grenzen seiner Kapazitäten gekommen ist, so wird in den kommenden Jahren ein Zurückdrängen des Rom-Tourismus nahezu unumgänglich sein. Papst Benedikt XVI. hat den Kult um die Person des Papstes, der unter Papst Johannes Paul II. exorbitante Ausmaße angenommen hat, in annehmbare Maße zurückgeführt und er hat bei seinen öffentlichen Auftritten die Aufmerksamkeit der Gläubigen immer von seiner Person weg auf die religiösen Inhalte gelenkt. Die katholische Weltkirche wird neue Formen der Religiosität finden müssen, die bisher noch nicht entwickelt wurden. Neben dem religiösen Leben in den Gemeinden vor Ort und neben den großartigen Messen mit Papst Benedikt XVI., die die Frage aufwerfen, ob es eine gewisse Papstreligiosität gibt, sollten feierliche Messformen entwickelt werden, die den Rom-Tourismus ersetzen und die die Zentralität der Eucharestie in einer feierlich und ästhetisch ausgestalteten Messfeier betonen.

11) Sollte es zu einer Wiederbeauftragung Papst em. Benedikt XVI. durch die Kardinäle kommen, so müsste es neben einer Neubesetzung des Posten des Kardinalstaatssekretärs zu einer Entlastung des Präfekten des Päpstlichen Hauses Erzbischofs Dr.Dr.hc Georg Gänsweins kommen, der seit 6. Januar 2013 eine zweifache Beauftragung hat als Präfekt des Päpstlichen Hauses und als Privatsekretär.

12) Nach einer Wiederbeauftragung Papst em. Benedikt XVI. durch die Kardinäle sollten die Lateran-Verträge zur Sicherheit bestätigt werden.

13) Die internationale Presse sollte neu koordiniert werden. Besonders im Hinblick auf die Privatsphäre des Papstes und auf seinen gesundheitlichen Zustand sollten für die internationale Presse strenge Regelungen entworfen werden, deren Zuwiderhandlung konsequent geahndet werden sollte.

Bislang konnte der erste Fotograph des Papstes Francesco Sforza Fotos, die er bei Generalaudienzen und Messen aufgenommen hatte, binnen kürzester Frist retuschieren. Dies geschah systematisch. Nahm man beispielsweise an der Bischofsweihe am 6. Januar 2013 im Petersdom teil und trug einen roten Mantel, so waren bereits einen Tag später die Fotos farblich so verändert oder mit schwarzen Schatten überlegt, dass man gar nicht da gewesen zu sein scheint. Sehr bemerkenswert ist auch, dass auf diesen Fotos Albert von Thurn und Taxis vor Beginn der Messe einen königsblauen Anzug trägt, während der Messe ist dieser Anzug dann schiefergrau. Wo hat er sich so schnell umgezogen? Auch der Bayerische Rundfunk soll Filme manipuliert haben, indem er bayerische Fahnen, die von unpassenden Personen geschwenkt wurden, ausgelöscht hat. Dafür hat er dann an anderer Stelle Fahnen gesetzt, wo gar keine waren. Als historische Quellen können das vatikanische Fotoarchiv und der Bayerische Rundfunk somit nur eingeschränkt oder gar nicht als aussagekräftig gelten.

14) Es sollten Regelungen für einen akuten Krankheitsfall des Papstes getroffen werden, die vor allem die Frage seiner Vertretung betreffen.

15) Die Reden, die Papst Benedikt XVI. kurz vor seiner Emeritierung gehalten hat, könnten wie programmatische Ankündigungen für die Weiterführung seines Pontifikates interpretiert werden. Papst Benedikt XVI. hat sich dabei vor allem auf das Zweite Vatikanische Konzil und auf die Versöhnungslehre bezogen. Somit könnte die nächste Etappe seines Pontifikates in Zeichen des Zweiten Vatikanischen Konzils stehen und stärker die progressiven Entwicklungen in der katholischen Kirche betonen. In den vergangenen acht Jahren war oft angenommen worden, Papst Benedikt XVI. würde zu stark die reaktionären Kräfte in der katholischen Kirche begünstigen.

16) Es gibt keine homosexuellen Seilschaften im Vatikan, es sind pädophile Seilschaften. Von homosexuellen Seilschaften hat Marco Politi, Journalist von "La Repubblica" bereits im Sommer 2008 in Brixen gesprochen, diese Erfindung ist nicht erst im Zuge der sogenannten "Vatileaks-Affäre" aufgetaucht. Papst Benedikt XVI. geht seit Jahren konsequent gegen Pädophile vor. Dass die Aufklärung vor einigen Monaten ins Stocken kam, war ein Vorzeichen des Putsches, der sich im Vatikan angebahnt hat. Mit dem Abwenden des Putsches steht nun einer Fortführung der Aufklärung von Pädophilie in der katholischen Kirche nichts mehr im Wege.

17) Die massiven Unregelmäßigkeiten, die sich seit mehr als zwanzig Jahren bei der Vatikanbank (IOR) aufzeigen lassen, bedürfen nicht nur einer innervatikanischen Aufklärung, sondern auch eines externen Sachverstandes. Ob sich die Probleme, die sich beim IOR so lange Zeit manifestiert haben, in Kürze lösen lassen, ist fraglich. Mittelfristig ist eine rechtadäquate Korrektur des Fehlverhaltens beim IOR aber unumgänglich.

18) Dem höheren Alter des Papstes müssten auch die liturgischen Feiern angepasst werden. Es ist kein Problem, wenn eine Christmette gegen 24 Uhr endet und nicht erst um 23 Uhr beginnt. Auch eine Überlänge von drei Stunden bei einer Messe erfordert viel Kondition, nicht nur beim Pontifex, sondern auch bei den Gläubigen. Auch das Knien muss nicht durchgeführt werden, wenn es der Gesundheit abträglich ist. Was für jeden katholischen Gläubigen gilt, sollte auch für den Papst gelten.

Ebenso müssten die liturgischen Gewänder angepasst werden. Wenn der Papst zu fallen droht, weil das Gewand zu lang ist, dann muss eben eine Höchstlänge festgelegt werden. Der päpstliche Zeremonienmeister Guido Marini, ebenfalls "Legionär Christi", hat immer wieder entgegen den Absprache und wider die rationale Einsicht Stolperfallen bei den Gewändern eingebaut. Solches unverständige Verhalten grenzt an liturgischen Fanatismus, der mit der Milde und Güte Papst Benedikt XVI. wenig zusammenpasst.

19) Papst Benedikt XVI. hat nach dem Aschermittwoch 2013 geäußert, dass er sich gerne auf einen Berg zum Gebet zurückziehen wolle. Seit 28. Februar 2013 hält er sich in Castel Gandolfo auf, das auf einem Berg liegt. Dort ist das Klima besonders im Sommer wesentlich angenehmer wie im stickigen Rom. Zudem ist es in dem kleinen Städtchen am See ruhiger. Im Vatikan haben die Touristenmassen in den vergangenen Jahren so sehr zugenommen, dass man mit einem ständigen Lärmpegel kämpfen muss. Es dürfte gar kein Problem sein, die Sommerresidenz in Castel Gandolfo zur Dauerresidenz zu erklären. Bereits ein anderer Papst hat jahrelang im "Turm der Winde" gelebt, nachdem er den Vatikan nicht mehr verlassen konnte. Der dritte Stock des apostolischen Palastes ist keine Residenz eines Papstes, die man nicht ändern könnte.

20) Bislang wenig Beachtung scheint gefunden zu haben, dass die Frauen, die ins "Papal Apartment" durften, so von Eifersuchtsattacken gebeutelt wurden, dass sie damit Papst Benedikt XVI. geschadet haben. Gleich nach der Papstwahl rühmte sich Gloria von Thurn und Taxis, dass sie ins "Papal Apartment" dürfe. Dadurch kam es zu Eifersüchteleien mit der bisherigen Haushälterin Ingrid Stampa, die auf Betreiben des Privatsekretärs des Papstes Dr. Georg Gänswein ins Staatssekretariat versetzt wurde.(15) Ingrid Stampa soll in der darauffolgenden Zeit ihre beim Papst so beliebten kalten Platten mit Paolo Sardi, dem Sondernuntius des Papstes geteilt haben.(16) Noch zu Beginn des Jahres 2008 hat sich die ehemalige Haushälterin des Papstes geweigert, interviewt zu werden.(17) Dass sie als eine der Mitwisserinnen, vielleicht sogar als eine der Drahtzieherinnen gegen Papst Benedikt XVI. im Fall "Vatileaks" gelten muss,(18) erscheint aufgrund ihres Interviews im "Corriere della Sera" vom 3. Oktober 2012 als evident. Es stellt sich somit die Frage, ob Papst Benedikt XVI. nicht nur den Machtgelüsten seines Kardinalstaatssekretärs Tarcisio Kardinal Bertone zum Opfer gefallen ist, sondern auch den eifersüchtigen Intrigen seiner langjährigen ehemaligen Haushälterin Ingrid Stampa. Anlass für den ursprünglichen Zwist zwischen Ingrid Stampa und Papst Benedikt XVI. war Gloria von Thurn und Taxis, die während des Pontifikates von Papst Benedikt XVI. im deutschen Katholizismus scheinbar als die einzig präsentable katholische Kultfrau galt und dies, obwohl ihr Wissen über den katholischen Glauben sogar in Buchform der Nachhilfe des Kölner Erzbischofs Joachim Kardinal Meisners bedurfte(19) und obwohl sie im sehr kurzen Röckchen beim Aachener Karneval tanzte. Solche Frauen liebt der Katholizismus.

Zu Fall brachte Papst Benedikt XVI. im wörtlichen Sinne auch eine seiner Köchinnen. Bei einem Sturz am 17. Juli 2009 brach sich Papst Benedikt XVI. in Les Combes im Aosta-Tal sein rechtes Handgelenk, als er auf einem schlecht befestigten Teppich ausrutschte, den ihm seine Köchin unerwarteter Weise vor dem Bett platziert hatte. Höchst ehrerbietig grüßte ihn die gleiche Köchin mit einem Handkuss, als er wieder aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Beim letzten Konzert für Papst Benedikt XVI. in der vatikanischen Aula war sie, inzwischen deutlich verbreitert, direkt hinter ihm sitzend zu sehen.

Die Frauenfrage ist somit sicherlich eine der dringlichsten, die die katholische Kirche zu lösen hat. Die Integration von Frauen in der katholischen Kirche wäre inzwischen wesentlich weiter fortgeschritten, würden sich katholische Frauen dem gleichen Bildungsanspruch stellen, wie er für katholische Männer und für Evangelische selbstverständlich ist.(20)


Fazit

Die Neuwahl eines anderen Papstes birgt ein erhebliches Risiko, da die Dienstniederlegung Papst em. Benedikt XVI. kanonisch auf sehr schwachen Beinen steht. Es muss davon ausgegangen werden, dass man mit einer Neuwahl ein Schisma produziert wird. Zudem bestünde die Gefahr bei einer Neuwahl, dass die „Altlasten“, die das Pontifikat Papst Benedikt XVI. in den vergangenen Monaten beschwert haben, nicht aufgearbeitet werden und dass sie somit den Keim für neue Unruhen, Krisen und Ränkespiele der Macht bilden. Aufgabe der Generalkongregation wäre es, auf eine Aufklärung zu dringen.

Eine Wiederbeauftragung Papst em. Benedikt XVI. durch die Kardinäle wäre die beste derzeit mögliche Lösung. Es gibt keine Punkte, die nicht durch Gespräche zwischen der Generalkongregation und Papst em. Benedikt XVI. zu klären wären. Unterstützend könnte die Generalkongregation selbsttätig zur Aufklärung des Putsches gegen Papst em. Benedikt XVI. beitragen, indem sie Untersuchungskommissionen einsetzen würde, die mittelfristig die Missstände eruieren und beheben könnten und die damit Papst em. Benedikt XVI. entlasten könnten, wenn er als Seniorpapst seinen Dienst wieder aufnimmt. Diese Wiederaufnahme des Dienstes könnte bereits zu den Osterfeierlichkeiten geschehen. Sollte man noch Zeit benötigen, um ein Seniorpapstamt zu konfigurieren, so böte sich der 19. April 2013 als Termin für eine Rückkehr Papst em. Benedikt XVI. an, der neunte Jahrestag seiner Wahl zum Papst, die immer noch Gültigkeit hat.


Elke Göß


(1) vgl. "Die Rücktrittsankündigung von Papst Benedikt XVI. wirft Fragen auf - 16 Gründe von A bis Z für eine kanonische Regelung des Rücktritts eines Papstes", unter "News und Events 1"

(2) vgl. "Wurde der angekündigte Rücktritt Papst Benedikt XVI. durch einen Putsch verursacht und welche Möglichkeiten des Protestes gegen das Eintreten dieses Rücktrittes am 28. Februar 2013 gibt es?" unter "News und Events 1"

(3) vgl. "Die Rücktrittsankündigung von Papst Benedikt XVI. wirft Fragen auf - 16 Gründe von A bis Z für eine kanonische Regelung des Rücktritts eines Papstes", unter "News und Events 1"

(4) vgl. http://religion.orf.at/stories/2552838/, 05.03.2013

(5) vgl. http://www.welt.de/politik/ausland/article109638298/Das-geheimnisvolle-Archiv-des-Papst-Butlers.html. 05.03.2013

(6) vgl. http://religion.orf.at/stories/2552838/, 05.03.2013

(7) vgl. http://www.news.at/a/vatileaks-kurzer-prozess-vatikan, 05.03.2013

(8) vgl. http://www.welt.de/politik/ausland/article109638298/Das-geheimnisvolle-Archiv-des-Papst-Butlers.html, 05.03.2013

(9) vgl. http://religion.orf.at/stories/2552838/, 05.03.2013

(10) vgl. http://www.news.at/a/vatileaks-kurzer-prozess-vatikan, 05.03.2013

(11) vgl. http://www.news.at/a/vatileaks-kurzer-prozess-vatikan, 05.03.2013

(12) vgl. http://www.bild.de/politik/inland/papst-benedikt/wurde-der-papst-von-vertrauten-verraten-25301244.bild.html, 05.03.2013

(13) vgl. http://www.daserste.de/vatikan/allround_dyn~uid,6b4gsq77qlqmq4yr~cm.asp, 05.03.2013; vgl. Göß Elke (2012): Was will der suggestive Film bezwecken und was wollen die Filmemacher mit den wunderschönen Bildern verheimlichen und verbergen? Rezension zu Ladkani Richard (2012): Der Vatikan - die verborgene Welt (DVD), erschienen bei amazon am 2. Juli 2012

(14) vgl. http://www.daserste.de/vatikan/allround_dyn~uid,6b4gsq77qlqmq4yr~cm.asp, 05.03.2013; vgl. Göß Elke (2012): Was will der suggestive Film bezwecken und was wollen die Filmemacher mit den wunderschönen Bildern verheimlichen und verbergen? Rezension zu Ladkani Richard (2012): Der Vatikan - die verborgene Welt (DVD), erschienen bei amazon am 2. Juli 2012

(15) vgl. Göß Elke (2010): Hochpoliertes Image, das mit viel Stuck tiefe Risse überkleistert, Rezension zu Thurn und Taxis Gloria Fürstin von (2005): Gloria: Die Fürstin - im Gespräch mit Peter Seewald, erschienen bei amazon am 25. November 2010

(16) vgl. Göß Elke (2011): Realistische, wahrheitsgetreue Gesamtschau des Vatikans mit kleinen, belanglosen Indiskretionen und einem Schuss Schmeichelei, Rezension zu Smoltczyk Alexander (2008): Vatikanistan: Eine Entdeckungsreise durch den kleinsten Staat der Welt, erschienen bei amazon am 6. Januar 2011

(17) vgl. Göß Elke (2009): Warum hat sich die Haushälterin des Papstes geweigert, hier interviewt zu werden? Rezension zu Sailer Gudrun (2008): Frauen im Vatikan. Begegnungen, Portraits, Bilder, erschienen bei amazon am 28. Mai 2009

(18) vgl. 2)

(19) vgl. Göß Elke (2010): Der religiös einfühlsame Kardinal erklärt der biederen Fürstin, wie traditionelle Religion aussehen kann, Rezension zu Thurn und Taxis Gloria Fürstin von/Meisner Joachim (2008): Die Fürstin und der Kardinal: Ein Gespräch über Glauben und Tradition, erschienen bei amazon am 15. Dezember 2010

(20) vgl. "Die eucharistische Ökumene mit in der apostolischen Sukzession ordinierten, zölibatär lebenden evangelischen Theologinnen ist durch Papst Benedikt XVI. vollzogen – ein persönliches Bekenntnis zum bayerischen Papst von einer lutherischen Pfarrerin" unter "News und Events 2"


3. März 2013

update: 5. März 2013


Skandal um den Berliner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki? Führt der Kardinal seinen Doktortitel zu Unrecht, sollte der Berliner Erzbischof sein Amt sofort aufgeben!


Einleitung


„Eine im Sommer 2011 in die öffentliche Diskussion geratene Dissertation aus der Universität vom Hl. Kreuz (von Rainer Woelki, 2000, …) vermittelt den Eindruck, dass das dortige wissenschaftliche Niveau nicht hoch ist.“ Diese Feststellung findet sich in dem Buch „Die Macht der Päpste“ von Rudolf Lill aus dem Jahr 2011.(1) Einige Seiten weiter findet sich folgende Passage: „In seiner im Wesentlichen aus offiziellen päpstlichen und kirchlichen Dokumenten der letzten 50 Jahre zusammengestellten und nur in Exzerpten veröffentlichten Dissertation Die Pfarrei … (Roma 2000) betont W. deren hierarchische Begründung, weshalb sie nur von einem Priester geleitet werden könne. Vom konziliaren Gemeindeprinzip distanziert er sich.“(2) Was weiß man über die Dissertation von Rainer Maria Kardinal Woelki und könnte es sein, dass der Kardinal zurücktreten müsste?

Die oben zitierten Passagen hat der 1934 geborene Rudolf Lill geschrieben, der sich seit mehr als fünfzig Jahren intensiv mit Italien und mit der katholischen Kirche befasst hat. Er war unter anderem 13 Jahre Mitglied des Deutschen Historischen Instituts in Rom, lehrte von 1974 bis 2000 als Professor für Neue Geschichte in Köln, Passau und Karlsruhe und außerdem als Gastprofessor an den Universitäten in Rom, Florenz, Pavia und Dresden. Von 1996 bis 2006 hatte er einen Lehrauftrag für italienische Geschichte an der Universität Bonn inne.


1. Kein Belegexemplar der Dissertation Rainer Maria Kardinal Woelkis in Deutschland


Will man die Dissertation von Rainer Maria Kardinal Woelki über den universitären Bibliotheksverbund deutschlandweit bestellen, so erhält man die Auskunft, dass nur ein einziges Exemplar für die Universitätsbibliotheken bestellbar ist, dass dieses Exemplar nur ein Exzerpt der Dissertation enthält und dass es sich in der Diözesanbibliothek Köln befindet, auch nicht eben einer in Universitätsangelegenheiten ausgewiesenen Bibliothek. Was aber viel schwerer wiegt: Es ist kein Exemplar bei den üblichen Sammelstellen für Dissertationen in Deutschland hinterlegt. Ebenso ist die Dissertation von Rainer Maria Kardinal Woelki nicht über den Buchhandel erhältlich. Dies bedeutet, dass die Dissertation in Deutschland nicht anerkannt sein dürfte, da die Regelungen für Belegexemplare nicht eingehalten wurden. Tatsächlich führt aber Rainer Maria Kardinal Woelki seinen Doktortitel in Deutschland.


2. Kein Belegexemplar der Dissertation Rainer Maria Kardinal Woelkis im italienischen Buchhandel


Versucht man den Titel der Dissertation ins Italienische zu übersetzen und das Buch über den italienischen Buchhandel zu bestellen, so erhält man keinen Treffer. Man erhält im italienischen Buchhandel überhaupt keinen Treffer zu „Woelki“. Deshalb muss man annehmen, dass Rainer Maria Kardinal Woelki seine Dissertation ursprünglich auf Deutsch verfasst hat.

 

3. Das Exzerpt der Dissertation von Rainer Maria Kardinal Woelki

 

Elke Göß hat das Exzerpt der Dissertation von Rainer Maria Kardinal Woelki bei der Diözesanbibliothek Köln über das bundesweite Bibliothekssystem der Universitäten ausgeliehen und es liegt ihr in Kopie vor. Das Titelblatt dieses Exzerptes der Dissertation von Rainer Maria Kardinal Woelki lautet:

 

„Pontificia Universitas Sanctae Crucis

Facultas Theologiae

Rainer Woelki

Die Pfarrei

Ein Beitrag zu ihrer ekklesiologischen Ortsbestimmung

Thesis ad Doctoratum in Theologia

Partialiter edita

Romae 2000”

 

Auf der zweiten Seite steht:

 

Vidimus et approbavimus ad normam statutorum

Prof. Dr. Antonio Miralles

Prof. Dr. Klaus Limburg

Imprimi potest

Prof. Dr. Paul O’Callaghan

Decano della Facoltà di Teologia

Dr. Alfonso Monroy

Segretario Generale

Roma, 17 luglio 2000

Prot. n° 555/2000

Imprimatur

Coloniae, die m. 25 iulii 2000

Jr. Nr. 106250 I 90 - + Klaus Dick, vic.eplis.“

 

Das in dem Exzerpt vorne befindliche Inhaltsverzeichnis zählt bereits 14 Seiten, davon entfallen auf das „Inhaltsverzeichnis des vorliegenden Exzerptes“ vier Seiten, auf das „Inhaltsverzeichnis der gesamten Arbeit“ zehn Seiten. Wie es scheint, hat aber die gesamte Arbeit nie jemand gesehen, jedenfalls liegt sie nicht gedruckt vor.

Man sucht akribisch, bis man feststellt, dass das Exzerpt mit einem Kapitel über den „Versuch einer dogmatischen Einordnung der Pfarrei unter besonderer Berücksichtigung der Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzil“ einsetzt. Diese Kapitelüberschrift findet sich in der Gliederung für die gesamte Arbeit ebenfalls, dort steht sie für ein Kapitel, das auf Seite 144 beginnen soll. Kurz gesagt: Es fehlen 144 Seiten in dem in Buchform vorliegenden Exzerpt, für die es zwar ein Inhaltsverzeichnis gibt, die aber in keiner kirchlichen oder universitären Bibliothek Deutschlands auffindbar sind. In diesen 144 Seiten sollte es über die Territorialpfarrei von der Konstantinischen Wende bis zum Konzil von Trient gehen, danach über das Konzil von Trient zur Tridentinischen Reform bis zum CIC 1917 und dann von den Anfängen der Liturgischen Bewegung bis zum Vorabend des Zweiten Vatikanischen Konzils. Dieser erste Hauptteil trüge die Überschrift „Die Entwicklung der Pfarrei im geschichtlichen Überblick“. Elke Göß hätte sich sehr für die Entwicklung der Territorialpfarreien von der Konstantinischen Wende bis zum Konzil von Trient interessiert, ein sehr anspruchsvolles Thema, das in 15 Seiten gar nicht so leicht zu bewältigen zu sein scheint.

Im zweiten Hauptteil sollte es um die „Theologische Konzeption der Pfarrei in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts“ gehen. Dafür will Rainer Maria Woelki die liturgietheologische Konzeption Athanasius Wintersigs, die Sicht der „lebendigen Pfarrgemeinde“ von Pius Parsch, die „neue Pfarrei“ von Constantin Noppel, die „Theologie der Pfarrei“ von Franz Xaver Arnold und die „Theologie der Pfarre“ von Karl Rahner untersucht haben. Fraglich ist, wie der eher historische Aufriss des ersten Kapitels „Die Entwicklung der Pfarrei im geschichtlichen Überblick“ zu den konzeptionellen Erwägungen dieser fünf katholischen Denker passt und ob es sich bei dieser Herangehensweise nicht um einen Methodenwechsel handelt, der eine stringent logische Argumentation schwer nachvollziehbar erscheinen lässt. Immerhin ist der dritte Hauptteil „Versuch einer dogmatischen Einordnung der Pfarrei unter besonderer Berücksichtigung der Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils“ im Inhaltsverzeichnis des Exzerptes und im Inhaltsverzeichnis der gesamten Arbeit gleich.

Würde die Arbeit in ihrer Gesamtform so vorliegen, wie sie im „Inhaltsverzeichnis der gesamten Arbeit“ anvisiert ist, so wäre sie sicher sehr anspruchsvoll und vor allem äußerst materialreich. Diese Gesamtform scheint im Sommer 2011 nicht vorhanden gewesen zu sein, denn sonst wäre Rudolf Lill nicht zu dem Urteil gekommen: „Eine im Sommer 2011 in die öffentliche Diskussion geratene Dissertation aus der Universität vom Hl. Kreuz (von Rainer Woelki, 2000, …) vermittelt den Eindruck, dass das dortige wissenschaftliche Niveau nicht hoch ist.“(3)

Nicht nur die Qualität des wissenschaftlichen Niveaus dieser Dissertation sollte überprüft werden. Es sollte auch die Frage erörtert werden, ob der zum Teil sehr einfache Sprachgebrauch dem Sprachduktus des derzeitigen Berliner Erzbischofs Rainer Maria Kardinal Woelkis entspricht. Somit sollte eine Ghostwriterschaft geprüft werden.

Es sollte die Vermutung geprüft werden, ob eine völlig entschärfte und sprachlich nivellierte Form dieser Dissertation in Druck gegeben wurde, weil die Inhalte der tatsächlichen Dissertation, die an der römischen Universität "Santa Croce" eingereicht wurde, vielleicht nicht mit den deutschen Gesetzen vereinbar sind. Sollten die von Rainer Maria Kardinal Woelki in seiner Dissertation geäußerten Ansichten nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sein, so darf er selbstverständlich in Deutschland seinen Doktortitel nicht führen.

 

4. Die Universität Santa Croce in Rom

 

Die Universität, bei der Rainer Maria Kardinal Woelki promoviert hat, nennt Rudolf Lill „Universität von Hl. Kreuz“(4), gemeint ist damit „Santa Croce“. Die päpstliche Universität „Santa Croce“ wurde von Papst Johannes Paul II. gegründet und ist die einzige Universität in Rom, die sich den Leitlinien des Opus Dei verpflichtet hat. Sie muss deshalb aus staatlicher Sicht als Privatuniversität gelten. Die päpstliche Universität „Santa Croce“ besitzt zwar eine Homepage, darüber hinaus ist aber wenig über „Santa Croce“ zu erfahren. Rainer Maria Kardinal Woelki, von dem man anzunehmen hat, dass er Mitglied im Opus Dei ist,  hat zu Zeiten Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 promoviert.

 

Fazit

 

Scheinbar hat bisher niemand die Dissertation „Die Pfarrei“ von Rainer Maria Kardinal Woelki einer genaueren Überprüfung unterzogen. Dies hätte vor seiner Ernennung zum Kardinal geschehen müssen. Der Missbrauch von Titeln ist nach § 132a Strafgesetzbuch Abs. 1 und Abs. 3 in Deutschland strafbar. Da davon ausgegangen werden muss, dass die Besoldung des Berliner Erzbischofs aufgrund seiner angeblich korrekten Promotion höher gestuft wurde, kommt auch Vorteilsnahme im Amt § 331 Strafgesetzbuch in Betracht. Sollte es in Deutschland in einer öffentlichen Bibliothek kein Exemplar der gesamten Dissertation von Rainer Maria Kardinal Woelki geben, sollte der Berliner Erzbischof sofort die Konsequenzen ziehen, von seinem Amt zurücktreten und nicht an der nächsten Papstwahl teilnehmen.

 

Elke Göß

 

(1) vgl. Lill Rudolf (2011): Die Macht der Päpste, Kevelaer, S. 296 Anm. 220

(2) vgl. Lill Rudolf (2011): Die Macht der Päpste, Kevelaer, S. 303 Anm. 281

(3) vgl. Lill Rudolf (2011): Die Macht der Päpste, Kevelaer, S. 296 Anm. 220

(4) vgl. Lill Rudolf (2011): Die Macht der Päpste, Kevelaer, S. 296 Anm. 220

 

7. März 2013

 

Wer die Nachfolge Papst em. Benedikt XVI. antreten will, muss sich hohen Anforderungen stellen – Würde, Disziplin, Durchsetzungsfähigkeit, Geradlinigkeit, Unbeugsamkeit, Konsequenz, Pflichtbewusstsein, Leistungsbereitschaft, Aufklärungswillen, Transparenz, Versöhnungsbereitschaft, Demut, Sanftmut, Geduld und eine hohe Intelligenz sind gefragt  

 

Einleitung

 

Nun soll das Konklave zur Wahl des nächsten Papstes am Dienstag, 12. März 2013 nachmittags beginnen. Dieser Termin wurde am Freitag, 8. März 2013 bekannt gegeben. Für heute stehen nochmals Beratungen an. Am Sonntag, 10. März 2013, feiern die Kardinäle gemeinsam eine Messe.

Fünf Tage haben die Kardinäle beraten. Das Schweigeversprechen, das sonst nur für das Konklave gilt, haben sie bereits vor der Generalkongregation abgegeben. Dies führte dazu, dass unverständige Medienvertreter des Bayerischen Rundfunks die Generalkongregation „Vorkonklave“ nannten, als ob man sich die Bezeichnung „Generalkongregation“ nicht merken könne. Leicht schienen die Vorbesprechungen der Kardinäle nicht abgelaufen zu sein. Will man sich darüber informieren, sollte man keinesfalls dem Bayerischen Rundfunk oder dem ZDF folgen. Susanne Hornberger vom BR ließ die Öfen filmen, die in der Sixtina aufgestellt wurden. Antje Pieper vom ZDF ließ in der „Sala operativa“ der vatikanischen Gendarmerie filmen und ließ Bilder von der Anlieferung der Handy-Störsender in den Nachrichten bringen. Kennt man die Filme über den Vatikan, erinnert man sich an einen viel größeren „Sala operativa“ oder glaubt Antje Pieper, die vatikanische Gendarmerien haben rund acht Bildschirme von den Wänden genommen? Sicher gibt es mehrere Mitarbeiter der vatikanischen Gendarmerie, die die Video-Aufzeichnungen ständig beobachten und nicht nur zwei, wie sie bei Antje Pieper in ihrem Beitrag zu sehen sind. Wer das glaubt, was er im deutschen Fernsehen sieht, der glaubt auch, dass es den Weihnachtsmann wirklich gibt. Und dann die selbstverständliche Eile, mit der über Themen, die komplex und strittig sind, berichtet wird, so, als gäbe es keine ethischen Dilemmata, so als gäbe es keine Dissense, so als stünden keine schwerwiegenden Probleme hinter den ethischen Fragen. Alles erscheint in 0815 verhandelbar und sauber, korrekt, schmerzlos und schnell „eingetütet“. Glauben zum Kaufen. Das ist der Katholizismus, wie ihn die deutschen Medien zeigen, bis heute. Hierin trifft die Kritik Martin Luthers am Ablasshandel immer noch. Bezahl Deine Rundfunkgebühren, sieh Dir im Fernsehen an, wie andere beten und was die Fernsehsender für Dich in kleinen medialen Dosen zubereitet haben und Du bist davon dispensiert, selbst zu glauben und für Deinen Glauben einzutreten.

Wie der Bayerische Rundfunk das tatsächliche Geschehen im Pontifikat Papst em. Benedikt XVI. in eine weiß-blaue, aber sehr sterile Postkartenidylle verniedlichend verwandelt hat, ist nun nicht mehr zu verkennen. Die Fernsehbeiträge sind kaum als historische Quellen verwendbar. Blickt man hinter die Kulissen und hat man sich acht Jahre mit dem Pontifikat Papst em. Benedikt XVI. beschäftigt, fühlt man sich durch das Bayerische Fernsehen extrem hinter’s Licht geführt. Man hat dem BR vertraut, dass er korrekte Berichterstattung abliefert. Nun, nach der Dienstniederlegung Papst em. Benedikt XVI. weiß man, dass der BR niemals investigativ selbst über die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche recherchiert hat. Es ist klar, dass in der sogenannten „Vatileaks-Affäre“ manche Daten niemals über den Sender des BR veröffentlicht wurden, obwohl sie in den Medien und im Internet zu lesen sind. Die Bezeichnung „Legionäre Christi“ hat man in acht Jahren nicht im Bayerischen Fernsehen gehört, „Opus Dei“ auch nicht. Die Mitglieder des „Opus Dei“ müssen sich nicht öffentlich zu ihrer Gruppenzugehörigkeit bekennen. Die „Legionäre Christ“ haben hier keine Scheu. Warum ist dann das Bayerische Fernsehen so zögerlich? Viele der von Michael Mandlik portraitierten Mitarbeitenden des Vatikans sind „Legionäre Christi“, nur wird dies in den Filmen verschwiegen. Von den massiven Körperverletzungen der vatikanischen Gendarmerie gegen Babys, gegen Nonnen, gegen Frauen, ja sogar gegen den Papst hat man im BR noch nicht einmal eine Textzeile gehört. Auf msn.de war ein Video zu sehen, wie eine Frau einer ukrainischen Frauenrechtsgruppe zum Krüppel geschlagen wurde auf dem Petersplatz. Nichts davon im Bayerischen Fernsehen! Man hat dem Bayerischen Fernsehen und hier vor allem Michael Mandlik vertraut, dass er die wichtigsten Nachrichten rund um Papst em. Benedikt XVI. bringt. Nun weiß man, dass man sein Vertrauen in die Falschen gesetzt hat.

Wenn die Medien kein adäquates Bild des Pontifikates von Papst em. Benedikt XVI. abgegeben haben, wie sähe eine zutreffendere Beschreibung aus? Was hat sich unter Papst Benedikt XVI. verändert im Blick auf die Herausforderungen, die ein Papst zu bewältigen hat, im Blick auf die transparente Analyse der Missstände im Vatikan und in der katholischen Kirche, im Blick auf die geistlichen Herausforderungen, denen man sich im spirituellen und im politischen Bereich in der Nachfolge Papst em. Benedikt XVI. zu stellen hat?

 

1. Das Pontifikat Papst Johannes Paul II.

1.1. Leiden statt Rücktritt

Am 2. April 2005 ging nach 26 Jahren und fünf Monaten ein großes Pontifikat zu Ende. Papst Johannes Paul II. hatte die katholische Kirche und vor allem den Vatikan geprägt, wie kaum ein anderer. In den letzten Jahren seiner Parkinson-Erkrankung war er zunehmend sehr geschwächt. Bereits in dieser Zeit tauchte die Frage auf, ob der Papst zurücktreten solle. Aber Papst Johannes Paul II. entschied sich für’s Durchhalten. Dies kostete ihn viel Kraft und ein jahrelanges Leiden. Viele verehren ihn deshalb bis heute besonders.

1.2. Selig- und Heiligsprechungen und Personenkult

Doch schon während seines Pontifikates gab es auch Kritik. Die Vielzahl der apostolischen Reisen wurde nur noch übertroffen von der Vielzahl der Heiligsprechungen. Kein Papst in der Geschichte der katholischen Kirche hat je so viele zu Seligen und Heiligen ernannt. Auch der Kult um seine Person, der ihn wenig zu stören schien, wurde nicht nur in Verehrungsgesten und –riten gepflegt. Er ließ sich auch besonders gut in klingende Münze umsetzen. Bis heute haben die Souvenirhändler in Rom noch Vorräte mit dem Bildnis Papst Johannes Paul II. vorrätig. Man konnte gar nicht genug Geld verdienen mit dem Konterfei des Pontifex.

1.3. Apostolische Reisen mit dem "Opus Dei"

Die apostolischen Reisen, die Papst Johannes Paul II. unternahm, wurden in seinen mittleren und späten Jahren des Ponitifkates durch das "Opus Dei" organisiert und vor allem durch das "Opus Dei" finanziert. Auch jährliche Romreisen für Jugendliche in der Karwoche, die es seit Anfang der 1980er Jahre gibt, werden durch das "Opus Dei" durchgeführt. Mehrere tausend Jugendliche kommen jedes Jahr mit Hilfe des "Opus Dei" nach Rom. Dies ist auch unter Papst Benedikt XVI. so geblieben. Die meisten der Jugendlichen wissen allerdings nicht, dass es das "Opus Dei" ist, das ihnen diese Möglichkeit bietet. Dafür können sie am Ende der Reise damit rechnen, dass das "Opus Dei" ein Profil von ihner Person und ihrer Glaubensstärke erstellt hat.

1.4. Öffentlichkeitsarbeit des "Opus Dei"

Bekannt ist auch, dass das "Opus Dei" die Öffentlichkeitsarbeit für Papst Johannes Paul II. übernommen hat. Der Pressesprecher Papst Johannes Paul II. Joaquín Navarro-Valls war einer der wenigen, der sich offen zu seiner Mitgliedschaft im "Opus Dei" bekannte.

1.5. Politische Machtansprüche

Vor allem durch seinen Kardinalstaatssekretär Angelo Kardinal Sodano wirkte Papst Johannes Paul II. politisch in fast allen Ländern der Erde mit. Die katholische Kirche wurde unter Papst Johannes Paul II. zu einer politischen Macht, die man gerne um Rat fragte, die sich soziopolitisch engagierte, die in ethischen Fragen eindeutig Stellung bezog, wenn es darauf ankam, die bestimmte Bevölkerungsgruppierungen stark unterstützen konnte, die sich nicht scheute, sich in politische Konflikte einzumischen und die es immer fertig brachte, als Friedensmacht zu erscheinen, obwohl dies in manchen Konflikten, wie beispielsweise in dem Eintreten für die Palästinenser nicht immer eindeutig für alle Seiten zum Guten  ausgegangen sein muss.

1.6. Interreligiöse "Allversöhnung" ohne Protestanten

Im interreligiösen Dialog erreichte die katholische Kirche eine Weite, wie sie historisch vorher noch nie da gewesen war. Theologisch hätte man kritisch von „Allversöhnung“ sprechen können, wären da nicht durchgängig die Abgrenzungen zu den protestantischen Kirchen gewesen.

1.7. Ethischer Rigorismus

In ethischen Fragestellungen zog Papst Johannes Paul II. allerdings einen sehr strengen Kurs durch. Die Diskussion um eine Teilnahme an der Schwangerschaftskonfliktberatung verloren die deutschen Bischöfe gegen Papst Johannes Paul II. und Karl Kardinal Lehmann musste nach Rom reisen und sich dem päpstlichen Primat unterwerfen. Die radikalste Sichtweise des Schutzes des ungeborenen Lebens wurde von Papst Johannes Paul II. favorisiert und durch Vertreterinnen und Vertreter einer „pro-life“-Bewegung durchgesetzt, was bis zu der Ermordung von Ärzten gehen konnte, die Abtreibungen durchgeführt hatten. Heute gibt es zahlreiche "pro-life"-Bewegungen innerhalb der katholischen Kirche, die ganz offensiv einen martialischen Schutz ungeborenen Lebens propagieren. Einige von ihnen gehören auch dem "Opus Dei" an. Provokant könnte man sagen, in der katholischen Kirche darf man vor allem für den Schutz ungeborenen Lebens morden. In der katholischen Kirche und in der Öffentlichkeit firmieren die "pro-life"-Bewegungen unter der Themaitk "Bioethik", was modern klingt, aber keinesfalls so gemeint ist.

1.8. Sexualität und Frauenbild

Diese bioethischen radikalen Festlegungen führten nicht dazu, dass Sexualität als ein Thema katholischen Lebens stärker in den Mittelpunkt gerückt wäre. Vielmehr vertraditionalisierte sich das Frauenbild gegen Ende des 20. Jahrhunderts entgegen dem allgemeinen gesellschaftlichen Trend wieder stärker. Die Frau war nach Gottes Willen zur Gebärerin geboren. Da Papst Johannes Paul II. auch die Verhütung ablehnte, musste eine Frau ständig damit rechnen, auf ihre Mutterrolle reduziert zu werden.

1.9. Dogmatische Exklusionen und politische Einflussnahmen

So wie Papst Johannes Paul II. ethisch streng urteilte und verurteilte, so waren es auch seine dogmatischen Richtungsentscheidungen, die zur Abgrenzung von der lateinamerikanischen Befreiungstheologie führten. Sein Wunsch, aktiv lenkend in die Geschichte von ganzen Nationen einzugreifen und seine anti-kommunistische Haltung ganzen Ländern zu diktieren, führte nicht nur in Lateinamerika zur Stabilisierung von eher rechtsgerichteten Militärregierungen, sondern auch dazu, dass der Vatikan die polnische Organisation Solidarnosc finanziell stark unterstützte. Gerne sah es Papst Johannes Paul II., wenn man es seinen finanziellen Beeinflussungsversuchen zuschrieb, dass das Sowjet-Imperium kollabierte. Die veränderte Politik der russischen Machteliten erscheinen in einer solchen Weltsicht nur als Nebensache, obwohl man schon davon ausgehen muss, dass Politik von Politikern und von Nationen gemacht wird und nicht von einem Papst in Rom.

1.10. Überdimensionale Selbstdeutungsansprüche und blockierte Trauer

Heute, fast acht Jahre nach dem Tod Papst Johannes Paul II., erscheinen solche Selbstdeutungsansprüche als überdimensioniert. Bis zur Seligsprechung Papst Johannes Paul II. lagen immer noch eine große Trauer und eine große Unsicherheit über den katholischen Gläubigen, die durch die Präsenz innerhalb eines so langen Pontifikates extrem persönlich emotional angegriffen schienen. Kurz vor der Seligsprechung war der Sarg Papst Johannes Paul II. aus der Krypta des Petersdoms nach oben geholt worden und geöffnet worden. Zum großen Erstaunen sahen die Anwesenden, dass der Leichnam Papst Johannes Paul II. sehr stark verwest war, viel stärker, als es für die sechs Jahre seit seinem Tod erwartet worden war. Es war wie eine Erlösung, endlich konnte das Gefühl der Trauer und der Hoffnung, er könne eines Tages vielleicht doch noch einmal zurückkehren, von den katholischen Gläubigen weichen. Nach der Seligsprechung Papst Johannes Paul II. setzte ein Phänomen ein, das niemand erwartet hatte. Waren die polnischen Gläubigen bis zur Seligsprechung stets immer noch sehr zahlreich nach Rom gepilgert, so nahmen nun die Pilgerströme aus Polen ab. Eine innere Ruhe scheint seit der Seligsprechung Papst Johannes Paul II. am 1. Mai 2011 eingekehrt zu sein. Dies war nicht einfach zu erreichen und eine über Jahre und Jahrzehnte anhaltende kollektive Trauer in der katholischen Kirche hätte nur die Kräfte gehindert, sich den neuen Aufgaben der Zukunft zu stellen. Deshalb ist nun, nach der Dienstniederlegung Papst em. Benedikt XVI. auch größte Vorsicht geboten, wenn man an die überdimensionierten Zeiten Papst Johannes Paul II. anknüpfen wollen würde.

 

2. Das Pontifikat Papst Benedikt XVI.

2.1. Wahlhilfe durch drei "Opus Dei"-Kardinäle

Joseph Kardinal Ratzinger lag bereits im ersten Wahlgang des Konklaves im Jahr 2005 mit seinen Stimmanteilen vorne. Dies war der ZDF-Dokumentation „Mythos Konklave“ zu entnehmen. Im vierten Wahlgang erhielt er dann die nötige Zweidrittel-Mehrheit, weil sich die drei Kardinäle, die Opus Dei-Mitglieder sind, für ihn ausgesprochen hatten: der Kolumbianer Darío Castrillón Kardinal Hoyos, der Spanier Juliàn Kardinal Herranz Casado und der Kolumbianer Alfonso Lopez Kardinal Trujillo.(1) Der heute 83-jährige Kardinal Hoyos war bis 2009 Präsident der Päpstlichen Kommission „Ecclesia Dei“. Seit dem Jahr 2000 führte er die Verhandlungen mit den Pius-Brüdern. Kardinal Hoyos gilt auch als der Verantwortliche dafür, dass Papst Benedikt XVI. nicht rechtzeitig vorher über den Holocaust-Leugner Bischof Richard Williamson informiert war.(2) Der heute 82-jährige Kardinal Herranz Casado war bis 2007 Präsident des Päpstlichen Rates für die Interpretation von Gesetzestexten. Im Frühjahr 2012 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. als eines von drei Mitgliedern einer Untersuchungskommission zur sogenannten „Vatileaks-Affäre“, die ihren Bericht im Juli 2012 dem Papst vorlegte.(3) Der Dritte war der am 19. April 2008 verstorbene Kardinal Trujillo, der lange Jahr Präsident des Päpstlichen Rates für die Familien war. Folgt man Wikipedia, so kann man über das Engagement Kardinal Trujillos in der Bioethik und über seine Äußerungen bezüglich der Verhütung mit Kondomen Näheres erfahren.(4)

2.2. Durch das "Opus Dei" infiltrierte Krisen im Pontifikat Papst Benedikt XVI.

Sieht man sich die Profile der drei Kardinäle auch nur ganz oberflächlich an, so fällt auf, dass die Kardinäle, die sich vor dem vierten Wahlgang für die Wahl Joseph Kardinal Ratzingers aussprachen, in den Krisenzeiten seines Pontifikates immer wieder eine Rolle gespielt haben. Papst Benedikt XVI. musste sozusagen innerhalb seines Pontifikates durch gewisse Leistungen die Stimmkumulation bezahlen, die zu seiner Zweidrittel-Mehrheit geführt hat. Die Krise um den Holocaust-Leugner Bischof Williamson wurde durch die Fahrlässigkeit von Kardinal Hoyos ausgelöst. Kardinal Hoyos steht auch im Verdacht, hinter den Morddrohungen gegen Papst Benedikt XVI. vom Februar 2012 zu stehen.(5) Kardinal Herranz Casado wiederum untersuchte mit zwei anderen Kardinälen die sogenannte „Vatileaks-Affäre“. Der Bericht der drei Kardinäle soll nach dem Willen Papst Benedikt XVI. unter Verschluss bleiben und nur von seinem Nachfolger geöffnet werden. Es ist somit unbekannt, was in dem Bericht stehen könnte. Die Wahrheit hierzu wird man vielleicht nie ganz erfahren. Es könnte durchaus sein, dass sich in der direkten Umgebung Papst Benedikt XVI. ein Komplott gebildet hat, das ihn gezielt stürzen wollte.(6) Man muss annehmen, dass Papst Benedikt XVI. diese Intrigen leid war und dass er sich mit zunehmendem Alter keinesfalls „vorführen“ lassen wollte mit seinen körperlichen Schwächen. Er wollte auch kein Machtvakuum entstehen lassen, sollte ihn doch eine akute Erkrankung treffen und sollte er beispielsweise unter Vollnarkose operiert werden müssen. Für einen solchen Fall hatte er von dem Wunsch einer Dienstniederlegung gesprochen.

Vielleicht wurden die Krisen im Pontifikat Papst Benedikt XVI. aber auch deshalb inszeniert, weil sich Papst Benedikt XVI. nicht dem Willen seiner „Papstmacher“ beugen wollte. Dieser Teil der Papstgeschichte sollte für seinen Nachfolger ein Lehrstück sein. Wer sich allzu mutig und forsch mit Versprechungen zum Papst wählen lässt, wird dies jahrelang abarbeiten müssen, sie werden versuchen, auf die Reden und auf die Handlungen eines so ins Amt gekommenen Papstes Einfluss zu nehmen. Der Mythos des verstorbenen Papst Johannes Paul II. solle für allezeit wie ein großer, schwerer Schatten auf allen nachfolgenden Päpsten liegen. Jeder Papst hat so zu sein wie der Papst, der das Opus Dei groß werden ließ im Vatikan und in der Welt, wie Papst Johannes Paul II.

Demgegenüber hat Papst Benedikt XVI. acht Jahre lang daran gearbeitet, dass die katholische Kirche in einer moderneren Form, in einem demütigeren Auftreten, in einer der Aufklärung zugewandten Weise, in einer stilleren, meditativeren liturgischen Haltung, aber in einer die großen Traditionen bewahrenden Haltung und in einer ästhetisch ansprechenden Weise versöhnend auf andere zugeht. Papst Benedikt XVI. hat die katholische Kirche langsam und behutsam aus ihrer Trauer um ihren hoch verehrten Papst Johannes Paul II. herausgelöst. Nun droht ihr, dass sie in diese Trauer wieder zurückgestoßen wird.

2.3.  Fokussierungen innerhalb der apostolischen Reisen

Papst Benedikt XVI. hat die Vielzahl der apostolischen Reisen auf drei große Reisen pro Jahr beschränkt. Er hat nicht nur sehr große Länder besucht, sondern gerne auch ganz kleine. Er hat sich nicht mit den politischen Fragen aufgehalten, sondern er hat den Schwerpunkt auf die geistlichen Dimensionen und Impulse gelenkt, die er einem Land bei seinem apostolischen Besuch vermitteln wollte. Besonders die Reisen in die als säkular geltenden Staaten Tschechien und Frankreich haben auch bei den Nichtkatholikinnen und Nichtkatholiken vor Ort einen großen Eindruck hinterlassen. Unvergesslich ist seine Rede vor französischen Intellektuellen in Paris. Ganz im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils hat Papst Benedikt XVI. auch indigene Beiträge in Begrüßungszeremonien und Messen aufgenommen, so beispielsweise in Australien, Südamerika oder in allen afrikanischen Staaten, die er besucht hat. Der Ablauf bei den apostolischen Reisen war immer genau zeitlich vorherbestimmt und konnte nahezu immer eingehalten werden. Ein 12-Stunden-Tag war auf Reisen keine Seltenheit. Papst Benedikt XVI. scheute auch die Hitze nicht, was unter einer so langen Soutane mit langen Ärmeln sicher nicht immer bequem war. Die Menschen kamen gern, um den Papst zu sehen. Zu Beginn des Pontifikates hatte man Papst Benedikt XVI. vorgeworfen, er habe kein Charisma. Es dauerte einige Zeit, bis auch noch die hartnäckigsten Kritiker wie Marco Politi einsehen mussten, dass dieser Vorwurf ganz unberechtigt war. Viel weniger als sein Vorgänger zentrierte Papst Benedikt XVI. die Aufmerksamkeit auf sich. Ein Personenkult war und ist ihm fremd. Gerade darin erwies er sich als Botschafter Christi, der auf seinen Herrn hinweist und der sich in den Hintergrund rückt.

2.4. Die Würde einer Messfeier

Die Liturgischen Feiern verliefen alle nach dem gleichen liturgischen Ablauf. Dies ermöglichte den Gläubigen vor Ort, sich einzugliedern in eine große Liturgie, die weltweit gleich gefeiert wurde und auch von der Liturgie, wie sie im Petersdom üblich ist, wenig bis gar nicht abweicht. Bei den Messen, die nicht vom Papst geleitet werden, ist eine so großartige und weitreichende Liturgie oftmals gar nicht möglich. Papstmessen mit Papst Benedikt XVI. waren immer von einer inneren Anmut, Grazilität und Schönheit geprägt. Manche Gläubige, die weder Latein noch Italienisch konnten, taten sich schwer und redeten auch während der Messe mit ihren Angehörigen über alles auf der Welt, nur, um sich nicht dem Anspruch der Stille vor Gott auszusetzen. Das eigene Ich und die eigene Befindlichkeit mussten sich in Worten mitteilen, anstatt dass man sich Gott hingegeben hätte. Die Einübung in die liturgische Haltung der Stille brauchte lange Zeit. Doch in den vergangenen zwei bis drei Jahren setzte sie sich durch.

Dass die liturgischen Feiern mit Papst Benedikt XVI. Tridentinische Messen seien, die nach dem alten Ritus gefeiert wurden, ist nicht zutreffend. Die Messen waren am Zweiten Vatikanischen Konzil orientiert, sehr feierlich ausgestaltet, die Sprache war allerdings zumeist Latein oder Italienisch, da es wenig genützt hätte, wenn alle Sprachen der Anwesenden berücksichtigt worden wären, denn dann hätte jeder Satz in einer anderen Sprache gesprochen werden müssen und dann hätte niemand irgendetwas verstanden, weil auch im Vatikan kaum jemand mehr als sieben oder acht Sprachen versteht.

2.5. Reduzierung der Selig- und Heiligsprechungen und ökumenische Vertretbarkeit von Heiligsprechungen

Die Heiligsprechungen hat Papst Benedikt XVI. stark reglementiert und damit die Zahl der neuen Heiligen wieder auf ein überschaubares Maß zurückgeführt. Mit der Seligsprechung des englischen Kardinals Newman in Birmingham hat Papst Benedikt XVI. 2010 erstmals einen anfangs anglikanisch Gläubigen, der zum Katholizismus übergetreten ist und der sogar Kardinal wurde, seliggesprochen. Dass ihm die Volksfrömmigkeit nicht fremd ist, hat sich am 21. Juni 2009 beim Besuch in San Giovanni Rotondo, dem Wirkungsort Padre Pios, gezeigt. Gerne hat Papst Benedikt XVI. auch Marienwallfahrtsorte wie Mariazell, Altötting, Lourdes, Fatima und andere besucht. Besonders gerne hat er immer Sonntagmittags den Angelus mit den Gläubigen gebetet, sei es auf dem Petersplatz, sei es in Castel Gandolfo, sei es auf Reisen.

2.6. Inhaltliche Qualifizierung und dialogische Ausrichtung von Bischofssynoden

Zu Beginn seines Pontifikates hat Papst Benedikt XVI. alle Bischöfe zu ad limina-Besuchen in den Vatikan eingeladen. Zudem kannte er die meisten Bischöfe aus seiner Zeit als Präfekt der Glaubenskongregation, als er die Kontaktpflege zu den Bischöfen von Papst Johannes Paul II. übertragen bekommen hatte.

Mit seinen apostolischen Reisen hat Papst Benedikt XVI. auch zweimal die Durchführung von Bischofssynoden verbunden: die Nahostsynode und die Afrikasynode. Diese kleinen Zirkel aus mehreren Treffen mit den Bischöfen in der jeweiligen Region dienten dem konkreten Erfahrungsaustausch um die Wünsche, Sorgen und Nöte der Bischöfe in einer besonders angefochtenen Region. Zum Abschluss überreichte Papst Benedikt XVI. den Synodenteilnehmern ihre Beiträge in schriftlicher Form zur Erinnerung.

2.7. Interreligiöse symbolische Gesten

Ökumenisch hat Papst Benedikt XVI. vor allem Zeichen gesetzt. Mit der griechisch-orthodoxen Kirche hat er sich von Anfang an gut verstanden. Nach den Missverständnissen um seine Regensburger Rede im Jahr 2006, nach der das Verhältnis zu den Muslimen weltweit kurzfristig als sehr angespannt galt, hat sich der Dialog mit den muslimischen Glaubensvertretern stark verbessert und völlig entspannt. Papst Benedikt XVI. schätzte den jüdischen Glauben bereits, als er noch als Theologieprofessor tätig war. Gleich zu Beginn seines Pontifikates besuchte Papst Benedikt XVI. Ausschwitz. Im Vorfeld hierzu schlug ihm als ehemaligem deutschem Soldaten im Zweiten Weltkrieg Skepsis und Häme entgegen. Die große Würde und die große Stille, mit der Papst Benedikt XVI. zu Fuß durch das ehemalige Konzentrationslager schritt, um dort für die ermordeten Opfer zu beten, werden noch lange im Gedächtnis bleiben. Der Besuch Papst Benedikt XVI. in Jerusalem und Bethlehem und dabei der Besuch Yadvaschems, das Gebet an der Klagemauer, der Besuch des Felsendoms und die Messe an der Geburtskirche in Bethlehem gehören zu den eindrücklichsten apostolischen Reisen während des Pontifikates von Papst Benedikt XVI.

Aus heutiger Sicht muss die Wiederaufnahme der Karfreitagsbitte um die Bekehrung der Juden in die Liturgie des Alten Ritus als ein Zugeständnis an Erzkonservative gelten. Gleichzeitig muss man sagen, dass diese Form sehr selten gebetet wird. Allerdings kam diese Form der Karfreitagsbitte auch in zwei Messen am Gründonnerstag in San Giovanni in Laterano mit Papst Benedikt XVI. vor und wurde von der Gemeinde gebetet. Trotz der Verstimmung um die Aufhebung der Exkommunikation des Holocaust-Leugners Richard Williamson, haben jüdische Glaubensvertreter bei der Dienstniederlegung Papst Benedikt XVI. gesagt, das Verhältnis zur katholischen Kirche sei nie so gut gewesen wie unter Papst Benedikt XVI. Zum Teil ist dies sicher darauf zurückzuführen, dass Papst Pius XII., der in der Nazizeit eine sehr zögerliche Haltung gegenüber dem Hitler-Regime einnahm, und der sich während der Nazizeit nicht öffentlich gegen die Ermordung jüdischer Gläubiger ausgesprochen hat, durch Papst Benedikt XVI. nicht heiliggesprochen wurde. Über diese Heiligsprechung soll erst wieder diskutiert werden, wenn die historischen Quellen, so sie denn nicht bis dahin völlig geschönt wurden, wissenschaftlich zugänglich sind. Während der Dialog mit jüdischen Glaubensvertretern intensiviert wurde unter Papst Benedikt XVI., bewegte sich im Dialog mit der russisch-orthodoxen Kirche kaum etwas. Die selbstüberschätzenden Machtansprüche, die Papst Johannes Paul II. geäußert hatte beim Zusammenbruch des ehemaligen Sowjet-Imperiums mögen hierfür ursächlich sein. Im Dialog mit den protestantischen Kirchen bewegte sich nur wenig mehr, denn es ging über „nette Gesten“ nicht hinaus. Ein Teilnehmer des Gespräches zwischen Papst Benedikt XVI. und führenden Vertreterinnen und Vertretern der EKD sagte, es müsse schon als Meilenstein im Dialog gewertet werden, dass man nebeneinander gestanden sei im Augustiner-Eremitenkloster in Erfurt. Es hätte sicherlich größerer Anstrengungen von protestantischer Seite im Vorfeld des Papstbesuches bedürft, um hieraus eine historische Zäsur werden zu lassen. Und auch die Ansprache einer ehemaligen Theologiestudentin, von der viele annahmen, sie habe einmal als Pfarrerin in der ehemaligen DDR gearbeitet, ließ theologisch keine besonderen Highlights erwarten, auch wenn diese ehemalige Theologiestudentin Katrin Göring-Eckardt nun Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und Präses der EKD-Synode war. Wesentlich symbolträchtiger war das Weltfriedenstreffen in Assisi am 27. Oktober 2011, bei dem sich Papst Benedikt XVI. für die Anwendung von Gewalt im Namen der katholischen Kirche entschuldigte.

2.8. Historische Entschuldigungen im Namen der katholischen Kirche

Papst Benedikt XVI. hat sich in den fast acht Jahren seines Pontifikates für nahezu alles entschuldigt, was die katholische Kirche in ihrer 2000-jährigen Geschichte falsch gemacht hat. Bei den südamerikanischen Ureinwohnern, landläufig auch Indianer genannt, hat er sich für die Konquistadoren entschuldigt. Ebenso hat er sich in Sidney bei den australischen Ureinwohnern entschuldigt dafür, dass ihre Kultur inzwischen durch die westlich-christliche Zivilisation völlig überwuchert wurde. Auch bei den indigenen afrikanischen Völkern hat er sich für die Kolonialzeit und ihre Folgen entschuldigt.

Papst Benedikt XVI. hat sich im Namen der katholischen Kirche in Ausschwitz und in Yadvaschem für die Vernichtung der jüdischen Gläubigen während der Nazizeit entschuldigt. Für die Missverständnisse, die im Zusammenhang mit der Aufhebung der Exkommunikation der Pius-Brüder aufgetreten sind, hat er sich entschuldigt. Er hat sich bei den Protestanten in Erfurt für die Missachtung des reformatorischen Impulses, der bereits im 16. Jahrhundert zu einer Veränderung der katholischen Kirche führen hätte können, entschuldigt. Er hat sich bei den Muslimen für die Missverständnisse bezüglich seiner Regensburger Rede entschuldigt.

Er hat sich bei den Missbrauchsopfern bereits am Karfreitag 2010 entschuldigt und diese Enschuldigung vor allen auf dem Petersplatz anwesenden Priestern am Ende des Priesterjahres wiederholt.

Mit hoher Sensibilität ging Papst Benedikt XVI. an allen Orten auf der Erde auf die groben Verletzungen ein, die Mitglieder der katholischen Kirche selbstständig oder im Namen der katholischen Kirchenhierarchie begangen haben. Diese Entschuldigungen wurden jeweils bei Live-Übetrtragungen in alle Welt gesendet, nur dass den Journalistinnen und Journalisten das feine Gehör fehlte, um diese Entschuldigungen aufzunehmen und als Meldung in den Medien weiter zu geben. Mit seiner demütigen Haltung, die bei ihm aus dem tiefsten Innern seines Herzens kam, hat Papst Benedikt XVI. hierin Maßstäbe gesetzt.

2.9. Ästhetik der Messgewänder

Besonders zu Beginn des Pontifikates von Papst Benedikt XVI. waren die liturgischen Gewänder sehr ansprechend gestaltet. Eine Nonne, die für das Anfertigen von Messgewändern eine ausserordentliche Gabe hatte, entwarf anfangs für jede Messe mit Papst Benedikt XVI. ein eigenes Gewand. Da sie sehr in ihrer Aufgabe aufging, wurden die Geistlichen, die üblicherweise mit der Ausgestaltung von Messfeiern im Vatikan betraut waren, neidisch. Nach wenigen Jahren musste die Nonne ihren Arbeitsplatz wechseln und verließ den Vatikan. Den Wechsel in der Kleidung bemerkten die Journalistinnen und Journalisten und mokierten von da ab den ultra-konservativen Stil der mit Spitzen verzierten Messgewänder etc., ohne sich zu fragen, woher dieser Richtungswechsel kam. Nachdem er sich eingearbeitet hatte, setzte der Päpstliche Zeremonienmeister Guido Marini seine erzkonservative Auffassung bei den Gewändern durch. Er gab sogar öffentlich seine Überlegungen zur erneuten Benutzung der "Sedia gestatoria" bekannt, einem Stuhl, auf den der Papst gesetzt wurde und der von vier Saaldienern bzw. Messgehilfen getragen wurde. Bei den Überlegungen des Päpstlichen Zeremonienmeisters Guido Marini spielte es keine Rolle, dass der amtierende Papst zu diesem Zeitpunkt bereits das 80. Lebensjahr überschritten hatte. Keine Gande und keine körperliche Schonung für einen alt werdenden Papst zeigte der Päpstliche Zeremonienmeister Guido Marini auch bei der Ausgestaltung der Messgewänder für Papst Benedikt XVI. So musste Papst Benedikt XVI. in mehrere Schichten gehüllt bei rund 30 Grad im Schatten in Ghana eine fast dreistündige Messe durchhalten. Auch bezüglich der Länge des Messgewandes für Papst Benedikt XVI. kannte der Päpstliche Zeremonienmeister Guido Marini kein Pardon. Damit der Papst leichter gehen hätte können, hätte man nur eine oder zwei Schichten weniger übereinander häufen müssen und man hätte die Länge kürzen müssen. Doch diese praktische Applikationen verweigerte der Päpstliche Zeremonienmeister Guido Marini. Sein Vorgänger und Namensvetter hatte zu Recht vor ihm gewarnt.

2.10. Konzerte in der Aula Paolo VI. im Vatikan

Eine große Freude war es stets für Papst Benedikt XVI., wenn ein berühmtes Orchester oder wenn berühmte Solisten ein Konzert für ihn in der Aula Paolo VI. im Vatikan gaben. Hierfür reisen zum Teil sogar Pilgergruppen aus Bayern oder aus anderen Ländern an. Während des gesamten Pontifikates pflegte Papst Benedikt XVI. diese musikalischen Highlights und es dürfte für alle vatikanischen Bediensteten und Kurienmitarbeitenden eine große Freude gewesen sein, so hochkarätige Konzerte miterleben zu dürfen. Als Oberhaupt der katholischen Kirche trat Papst Benedikt XVI. damit in die Fussstapfen berühmter Kunstmäzene. Wie Papst Paul VI. die modernen Künste in der Folge des Zweiten Vatikanishen Konzils förderte, so unterstützte Papst Benedikt XVI. weltweit anerkannte Musikerinnen und Musiker. Bei solchen Gelegenheiten lohnten sich die Investitionen in die Kirchenmusik wirklich!

2.11. Hochkarätige Ausstellungen

Kulturelle Highlights waren ebenfalls die im Pontifikat Papst Benedikt XVI. organisierten Ausstellungen. Die Vorbereitungszeiten, die zumeist an ein Jahr hinreichten, spiegelten sich deutlich in der Qualität der Museumspräsentationen und in der Qualität der Exponate wieder. Die Ausstellung "Die vatikanische Bibliothek kennenlernen: Eine Geschichte offen für die Zukunft" sensibilisierte Besucherinnen und Besucher nicht nur für die qualitativ sehr hochwertigen Folianten der vatikanischen Bibliothek, sondern liess sie auch erahnen, wie viel Sorgfalt es bedarf, um die alten Bücher und Pergamente richtig zu konservieren. Zugleich erahnte man, welch hervorragendes historisches und linguistische Wissen es braucht, um die Schriften aus den letzten rund 1500 Jahren entschlüsseln zu können. Der Zugang zu der Ausstellung war nur mit einer Führung möglich, doch die Bilder dieser Ausstellung werden im Gedächtnis haften bleiben, denn sie entführten die Besucherin und den Besucher in eine andere Welt, die sich gleichsam dennoch hinter den Mauern des Vatikans verbirgt.

Ebenfalls in ihrem Wert unschätzbar war die Ausstellung "Lux in Arcana", die auf den Kapitolinischen Hügeln zu sehen war. Erstmals in der Geschichte der "Heiligen Inquisition", die heute "Glaubenskongregation" heißt, erfuhr die Öffentlichkeit überhaupt etwas über die Arbeit der römischen Inquisitoren. Originale Exponate von Martin Luther, Galileo Galilei, von amerikanischen Ureinwohnern, von englischen Königen, vom russischen Zarenhaus, von Hexenverbrennern und von vielen anderen, die im Laufe der Jahrhunderte mit den Päpsten in Verbindung getreten waren, waren zu sehen. Jedes Exponat war sorgfältig aufgearbeitet worden, in seinen genauen zeitlichen Horizont gestellt worden, mit einer sachlichen Einordnung versehen worden und war ins Englische und ins Italienische übersetzt worden. Zudem wurde neueste Museumspädagogik genutzt, um den Besucherinnen und Besuchern die Exponate nahe zu bringen. Diese qualitativ einmalige Ausstellung sollte bei Gelegenheit nochmals in Rom zu sehen sein. Der immense Vorbereitungsaufwand sollte nicht nur einmal genutzt werden.

2.12. Transparenz der Gebäude des Vatikans

Noch zu Beginn des Pontifikates Papst Benedikt XVI. war der Vatikan ein Areal hinter verschlossenen Mauern. Kaum ein Außenstehender wußte und konnte wissen, wo sich was innerhalb des Vatikans befand. In den vergangenen fast acht Jahren erschienen mehrere Bücher, die sukzessiv Einblicke hinter die Mauern des Vatikans gewährten. Heute kann man ohne Probleme wissen, wo die Schweizer Gardisten wohnen, wo sich die vatikanische Post befindet, wo Gräber innerhalb des Vatikans liegen etc. Nur, wo die Toiletten in den vatikanischen Museen sind, weiß immer noch niemand.

2.13. Internetpräsenz des Vatikans

Ganz erhebliche Fortschritte hat in den vergangenen Jahren die Internetpräsenz des Vatikans gemacht. Unter Papst Johannes Paul II. wurde das Internet hauptsächlich durch das "Opus Dei" betreut und galt als dessen Domäne. Zu Beginn des Pontifikates von Papst Benedikt XVI. gab es dann erstmals eine Internetpräsenz in mehreren Sprachen (italienisch, französisch, englisch, spanisch, deutsch, anfangs polnisch) zu geben. Die anderen Sprachen außer Italienisch wurden allerdings nicht regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht. Seit etwa zwei bis drei Jahren werden updates jedoch sorgfältiger durchgeführt und man kann sich auf die Informationen auf der Homepage des Vatikans verlassen. Zudem gibt es zu besonderen Gelegenheiten besonders ästhetisch ausgestaltete Seiten. Zudem ist der Papst seit 12. Dezember 2012 auch über Twitter erreichbar.

2.14. Publizistik

Papst Benedikt XVI. hat ein sehr reichhaltiges Angebot an Lektüre während seines Pontifikates aufgebaut. Nicht nur über die päpstlichen Katzen und über die roten Schuhe des Papstes können Kinder etwas nachlesen. Papst Benedikt XVI. hat drei dicke Bände über Jesus Christus während seines Pontifikates geschrieben, dazu drei Enzykliken und mehrere kleine Schriften zur Erbauuung und als Begleitung im Kirchenjahr. Dazu kommen seine Predigten bei Messen und seine Ansprachen zu besonderen Anlässen, beispielsweise vor Intellektuellen in Paris oder vor dem Deutschen Bundestag in Berlin oder vor katholischen Ehrenamtlichen im Freiburger Konzerthaus. Kaum ein Papst in der Geschichte der katholischen Kirche wird so reichhaltig publizistisch tätig gewesen sein wie Papst Benedikt XVI.

In Regensburg hat er ein Institut gegründet, das sein schriftliches Lebenswerk nach und nach edieren wird.

2.15. Inklusion Exkommunizierter

Bereits am 25. September 2005 hatte Papst Benedikt XVI. seinen ehemaligen Kollegen und Mitstreiter bei Zweiten Vatikanischen Konzil Professor Dr.Dr.hc Hans Küng, dem 1979 von Paspt Johannes Paul II. die Lehrerlaubnis entzogen worden war, nach Castel Gandolfo zu einem Gespräch eingeladen. Diese sensible Annäherung an Menschen, die unter Papst Johannes Paul II. rüde aus der Kirche ausgegrenzt und ausgeschlossen wurden, setzte Papst Benedikt XVI. in seinem Pontifikat fort. Die Aufhebung der Exkommunikation der Pius-Brüder hat aus anderen Gründen für erheblichen Unmut gesorgt, dennoch regten sich auch hier einige auf, Papst Benedikt XVI. wolle nur die Erzkonservativen wieder integrieren. Dabei übersieht man, dass Prof. Dr.Dr.hc Hans Küng sicherlich nicht zu den Erzkonservativen zu rechnen ist. Es schien, als wolle Papst Benedikt XVI. mit diesen Gesprächen Zeichen setzen, die darauf aufmerksam machen sollen, dass er als Präfekt der Glaubenskongregation nicht oder nicht nur nach seinem eigenen Wissen und Gewissen ausgegrenzt hat, sondern dass er weisungsgebunden an Papst Johannes Paul II. aktiv geworden ist und auf dessen Anordnungen hin exkommuniziert hat.

2.16. Umgang mit Missbrauchsfällen

Bereits bevor zu Beginn des Jahres 2010 die Missbrauchsfälle in Deutschland für Aufregung sorgten, gab es vor allen in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Irland öffentliche Diskussionen über den Umgang mit dem Missbrauch, den Priester, Ordensleute und kirchliche Angestellte an Kindern und Jugendlichen begangen haben. Die Kirche in den Vereinigten Staaten von Amerika mußte Millionen Dollar Entschädigungen zahlen, zu denen sie von den US-amerikanischen Gerichten verurteilt wurden. Dennoch konnte er am 31. Januar 2013 der Kardinal von Los Angeles Roger Kardinal Mahony von seinem Dienst suspendiert werden. Am 25. Februar 2013 nahm Papst Benedikt XVI. das Rücktrittsgesuch des Engländeres Keith Kardinal O'Briens an. Wie viele Kardinäle und Bischöfe sich immer noch weigern, die dienstlichen Konsequenzen aus ihren sexuellen Vergehen an Kindern und Jugendlichen zu ziehen, ist bislang nicht bekannt. Die weltweite Aufklärung von Missbrauchsfällen ist in der katholischen Kirche immer noch im Gang

Bereits als Präfekt der Glaubenskongregation war Joseph Kardinal Ratzinger mit der Meldung von Missbrauchsfällen befaßt. Dennoch kam es unter Papst Johannes Paul II. zu keiner einzigen Aufarbeitung eines Missbrauchsfalles in irgendeinem Land. Joseph Kardinal Ratzinger hätte sicherlich gerne schon früher gegen den Missbrauch durchgegriffen, aber wie er in der Exkommunikation theologischer Abweichler weisungsgebunden war, so war er in dem Schweigen über Kinderschänder ebenfalls an die Weisungen Papst Johannes Paul II. gebunden. Erst, als er selbst Papst war, konnte er diese schwierige Aufarbeitung sukzessive und Schritt für Schritt angehen. Bisher ist nicht bekannt, dass Papst Benedikt XVI. einen Kinderschänder geschont oder gedeckt hätte. Man kann ihm bei der Aufklärung von Missbrauchsfällen eine absolute Durchsetzungskraft zutrauen.

2.17. Priesternachwuchs

Eng mit der Thematik des verdeckten Kindesmissbrauchs ist die Frage des Priesternachwuchses verbunden. In den vergangenen Jahrzehnten war verdeckt bekannt, dass es Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche gibt, die unter dem Mantel des Schweigens gehalten wurde. Stand ein junger Mann vor der Frage, ob er Priester werden will, so konnte es sehr abschreckend wirken, wenn er annehmen musste, in einen Zirkel von Kinderschändern zu kommen. Wer hätte unter solchen Umständen schon Priester werden wollen? Auch die verdeckte Annahme, dass Homosexuelle von der katholischen Kirche gedeckt würden, konnte potenzielle Priesterkandidaten davon abhalten, ein Theologiestudium zu beginnen. Um über die Bedingungen für eine Berufung zum Priester nachzudenken, hat Papst Benedikt XVI. am 16. März 2009 ein "Priesterjahr" angekündigt, das am 19. Juni 2009 begann.

2.18. Vatikanbank unter Druck

Die Unregelmäßigkeiten bei der Vatikanbank, die auch Instituto per le Opere di Religione (IOR), gehen bereits in die 1980er Jahre zurück. Man kann sagen, dass sich die dunklen Machenschaften des IOR durch das gesamte Pontifikat Papst Johannes Paul II. hindurchziehen. Prominentestes Opfer ist der Mailänder Bankier Roberto Calvi gewesen, der am 17. Juni 1982 in London tot aufgefunden wurde. Als gesichert muss gelten, dass das "Opus Dei" während des Pontifikates von Papst Johannes Paul II. hauptsächlich die Finanzgeschäfte des Vatikans in Händen gehalten hat.

Die italienischen Steuerbehörden sind durch das Abhören von Telefonaten dahinter gekommen, dass die Banca UniCredit, zu der die HypoVereinsbank gehört, mit dem IOR zusammenarbeitet und dass der Verdacht der Geldwäsche und der Steuerhinterziehung besteht.(7) Papst Benedikt XVI. hat daraufhin Transparenzregeln erlassen, die allerdings durch Kardinalstaatsskretär Tarciio Kardinal Bertone wieder weggewischt wurden. Zudem hat Papst Benedikt XVI. den Schweizer Bankier Ettore Gotti Tedeschi mit der Aufklärung beauftragt. Zwischen Kardinalstaatssekretär Tarcisio Kardinal Bertone und Ettore Gotti Tedeschi gab es einen heftigen Disput und schließlich wurde Ettore Gotti Tedeschi entlassen. Bereits unter Papst Johannes Paul II. wurde der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner mit der Finanzprüfung im Vatikan beauftragt. Diese Beauftragung besteht bis heute. Zu einer größeren Seriosität im Finanzgebaren des Vatikans scheint diese Beauftragung nicht geführt zu haben. Die Einhaltung korrekten Wirtschaftens in der Vatikanbank ist ein seit fast 30 Jahren bestehendes Problem. Ob es je zu lösen sein wird, muss offen bleiben.

2.19. "Good governance"-Regeln

Ebenso, wie Papst Benedikt XVI. ein Transparenzgebot für die Vatikanbank erlassen hat, hat er auch "good governance"-Regeln für den Vatikan aufgestellt. Diese scheinen nicht nur von der Presse unbeachtet geblieben zu sein, sondern auch vom Kardinalstaatssekretär Tarcisio Kardinal Bertone. Papst Benedikt XVI. hätte den Vatikan in ein modernes Staatsgebilde umfunktioniert. Doch der Gegendruck seines Kardinalstaatssekretärs war größer. Würde sich die Kurie entschließen, diese "good governance"-Regeln Papst Benedikt XVI. anzuerkennen, umzusetzen und durchzuhalten, wäre sicherlich ein gedeihliches Fortsetzen des Pontifikates von Papst Benedikt XVI. ohne Weiteres möglich.

2.20. Kurienreform

Immer wieder ist zu lesen, dass Papst Benedikt XVI. die Kurienreform vernachlässigt habe. Es muss davon ausgegangen werden, dass Papst Benedikt XVI. in den vergangenen fast acht Jahren regelmässige Gespräche mit allen Verantwortlichen in der Kurie geführt hat. Im Gegensatz zu früher werden Anliegen in kürzerer Zeit präzsier beantwortet. Bei manchen Themen hat man sogar den Eindruck, der Vatikan sei seiner Zeit wesentlich voraus, jedenfalls sei er wesentlich schneller als die Bischofskonferenzen und die Kirchen vor Ort. Die Arbeitsmoral ist sehr hoch und das Engagement, etwas bewirken zu wollen, auch. Man kann also nicht mehr davon reden, dass es eine Blockadehaltung gäbe, die sich von Rom aus lähmend auf die Kirchen in den Ländern auswirken würde.

Dennoch ist das Abgrenzungsdenken innerhalb der unteren und mittleren Ebenen im Vatikan sehr ausgeprägt, auch deshalb, weil die Aufstiegsmöglichkeiten in einem so kleinen Umfeld genau geregelt und in ihrem Umfang begrenzt sind. Wo Zusammenarbeit funktioniert, funktioniert sie meist sehr gut, so sie nicht funktioniert, ist auch in hundert Jahren nichts auszurichten.

In den Generalkongregationen wurde sehr deutlich Kritik geübt an der Kurienspitze, der es im Pontifikat Papst Benedikt XVI. nicht gelungen war, die Pannen rechtzeitig zu beheben und das Ausmass der Kritik zu begrenzen.(8) Mehrere hatten in den vergangenen fünf Jahren Papst Benedikt XVI. darauf, die Eignung und die Loyalität Kardinalstaatssekretärs Tarcisio Kardinal Bertones zu überdenken, aber der Papst hielt eisern an seinem Kardinalstaatssekretär fest. Ob dies aus Loyalität, aus Opportunismus oder aus Überzeugung geschah oder ob der Kardinalstaatssekretär den Papst, den er schon zwei Jahrzehnte kennt, unter Druck gesetzt hat, ist nicht bekannt. Es scheint so, als habe Papst Benedikt XVI. sein Schicksal als Papst mit dem Schicksal seines Kardinalstaatssekretärs verknüpft.

2.12. Personalentscheidungen

So mittelprächtig waren Insider von einigen Personalentscheidungen Papst Benedikt XVI. begeistert. Zum einen belohnte Papst Benedikt XVI. langjährige Vertraute und Verbündete. Andererseits konnte er bestimmte Personen nicht in die Ränge bringen, in denen er sie sich gewünscht hätte, weil er Widerstand spürte, den er nicht umgehen konnte oder wollte.

Am Ende seines Pontifikates muss sich Papst Benedikt XVI. vor allem menschlich sehr enttäuscht gefühlt haben. Man muss annehmen, dass ihn seine langjährige Haushälterin Ingrid Stampa, der er noch bis zuletzt vertraute und die er noch im Jahr 2012 den dritten Teil seiner Jesus-Bücher vom Deutschen ins Italienische übersetzen ließ, in der "Vatileaks-Affäre" hintergangen hat und ihm gezielt schaden wollte.(9)

Ob die Entscheidung, den Regensburger Bischof Gerhard-Ludwig Müller nach Rom zu berufen, eine glückliche war, muss bezweifelt werden. Sein Vorgänger, der US-Amerikaner Willaim Joseph Kardinal Levada hatte die Arbeit der Glaubenskongregation im Pontifikat Papst Benedikt XVI. in so stille und ausgeglichene Wasser geführt, dass kaum mehr ein Sturm der Entrüstung aufkam. Es wurde so ruhig um die Glaubenskongregation, dass man fast hätte meinen können, sie hätte die Arbeit eingestellt. Doch Vatikaninsider versicherten, sie würde immer noch arbeiten. Die Personalentscheidung Papst Benedikt XVI. für Kardinal Levada war somit eine äußerst gelungene.

Ob das Festhalten Papst Benedikt XVI. an seinem Kardinalstaatssekretär gerechtfertigt war und ob sich dies durch segensreiches Wirken Tarcisio Kardinal Bertones ausgezahlt hat, muss derzeit noch als eine offene Frage angesehen werden.

Im Großen und Ganzen hatte Papst Benedikt XVI. aber vor allem bei der Berufung von Kardinälen und Bischöfen weltweit, denen er zu nichts verpflichtet war, einen guten Griff. Einzelfälle dürfen hier nicht zu stark bewertet werden. Mit seinen Berufungen hat Papst Benedikt XVI. vor allem die afrikanischen Kirchen sehr gefördert, gestärkt und in die katholische Weltkirche integriert. In Südamerika hat er neue Wege jenseits der alten Dichotomie Befreiungstheologie - Erzkonservativismus beschritten. 

2.13. Vatikanische Sicherheitsbehörden

Eine große Herausforderung für eine Evaluierung stellt die vatikanische Gendarmerie dar. Sie ist mehrfach auf völlig Unbewaffnete losgegangen und hat zahlreichen Menschen gesundheitliche Schäden zugefügt, die oft nach Jahren noch nicht wieder geheilt sind.(10) Die Anwendungen erinnerten an Foltermethoden, wie sie in südamerikanischen Militärdiktaturen üblich sind. Die Maltraitierungen wurden so präzise und mit soviel physiologischem Detailwissen ausgeführt, dass man davon ausgehen muss, dass sie nicht spontan geschahen, sondern dass sie, weil sie so präzise sassen, eingeübt wurden. Zudem zeigten sich bestimmte Folgen erst zeitverzögert, was einen akuten Nachweis der Folteranwendungen erschwerte. Die europäischen Menschenrechtskonventionen wurden dabei stark überschritten, was aber niemand störte, denn der Vatikan hat ihre Einhaltung nie unterschrieben.

Besonders Frauen und Kinder zählen zu ihren Opfern. Doch sogar Papst Benedikt XVI. wurde nicht immer pfleglich behandelt. Man kann davon sprechen, dass die vatikanische Gendarmerie ein Eigenleben im Vatikanstaat führt, bei dem sie von niemand wirklich kontrolliert wird.

Im Zuge der "Vatileaks-Affäre" wurde auch bekannt, dass die vatikanische Gendarmerie Handys von Kardinälen und Bischöfen abgehört hat und dass sie Mails gelesen hat. Nun ist im Zusammenhang mit den Generalkongregationen wieder die Rede davon, dass Handys abgehört worden sein könnten von der vatikanischen Gendarmerie. Es stellt sich die Frage, wer hier einen Personenschutz oder einen Schutz der Privatsphäre aufstellen kann und wer für deren Einhaltung zuständig sein könnte und wer mit welcher Machtbefugnis gegen Zuwiderhandlungen vorgehen könnte.

Fazit

In 13 Puntken wurde gezeigt, dass Papst em. Benedikt XVI. das Anforderungsprofil für einen anderen Papst sehr hoch gehängt hat. Niemand will mehr nach diesen acht Jahren Pontifikat zurück zum Pontifikat Papst Johannes Paul II., dessen Altlasten immer noch nicht aufgearbeitet worden sind. In puncto Würde, Disziplin, Durchsetzungsfähigkeit, Geradlinigkeit, Unbeugsamkeit, Konsequenz, Pflichtbewusstsein, Leistungsbereitschaft, Aufklärungswillen, Transparenz, Versöhnungsbereitschaft, Demut, Sanftmut, Geduld und Intelligenz hat Papst em. Benedikt XVI. Maßstäbe gesetzt. Einem Nachfolger wird es sehr schwer fallen, sich an diesen hohen Anforderungen messen lassen zu müssen. Insofern wäre es eine Überlegung Wert, dass Papst em. Benedikt XVI. seinen Dienst wieder aufnimmt und sein Pontifikat weiterführt, denn noch ist er der beste Papst, den wir haben. 


Elke Göß

 
(1) vgl. „Sind die Pläne eines Papstmordes Fiktion oder Wirklichkeit?“ in Archiv    
(2) vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Dar%C3%ADo_Castrill%C3%B3n_Hoyos, 08.03.2013
(3) vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Juli%C3%A1n_Herranz, 08.03.2013
(4) vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Alfonso_L%C3%B3pez_Trujillo, 08.03.2013
(5) vgl. „Sind die Pläne eines Papstmordes Fiktion oder Wirklichkeit?“ in Archiv 2
(6) vgl. „Wurde der angekündigte Rücktritt Papst Benedikt XVI. durch einen Putsch verursacht und welche Möglichkeiten des Protestes gegen das Eintreten dieses Rücktrittes am 28. Februar 2013 gibt es?“ unter „News und Events 1“ und „Chancen, Probleme und Lösungen für eine Rückkehr Papst em. Benedikt XVI. in den aktiven Dienst“ unter „News und Events 3"
(7) vgl. "Welche Auswirkungen hat die Entlassung des Vatikanbankchefs Ettore Gotti Tedeschi auf deutsche Bankkundinnen und Bankkunden und auf die internationale Finanzwelt?" in Archiv 2
(8) vgl. http://www.n24.de/news/newsitem_8656088.html, 09.03.2013

(9) vgl. "Chancen, Probleme und Lösungen für eine Rückkehr Papst em. Benedikt XVI. in den aktiven Dienst" unter "News und Events 3"
(10) vgl. "Chancen, Probleme und Lösungen für eine Rückkehr Papst em. Benedikt XVI. in den aktiven Dienst" unter "News und Events 3"


9. März 2013


Themenagenda für eine Dienstwiederaufnahme durch Papst em. Benedikt XVI.


Einleitung

Papst Benedikt XVI. hat vor allem durch seine sehr korrekte Amtsführung und durch seine persönlichen Stärken in seinem Pontifikat segensreich gewirkt.(1) Intellektuell und spirituell hat er Maßstäbe gesetzt, die durch jeden der möglichen Nachfolger nur schwer zu erreichen sein werden. In einem Sonderheft "Benedikt XVI." der Bayard Mediengruppe Deutschland heißt es unter der Überschrift "Der Theologe auf dem Papstthron": "Man kam, um Johannes Paul II. zu sehen. Jetzt kommt man, um Benedikt XVI. zu hören."(2)
Am 11. Februar 2013 hatte Papst Benedikt XVI. angekündigt, sein Amt aus gesundehtlichen Gründen und aufgrund seines Alters niederlegen zu wollen. Dass die Medien daraus einen Rücktritt kreierten, war eine unkorrekte Darstellung. Wie in den letzten Tagen deutlich wurde, haben die deutschen Medien Papst Benedikt XVI. nur ganz oberflächlich und nur in einer geschönten Hochglanzperspektive der deutschen Öffentlichkeit gezeigt. Die tieferen Inhalte schienen den Journalistinnen und Journalisten zu schwer, um sie durch die Medien zu transferieren. Letztlich wurden nur alte Klischees und jahrzehnte gehegte Vorurteile an den Mann und an die Frau gebracht. Dass dies auch ganz anders geht, haben zeitgleich die italienischen Medien gezeigt, die immer so sehr für ihre angebliche Berlusconi-Abhängigkeit gescholten werden in Deutschland. In verschiedenen italienischen Zeitungen und auf verschiedenen italienischen Fernsehkanälen bekam man stets eine genauere und zutreffendere Information über alles rund um Papst Benedikt XVI. wie in Deutschland. Zeitenweise war es sogar so, dass man nach Italien reisen musste, um korrekte Informationen überhaupt zu erhalten.  Doch nicht nur die einfache Informationsweitergabe hackte erheblich in den deutschen Medien. Bis zum Schluss wurde kaum eigenständig von den deutschen Medien recherchiert. Wenn "heiße" Eisen aufgegriffen wurden, dann wurde ein italienischer "Fachmann" zitiert, der meist auch nur Journalist bei einer italienischen Tageszeitung war. Warum italienische Journalisten Hintergründe rechcherieren konnten, deutsche Journalisten aber alle nicht, kann man kaum sachlich erklären. Es muss wohl mit bestimmten persönlichen Schwächen wie Arbeitsunlust etc. zusammenhängen. Dass sich nun die gleichen Medienvertreter noch vor dem Konklave anbiedern, die "nächste Sau durch's Dorf zu treiben", verheißt nur, dass sie in dem Stil fortzufahren gedenken, den sie nun acht Jahre gepflegt haben und aus dessen Lethargie sie niemand herausgeholt hat.
Dass man von den Herausforderungen, die das Pontifikat Papst Benedikt XVI. geprägt haben, wenig mitbekommen hat, paßt dazu, dass sich die deutschen Medien gleich nach der angekündigten Dienstniederlegun darüber ausbreiteten, ob denn vielleicht ein Afrikaner oder ein Philippine oder ein Südamerikaner der nächste Papst werden wird. Dabei ist die Hautfarbe das Nebensächlichste und Belangloseste, was man sich in diesem Zusammenhang vorstellen kann. Kennt man sich in Rom aus, so hört man, dass der ghanaanesische Kardinal Turkson in Verdacht steht, schmiergeldabhängig zu arbeiten. Zudem gibt es in der Glaubenskongregation noch einen anderen Mitarbeiter aus einem afrikanischen Land, der beste Zeugnisse und einen sehr guten Leumund hat. Nur ist er noch etwas zu jung. Wer sich nicht bis in die mittleren Ränge hinein beim katholischen Führungspersonal auskennt, sollte am Besten gar keinen Namen nennen. Aber um Säue durch's Dorf zu treiben, braucht man nicht viele Kenntnisse. Wissen könnte man, dass der kanandische Kardinal Ouellet Mitglied der "Legionäre Christi" ist.(3) Dass der erst am 21. Oktober 2011 zum Kardinal ernannte Luis Antonio Gokim Kardinal Tagle mit 55 Jahren Papst werden könnte, ist ebenfalls höchst unwahrscheinlich. Kardinal Tagle hatte sich während des Konsistoriums in Tränen aufgelöst. Dies würde ein sehr emotionales Pontifikat werden, wenn der Papst bei jeder Gelegenheit in Tränen oder in Lachen ausbrechen würde. Dieses Beispiele zeigen, dass es ganz andere Themen sein müssen, die die Beratungen vor dem nächsten Konklave dominieren. Nur nach der Hautfarbe oder nach dem Kontinent zu gehen, aus dem ein neuer Papst kommen könnte, ist das Unbedeutendste, was bei der Vorbereitung eines Konklaves eine Rolle spielen kann.

1. Themen des "Opus Dei"

In der vergangenen Woche haben täglich Pressekonferenzen für Journalistinnen und Journalisten stattgefunden. Der Pressesprecher Pater Federico Lombadri hat die Themen bekannt gegeben, mit denen sich die Kardinäle in den Generalkongregationen beschäftigt haben. Hier genau zuzuhören und diese Informationen zu verwerten, scheint ebenfalls zu schwierig für Journalistinnen und Journalisten. Vielleicht ist ihnen der Blick verstellt dadurch, dass sie selbsternannten Pressegurus wie Marco Politi folgen, dem es in den vergangenen Jahren gelungen zu sein scheint, die Deutungshoheit des vatikanischen Pressedienstes herabzuwürdigen und sich selbst als Fachinterpreten anzupreisen. Nur so ist es erklärlich, dass Daniel Deckers und Jörg Bremer von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" die Äußerungen Pater Federico Lombardis "diplomatisch verschwurbelt"(4) nennen und stattdessen als Gegensatz eine Interpretation aufbauen, die fantastisch in der Luft schwebt. Solche Entziehung der Deutungshoheit gefällt Journalisten wie Marco Politi. Dass man dabei auf keinen grünen Zweig kommt, verwundert nicht.
Pater Federico Lombardi hat diese Woche die Themen Kirchen vor Ort, das Anforderungsprofil für einen Papst, Bioethik, interreligiöser Dialog, Frauen in der Kirche und soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit genannt. Vor allem die Themen Bioethik und Frauen in der Kirche, die so ungewöhnlich modern klingen, sind durch die traditionalistischen Gruppierungen in der katholischen Kirche besetzt.(5) Insbesondere innerhalb des "Opus Dei" sind die "pro-life"-Gruppen stark vertreten.(6) Auch bei dem Thema "interreligiöser Dialog" muss man keine progressiven Sprünge der katholischen Kirche erwarten. Zuvorderst geht es dabei um das Verhältnis der katholischen Kirche zum Isalm, der im Pontifikat Papst Benedikt XVI. als eine der größten Bedrohungen nach 9/11 galt. Die "Ökumene" wurde von Pater Federico Lombardi nicht genannt. Die Thematik der sozialen und wirtschaftlichen Gerechtigkeit könnte darauf verweisen, dass ein südamerikanischer Kardinal auf den vorderen Plätzen des Rennens liegt. Dass dieser südamerikanische Kardinal Mitglied des "Opus Dei" ist, versteht sich. Seit Papst Johannes Paul II. das "Opus Dei" massivst unterstützt hat, ist kaum mehr eine Papstwahl denkbar, die ohne Beteiligung oder zumindest ohne Billigung des "Opus Dei" ablaufen könnte. Dass man während des Pontifikates für eine Unterstützung durch das "Opus Dei" bei der Wahl zahlt, hat Papst Benedikt XVI. in allen Krisen seines Pontifikates deutlich zu spüren bekommen.(7)

2. Aktuelle Krisenentschärfung

2.1. Die Folgen von "Vatileaks"
2.1.1. Keine Vertrauenskrise zwischen den Kardinälen und Papst em. Benedikt XVI.

Dadurch, dass die vatikanische Gendarmerie aus der Wohnung Paolo Gabrieles 82 Kisten mit Originaldokumenten und Kopien sicher gestellt hat, wurde das Vertrauen in die Verschwiegenheit rund um das "Papal apartment" schwer gestört. Dennoch lassen sich diese Folgen schnell und leicht eingrenzen.
Offen ist bisher immer noch, wie es sein kann, dass bei einer so hohen Überwachungsdichte durch die vatikanische Gendarmerie und durch die Schweizer Garde über Jahre hinweg nicht aufgefallen sein soll, wer Dokumente und Originalpapiere aus den Räumen des Papstes entwendet hat. Nicht nur die Frage, ob  brisante Inhalte an die Öffentlichkeit gelangt sind, ist hier von Belang. Von viel größerem Interesse ist, wer Papst Benedikt XVI. so sehr hintergangen hat. Zwei Personen als Einzeltäter sind kaum vorstellbar. Diese Personalfragen müssen dringend gelöst werden. Zudem muss in Bezug auf die "Vatileaks-Affäre" die vatikanische Sicherheit auf den Prüfstand.
Wie Papst Benedikt XVI. bereits vor dem Erscheinen des Buches von Gianluigi Nuzzi "Sua Santità" in einer Generalaudienz betont hat, wird der Vatikan davon Abstand nehmen, bestimmte Papiere als original oder nicht zu bestätigen. Es wird nie jemand gelingen, wissenschaftlich valide nachzuweisen, welche Papiere im Original oder in Kopie aus dem "Papal apartment" stammen und welche nicht. Insofern bräuchte man keinen Gedanken daran verlieren, ob nun ein Brief, den man Papst Benedikt XVI. persönlich geschrieben hat, an die Öffentlichkeit gelangt ist oder nicht. Niemand wird 82 Kisten daraufhin überprüfen, was Fälschung und was Original ist. Deshalb kann das Vertrauensverhältnis der Kardinäle und Bischöfe zu Papst em. Benedikt XVI. nicht gestört sein und nichts deutet darauf hin, dass es hier Interferenzen gibt. Erst am 4. März 2013 hat die Generalkongregation auf Anregung des Dekans des Kardinalskollegiums Angelo Kardinal Sodanos hin Papst em. Benedikt XVI. ein Grußtelegramm geschickt, indem sich die Kardinäle bei ihm bedankt haben. Die Entscheidung für das Grußtelegramm erfolgte bei den Kardinälen einstimmig.(8) Von einem Misstrauen der Kardinäle gegenüber Papst em. Benedikt XVI. in der sogenannten "Vatileaks-Affäre" kann somit keine Rede sein.

2.1.2. Ermittlung weiterer Täter in der sogenannten "Vatileaks-Affäre"

Es dürfte keine Schwierigkeit bereiten, mittels neuester Techniken zu überprüfen, wer noch seine Hände an den Dokumenten und an den Gegenständen hatte, die die vatikanische Gendarmerie beschlagnahmt hat. Beispielsweise durch Gentests könnten Fingerspuren an dem Goldnugget sichergestellt werden, der in einem Schuhkarton bei Paolo Gabriele gefunden wurde. Vielleicht ließe sich dann eine Beteiligung der ehemaligen Haushälterin des Papstes Ingrid Stampa nachweisen. In anderen Ländern würde man hierfür eine Strafverfahren wegen Hochverrates zu erwarten haben. Auch im deutschen Strafrecht gibt es hierzu einschlägige Paragraphen. Eine juristische Aufklärung sollte man nicht umgehen und man sollte Hochverrat nicht mit dem Mäntelchen der christlichen Vergebung zudecken.

2.1.3. Umgang mit den Dokumenten aus der sogenannten "Vatileaks-Affäre"

Wenn man mit der Ermittlung der Anstifter der sogenannten "Vatileaks-Affäre" zu Ende gekommen ist und keine Spuren an den entwendeten Dokumenten mehr sicher muss, sollte man sich an die Arbeit begeben und Originale, die beispielsweise Stempel tragen etc., von Kopien und Fälschungen trennen. Die Originale sollte man wieder dort einordnen, wo sie hingehören. Mit den Kopien und Fälschungen sollte man ein großes Osterfeuer anzünden, zu dem alle aus dem Vatikan eingeladen werden. Ende der Diskussion - Ende der sogenannten "Vatileaks-Affäre"!

2.2. Unumgängliche Personalentscheidungen

Einige Personalentscheidungen werden unumgänglich sein. So sollte die Rolle des Kardinalstaatssekretärs Tarcisio Kardinal Bertones äußerst kritisch gewürdigt werden und aufgearbeitet werden. Zudem sollte der engste Kreis der vatikanischen Gendarmerie um den Papst, die Köchinnen und die ehemalige Haushälterin Ingrid Stampa kritisch evaluiert werden. Auch hier wird man um eine grundsätzliche Neubesetzung kaum herum kommen.
Offensichtlich völlig korrekt hat sich der Privatsekretär des Papstes Dr.Dr.hc Georg Gänswein verhalten, weshalb ihn Papst Benedikt XVI. am 6. Januar 2013 zum Erzbischof erhoben hat und zum Präfekten des Päpstlichen Hauses ernannt hat. Es ist durchaus vorstellbar, dass Erzbischof Dr.Dr.hc Georg Gänswein aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen für das Amt des Kardinalstaatssekretärs geeignet wäre. Auch der ehemalige Privatsekretär Bischof Joseph Clemens ist einer der engsten Vertrauten des Papstes, der sein volles Vertrauen besitzt. Daneben gibt es zahlreiche Mitarbeiter, die völlig unbelastet durch die sogenannte "Vatileaks-Affäre" sind und die konstruktiv und erfolgreich mitgearbeitet haben.

2.3. Solidaritätsbekundungen statt Abschiedsrunden

Nach der Ankündigung Papst Benedikt XVI. am 11. Februar 2013, seinen Dienst niederlegen zu wollen, erreichte Papst Benedikt XVI. eine überwältigende Welle der Sympathie, der Zustimmung und des Mitgefühls. Diese Solidaritätsbekundungen für Papst Benedikt XVI. haben erstmals offensichtlich gezeigt, wie beliebt der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation tatsächlich als Papst ist. Vielen katholischen Gläubigen und Gläubigen aus anderen Konfessionen und Religionen wurde erst jetzt die historische Chance bewußt, die dieser Papst darstellt. Seine hohen intellektuellen Fähigkeiten faszinieren Gelehrte und einfacher Gebildete gleichermaßen. Vor allem schätzen ihn viele Gläubige als sehr vertrauenswürdig und treu ein. Dies sind Charaktereigenschaften, die heutzutage im Zeitalter des weltweiten Kommerzes und der zunehmenden Internetkommunikation, die vor allem von politischen Vertreterinnen und Vertretern als die einzigen Zukunftsmodelle favorisiert werden, fast rar werden.
Mit dieser Dienstniederlegung Papst Benedikt XVI. und mit den tagelangen, sich hinziehenden Generalkongregationen wurde die Krise, in er sich die katholische Kirche tatsächlich befindet, und die Herausforderungen, denen sich die katholische Kirche in aller nächster Zeit stellen muss, auch für eine breite internationale Öffenlichkeit unübersehbar. Die derzeit in der katholischen Kirche Verantwortlichen werden nicht darum herumkommen, diese Krisenhaftigkeit zu kommunizieren und auf die ungelösten Fragen hinzuweisen, die sich mit der Dienstniederlegung Papst Benedikt XVI. erst in aller Schärfe gestellt haben. Nach Tagen der Beratungen im Vatikan würde die internationale katholische Öffentlichkeit sicher Verständnis dafür haben, wenn man eine Zäsur in die Probleme bringen würde in der Form, dass man Personalentscheidungen neu trifft, eine neue "Mannschaft" an eingearbeiteten Personen aufstellt und wenn man auf die bisherige Kompetenz unter Papst em. Benedikt XVI. zurückgreift, um zu schnelleren Lösungen der Probleme zu kommen und um gezielter und rascher auf ein Konzil zugehen zu können, auf dem die angeschnittenen Themenbereiche dann ausführlich mit Vertretern aus allen Regionen und Ländern der katholischen Weltkirche behandelt werden können. Man müsste sich keine Gedanken darüber machen, dass es eine kleine Zahl von Abschiedsveranstaltungen mit Papst Benedikt XVI. gegeben hat, denn auf diesen Veranstaltungen hat sich erst richtig die Solidarität gezeigt, die Papst Benedikt XVI. bei Gläubigen aus allen Ländern besitzt. Sicherlich kommen die Gläubigen sehr gerne nochmals, sollte Papst em. Benedikt XVI. sich nun entschließen, seinen Dienst wieder aufzunehmen und fortzusetzen, um ihn ein zweites Mal zu verabschieden.  

3. Themenagenda zu Beginn des Jahres 2013

Mindestens zwanzig Themenbereiche lassen sich zu Beginn des Jahres 2013 nennen, die auf einer päpstlichen "To do"-Liste stehen. Sie wurden zum Teil in den Generalkongregationen angesprochen, ohne ausführlich diskutiert worden zu sein. Da diese Themen zumeist viel zu umfangreich sind für eine Besprechung in wenigen Stunden, sollte man dem Plan Papst Benedikt XVI. folgen und alsbald auf ein Konzil zugehen. Papst Benedikt XVI. wäre es gelungen, ein Konzil für das Jahr 2014 anzukündigen. In den vergangenen Jahren gab es aus dem Bertone- und aus dem Politi-Lager Stimmen, die meinten, ein deutscher Papst bekomme kein Konzil. Dafür wolle man einen Italiener. Diese Ruhm wollte man Papst Benedikt XVI. nicht gönnen. Aus den Erörterungen der letzten Tage dürfte hervorgegangen sein, dass die Problematiken einer so genauen Detailkenntnis bedürfen, dass es Jahres dauern wird, bis sich ein neuer Papst eingearbeitet hat, besonders, wenn er bisher nicht in der Kurie tätig war. Sollte ein neuer Papst derzeit noch als Erzbischof in einem Land tätig sein, so wird er sich in Rom erst einmal eine Hausmacht erarbeiten müssen, es wird ein riesiger Berg von Themen in Rom auf ihn zukommen, der durch Arbeit gewältigt werden will, dabei kann man dann nicht dauernd auf Reisen gehen. Zudem wird eine hohe Kunst des Austarrierens der "movimenti" gefragt sein, die man in ihren Führungskadern bereits kennen muss, um sie richtig einschätzen zu können. Daneben sind die Missbrauchsfälle in den Ländern immer noch nicht zur Gänze aufgearbeitet. Schließlich sollte die katholische Kirche sich dringend der Frage des Priesternachwuchses stellen, um Amtskirche bleiben zu können und um nicht in die "movimentis" zu zerfallen und auf Laienniveau abzusinken.
Im Folgenden werden zwanzig Themenbereiche kurz dargestellt, die derzeit auf der Themenagenda eines Papstes stehen. Alle zwanzig Themenbereiche habe eine breitere Ausführung verdient, können hier jedoch nur knapp angeschnitten werden.
1) Reform des vatikanischen Justizsystems
2) Reform und Kontrolle der vatikanischen Gendarmerie
3) Angemessene und angepasste Sicherheitsmassnahmen
4) Vorbereitung und Ankündigung eines Konzils für das Jahr 2014
5) Kontrolle der "movimenti", öffentlich zugängliche Informationen über die "movimenti", Rechenschaft der "movimenti" gegenüber der Kurie, Machtausgleich zwischen den "movimenti", Verortung der "movimenti" in der katholischen Weltkirche und in den Kirchen vor Ort
6) Gezielte Planung und Durchführung der Apostolischen Reisen
7) Bestimmung des Verhältnisses Ortskirchen - Weltkirche - Rom
8) Förderung von Frauen in der katholischen Kirche
9) Bildung der katholischen Laien in den zivilisierten Ländern
10) Frage der Zulassung von Frauen, die katholische Theologie studiert haben, zum Priesteramt
11) Frage des Umgangs mit dem Zölibat
12) Fragen des Umgangs mit der eigenen Sexualität und Frage des Umgangs mit Homosexualität
13) Aufklärung aller Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche
14) Religion vor Kommerz
15) "Saubere" Geldgeschäfte: a) Steuerhinterziehung, b) Korruption, c) Schmiergelder
16) Wissenschaft und Forschung
17) Transparenz in allen katholischen Angelegenheiten
18) Mitbestimmung durch die Länder und Ortskirchen bei den Vorschägen für Bischofsernennungen
19) Förderung der Pressearbeit über katholische Themen
20) Einheit a) innerhalb der katholischen Kirche, b) durch ökumenische Beziehungen zu orthodoxen Kirchen und zu protestantischen Kirchen, c) als Thema interreligiöser Beziehungen

Würde man erneut auf Papst em. Benedikt XVI. zugehen und ihn bitten, seinen Dienst wieder aufzunehmen oder würden ihn die Kardinäle mit einer Zweidrittel-Mehrheit wieder wählen, könnte man wesentlich schneller und effizienter auf eine katholische Zukunft in der Weltkirche zugehen, da es dann möglich wäre, neue Impulse bei einem im Jahr 2014 stattfindenden Konzil zu setzen. Das Jahr 2013 würde man für die Vorbereitungen brauchen, weshalb höchstens eine Apostolische Reise durchgeführt werden könnte. Zudem könnte das Jahr 2013 dazu dienen, der Gesundheit und den Altersbeschwerden von Papst em. Benedikt XVI. durch Gymnastik, Wellness-Anwendungen, Entspannungszeiten und eventeuellen Operationen aufzuhelfen. Nach einem Konzil und nach einer entsprechenden Klärung der derzeit nur vorschnell gelösten kanonischen Fragen bezüglich der Dienstniederlegung bzw. des Rücktritts eines Papstes könnte man dann nochmals über eine Dienstniederlegung oder vielleicht dann sogar über einen Ruhestand für Papst Benedikt XVI. nachdenken. Dies könnte schon in drei bis vier Jahren der Fall sein. Sollte Papst Benedikt XVI. vorzeitig versterben, würde das anvisierte Konzil dennoch in die Bahnen geleitet oder teilweise durchgeführt sein. Man hätte alle Ressourcen zeitnah und energiesparend genutzt und wäre der Zukunft der katholischen Kirche mit ihren Herausforderungen in schnellen Schritten entgegen gekommen.
 
4. Gesundheitliche Hilfe für Papst em. Benedikt XVI. und Prävention vor Altersbeschwerden

Papst Benedikt XVI. hat seine Dienstniederlegung mit zunehmenden gesundhetlichen Schwächen aufgrund seines Alters begründet. Auf neutrale Beobachterinnen und Beobachter wirkt Papst em. Benedikt XVI. verhältnismäßg fit für sein Alter von bald 86 Jahren. Einige Erleichterungen wären denkbar, die durchaus kurzfristig angebahnt werden könnten. So sollten tägliche Gymnastikübungen möglich sein. Die Urlaubszeiten sollten mindestens zweimal im Jahr eingeplant werden udn auch vollständig eingehalten werden. Eineinhalb Tage Ruhe in einer Woche sind kein Luxus. Das Essen sollte vitaminreich und ballaststroffreich sein und die körperlichen Kräfte stärken helfen. Zusätzliche Wellnessangebote würden der Entspannung und Regeneration dienen. Täglich sollten mehr als sieben Stunden Schlaf selbstverständlich sein, damit sich der Körper regenerieren kann. Dass jegliche Körperverletzungen und Schädigungen aller Art zu unterlassen sind, versteht sich von selbst.

Fazit

Die Herausforderungen, vor denen die katholische Kirche steht, sind so umfangreich, dass es nicht zu erwarten ist, dass einer der inzwischen 40 ausersehenen Kandidaten für ein Konklave alle Eignungen mitbringt, um diese Anforderungen bewältigen zu können. Zudem sind die Machtkämpfe in der Kurie so ausgeprägt und festgefahren, dass es erst einmal einer konstruktiven Krisenbewältigung bedürfte, die vor allem bei den Personalbesetzungen neue Akzente setzt, um in absehbarer Zeit neue Impulse und Weichenstellungen in der katholischen Kirche durchführen zu können. Die zwanzig ausstehenden Themenbereiche aus der Agenda zeigen, dass diese Themen nicht geeignet sind, um durch hehre Einzelentscheidungen eines Papstes gelöst zu werden. Sie bedürfen der Besprechungen  auf allen Ebenen, wofür ein Konzil den geeignetsten Rahmen abgeben würde. Würde man nun einen neuen Papst wählen, wäre frühestens in 10 bis 15 Jahren mit einem Konzil zu rechnen, da dieser neue Papst erst einmal eine Hausmacht gewinnen müßte und da er erst einmal einige Machtkämpfe siegreich bestehen müsste. Dass der Sieg bei vatikaninternen Machtkämpfen nicht leicht zu erringen ist und da einem Machtkampf innerhalb weniger Monate der nächste Machtkampf folgt, hat das Pontifikat Papst Benedikt XVI. gezeigt. Was auf dem Spiel steht, ist die Einheit der katholischen Weltkirche, die nicht mit einzelnen Worten eines Papstes aufrecht zu erhalten oder gar wieder herzustellen ist. Die anstehenden Themen werden aber die katholische Weltkirche weiter auseinandertreiben, vor allem dann, wenn sie nicht bald zeitnah und für die katholischen Gläubigen nachvollziehbar bearbeitet werden. Es ist somit durchaus möglich, dass diese durch Hochverrat erzwungene Dienstniederlegung durch Papst Benedikt XVI., dessen körperliche Altersbeschwerden ohne Mühen erleichtert hätten werden können, eine dauerhafte Verunsicherung in der katholischen Weltkirche nach sich zieht, die in Kombination mit den zahlreichen bislang nicht vollständig bearbeiteten, offenen Themenbereichen zu einer solchen Vertrauenskrise in die katholische Kirchenleitung führt, dass die katholische Weltkirche daran auseinander brechen könnte. Eine effiziente, schnelle, konstruktive, aber auch radikale Krisenbewältigung wäre angesagt und rasche Schritte auf ein Konzil wären die beste Lösung für ausstehende Kommunikationsprobleme. Die Chancen, die das Pontifikat Papst Benedilkt XVI. in historischer Perspektive und in inhaltlicher Perspektive geboten haben, sind noch lange nicht alle ausgeschöpft und man sollte sie nutzen, so lange man nur kann.

Elke Göß

(1) vgl. "Wer die Nachfolge Papst em. Benedikt XVI. antreten will, muss sich hohen Anforderungen stellen – Würde, Disziplin, Durchsetzungsfähigkeit, Geradlinigkeit, Unbeugsamkeit, Konsequenz, Pflichtbewusstsein, Leistungsbereitschaft, Aufklärungswillen, Transparenz, Versöhnungsbereitschaft, Demut, Sanftmut, Geduld und eine hohe Intelligenz sind gefragt" unter "News und Events 3"
(2) Cabanac Vincent/ Metzger Franz (2013): Der Theologe auf dem Papststhron, in: Benedikt XVI. - Der Mensch, der Papst, die Botschaft, Sonderausgabe von G.Geschichte, S. 38
(3) vgl. "Wer die Nachfolge Papst em. Benedikt XVI. antreten will, muss sich hohen Anforderungen stellen – Würde, Disziplin, Durchsetzungsfähigkeit, Geradlinigkeit, Unbeugsamkeit, Konsequenz, Pflichtbewusstsein, Leistungsbereitschaft, Aufklärungswillen, Transparenz, Versöhnungsbereitschaft, Demut, Sanftmut, Geduld und eine hohe Intelligenz sind gefragt" unter "News und Events 3"
(4) vgl. deckers daniel/Bremer Jörg (2013): Ein Kampf in Rom. Kardinäle aus aller Welt streiten darüber, ob nur ein Papst gewählt oder ob die Kurie reformiert werden soll. Ein Favorit für die Nachfolge Benedikts ist nicht in Sicht", Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 58. ). März 2013, S. 3
(5) vgl.Göß Elke (2010): "Deutschland pro Papa" oder Enthusismus in Fatima, beim Ökumenischen Kirchentag und über Pater Castell? Rezension zu Oschwald Hanspeter (2010): Im Namen des Heiligen Vaters. Wie fundamentalistische Mächte den Vatikan steuern, München
(6) vgl. Göß Elke (2013): Das Opus Dei. Internationale Perspektiven unter Papst Benedikt XVI., Liberale Gesellschaftsanalyse, Band 7 (im Erscheinen)
(7) vgl. "Sind die Pläne eines Papstmordes Fiktion oder Wirklichkeit?" in "Archiv 2"
(8) vgl. http://religion.orf.at/stories/2574088/, 10.03.2013

10. März 2013

 


Papst Franziskus heißt der Gewinner des Putsches gegen Papst Benedikt XVI.

Heute, am Mittwoch, 13. März 2013, stieg um 19.06 Uhr weißer Rauch aus dem Schornstein an der Sixtina auf. Um 20.12 Uhr öffnete sich der Vorhang und der Kardinalprotodiakon Tauran verkündete den Namen des neuen Papstes. Jorge Mario Kardinal Bergoglio bekam eine Zweidrittel-Mehrheit. Er wird sich Papst Franziskus I. nennen. Einige Minuten später trat er auf die Loggia des Petersdoms.
Einerseits ist es eine Überraschung, andererseits überhaupt nicht. Lib & In lag ganz richtig, dass es ein Südamerikaner und ein Mitglied des "Opus Dei" werden würde, allerdings ist Papst Franziskus auch Jesuit. Diese Doppelmitgliedschaft ist erataunlich, da sich unter Papst Johannes Paul II. das "Opus Dei" sehr zugunsten der Jesuiten profilierte.
Eine Überraschung ist die Wahl des Argentiniers insofern nicht, als die südamerikanischen Kardinäle für mindestens zwei der Krisen im Pontifikat Papst Benedikt XVI. die Verantwortung tragen.(1) Der Kolumbianer Darìo Castrillón Kardinal Hoyos hat es zu verantworten, dass Papst Benedikt XVI. nicht rechtzeitig bekannt war, dass der Bischof Richard Williamson ein Holocaust-Leugner ist. Insofern geht die Medienschelte gegen Papst Benedikt XVI. auf das Konto des Kolumbianers. Die sogenannte "Vatileaks-Affäre" ist zwar noch nicht voll geklärt. Dass Paolo Gabriele und ein Informatiker des Vatikans keine Einzeltäter waren, wurde oft vermutet. Paolo Gabriele gab einmal an, es stünden 20 Personen hinter ihm. Wie man aus dem Artikel der ehemaligen Haushälterin Papst Benedikt XVI. Ingrid Stampa im "Corriere della Sera" ersehen konnte, hat sie beste Kontakte zur Familie Gabrieles. Es muss vermutet werden, dass Ingrid Stampa aktiv involviert ist in die "Vatileaks-Affäre". DNA-Spuren an den Dokumenten und Gegenständen könnten vielleicht hierzu noch neue Beweise bringen. Im Viertel um den Vatikan gab es einen toten Briefkasten, in den Paolo Gabriele Papiere eingelegt hat. Eine Befragung bei den Nachbarn dieses Briefkastens würde sicher Zeugen bringen, die auch Ingrid Stampa an dem Briefkasten gesehen haben. Wie man aus dem Buch "Vatikanistan" erfahren kann, hat sich Ingrid Stampa, nachdem sie aus dem "Papal apartment" in das Staatssekretariat versetzt wurde, an den in Buenos Aires geborenen Leonardo Kardinal Sandri, der unter Papst Johannes Paul II. zeitweise Präfekt des Päpstlichen Hauses gewesen war, angenähert. So könnte es durchaus sein, dass Leonardo Kardinal Sandri ursächlich Mitinitiator der "Vatileaks-Affäre" war oder dass der argentinische Kardinal zumindest über Ingrid Stampa das Netz enger ziehen half, das Papst Benedikt XVI. schließlich dazu veranlasste, sehr überraschend aus Altersgründen sein Pontifikat nieder zu legen. Dass mit Jorge Mario Kardinal Bergoglio nun ein Kardinal Papst wurde, der im letzten Konklave der aussichtsreichste Gegner von Joseph Kardinal Ratzinger war, ist zudem ein Indiz dafür, dass sich die Stimmen, die Joseph Kardinal Ratzinger zum Papst gewählt hatten, durch zahlreiche inszenierte Krisen selbst entschädigt haben, da Papst Benedikt XVI. offensichtlich in seinem Pontifikat nicht bereit dazu war, für die Unterstützung bei seiner Wahl Gegenleistungen zu erbringen. Dass sich der ehemalige Erzbischof von Buenos Aires sehr bescheiden gab bei seiner Vorstellung auf der Loggia des Petersdoms muss nicht darüber hinwegtäuschen, dass er als Südamerikaner bestimmte Akzente zu setzen bereit ist und dass er geflissentlich bereit ist, manche Punkte gar nicht anzupacken. Wer erwartet schon von einem Kardinal, der mit der Straßenbahn zu den Armen seiner Stadt gefahren ist, dass er die Kurie reformiert. Und mit südamerikanischen Militärjuntas kennt sich der Erzbischof von Buenos Aires sicher sehr gut aus, da kommt ihm die Militärregierung des Vatikans mit ihrer schlagenden Gendarmerie nicht fremd vor. Es ist also von dem 76-jährigen Argentinier, bei dem es so aussähe, als komme er "vom Ende der Welt", wie er selbst bei seiner Vorstellung heute gesagt hat, sicherlich eine spirituelle und charismatische Ausstrahlung zu erwarten. Er wolle der Bischof von Rom sein, sagte er. Man hatte ihn zum Papst der gesamten Weltkirche gewählt, aber diesen Ausdruck benutzte er kein einziges Mal heute Abend. Es ist auch zu erwarten, dass die Strippenzieher im Hintergrund das machen, was sie wollen. Deshalb waren sie auch heute so gut gelaunt. Die Menge auf dem Petersplatz schien eher verhalten in ihren Akklamationen. Aber die Fernsehkommentatorinnen und Fernsehkommentatoren des Bayerischen Fernsehens und anderer Sender werden das Ihre dazu tun, die Einfachheit der Spiritualität dieses Papstes hoch zu preisen. Wenn darunter die institutionalisierte, westliche Kirchenstruktur zusammenbricht, so wird es Nutznießer geben, da kann man sich heute schon sicher sein.
Es wird wahrscheinlich ein Übergangspontifikat werden, da der neue Papst Franziskus I. bereits 76 Jahre alt ist. Wo dann die katholische Kirche stehen wird, wird sich zeigen. Ob sie noch in so guter Konstitution sein wird, wie am 28. Februar 2013, als Papst Benedikt XVI. sein Amt niedergelegt hat, wird sich weisen. Manches, was Papst Benedikt XVI. aufgebaut und gepflegt hat, wird von dem neuen Papst sicher nicht zu erwarten sein. Die Armen dieser Welt werden erwartungsvoll auf ihn schauen. Die Römerinnen und Römer werden sich von ihm missionieren lassen müssen, das hat er angekündigt. Welch eine Wahl! Vielleicht hätte sich das Konklave noch etwas Zeit lassen sollen. Doch nun gilt: "Habemus due Papi!"


Elke Göß

(1) vgl. Wurde der angekündigte Rücktritt Papst Benedikt XVI. durch einen Putsch verursacht und welche Möglichkeiten des Protestes gegen das Eintreten dieses Rücktrittes am 28. Februar 2013 gibt es? im "Archiv 4"


update: 13. März 2013

Papst Franziskus - ein bekennender Opus Dei-Papst

 

Einleitung

 

Papst Franziskus ist der erste bekennende Opus Dei-Papst. Bereits bei seinem ersten öffentlichen Auftritt auf der Loggia des Petersdoms bezog der Argentinier Jorge Mario Kardinal Bergoglio nur rund eineinhalb Stunden nach seiner Wahl zum Papst am 13. März 2013 in einem rund zehnminütigem Auftritt eindeutig Position. Einen Tag später, am 14. März 2013, feierte Papst Franziskus um 17 Uhr eine Messe mit den Kardinälen, die am Konklave teilgenommen hatten, in der Sixtinischen Kapelle, die eine Stunde und 20 Minuten dauerte. Noch am Morgen des 14. März 2013 meldete n-tv, dass Papst Franziskus und Papst Benedikt XVI. einen Tag vorher telefoniert hätten und dass er ihn am 14. März 2013, nur einen Tag nach seiner Wahl, treffen wolle. Am Samstag, 16. März 2013, am dritten Tag seines Pontifikates, vermeldete der Fernsehsender Phoenix, dass Papst Franziskus erst am Samstag, 23. März 2013, mit dem Hubschrauber nach Castel Gandolfo fliegen wolle, um mit Papst Benedikt XVI. zu Mittag zu essen. Am Freitag, 15. März 2013, lud Papst Franziskus um 11 Uhr alle in Rom anwesenden Kardinäle zu einem Treffen ein, das etwa eine halbe Stunde dauerte. Am dritten Tag seines Pontifikates, am 16. März 2013, gab Papst Franziskus eine Audienz für Pressevertreterinnen und Pressevertreter in der Nervi Audienzhalle des Vatikans, bei der in zwei Minuten Erzbischof Cláudio Maria Celli, Präsident des Päpstlichen Rates für die sozialen Kommunikationsmittel, eine kurze Ansprache hielt, danach konnten Fernsehzuschauerinnen und Fernsehzuschauer zehn Minuten zusehen, wie Papst Franziskus Medienvertreterinnen und Medienvertretern die Hand gab. Danach sagte der Papst noch rund eine Minute lang einige Sätze auf Spanisch, bevor er nach rund 30 Minuten die Audienzhalle wieder verließ. Die gesamte Audienz für die Pressevertreterinnen und Pressevertreter dauerte rund dreißig Minuten. Am Sonntag, 17. März 2013, betete Papst Franziskus den Angelus vom Fenster des „Papal Apartment“ aus, seine Ansprache hielt er auf Italienisch, die Gebete waren in lateinischer Sprache. Papst Benedikt XVI. hat immer Grüße in englischer Sprache, in spanischer Sprache, in deutscher Sprache und manchmal in französischer Sprache und in polnischer Sprache an den Angelus angehängt. Das erste Angelusgebet mit Papst Franziskus dauerte zwölf Minuten.

In allen diesen vier Auftritten von Papst Franziskus hat er Bezug auf das Opus Dei genommen. Lediglich bei der Messe zu seiner Einführung auf dem Petersplatz am 19. März 2013 gab es keine inhaltlichen Bezüge auf das Opus Dei. Diese Messe dauerte eine Stunde und 55 Minuten. Anschließend defilierten Adelige, Staatsoberhäupter und Botschafterinnen und Botschafter aus 130 Ländern im Petersdom vor dem Petrusgrab an Papst Franziskus vorbei und reichten ihm die Hand. Diese Privataudienzen dauerten bis 12.15 Uhr, also nochmals 45 Minuten.

Am 20. März 2013 traf Papst Franziskus Vertreter anderer Religionen in der Sala Clementina im Apostolischen Palast. Dieses Treffen dauerte von 12.25 Uhr bis 13.20 Uhr, insgesamt 55 Minuten, wobei die Ansprache des Papstes fünf Minuten umfasste, das Defilee der Vertreter anderer Religionen dauerte 35 Minuten..

Aus diesen insgesamt 377 Minuten, also 6 Stunden und 17 Minuten, mit Papst Franziskus, die durch die Fernsehsender n-tv und Phoenix live übertragen wurden, kann man bereits ersehen, welche Erwartungen Papst Franziskus nie erfüllen wird und wie sich sein weiteres Pontifikat gestalten wird. Dennoch lassen sich aus diesen wenigen Passagen von Papst Franziskus eindeutig Bezüge zum Opus Dei herstellen. Bereits in den ersten fünf Tagen nach seiner Wahl am Mittwoch, 13. März 2013, und noch vor seiner Amtseinführung am Dienstag, 19. März 2013, bekennt sich Papst Franziskus öffentlich dazu, ein Opus Dei-Papst zu sein. Dies läßt sich an fünfzehn eindeutigen Bezügen zum Opus Dei nachweisen.

 

1. Erwartungen und Projektionen in der Sehnsucht nach einer heilen Welt

1.1. Irritierte Erwartungen und überhöhte Projektionen

 

Paul Badde, Journalist der Zeitung „Die Welt“, sagte am 16. März 2013 gegen 12.30 Uhr beim Fernsehsender Phoenix, dass der neue Papst „eine irritierende Mischung“ zeige.
Vor Medienvertreterinnen und Medienvertretern erzählte Papst Franziskus am 16. März 2013, dass er ganz spontan auf seinen Namen gekommen sei, als die Auszählung am 13. März 2013 noch lief und als sein Sitznachbar, der ehemalige Erzbischof von Sao Paulo, Cláudio Kardinal Hummes, zu ihm sagte, er solle die Armen nicht vergessen. Vertraut man der Live-Übersetzerin von Phoenix, so hat Papst Franziskus gesagt, Kardinal Hummes sei „emeritierter Bischof von Sao Paulo“ und „emeritierter Präfekt der Glaubenskongregation“, danach hat er sich verbessert und gesagt, er sei „emeritierter Präfekt der Kongregation für den Klerus“. Bemerkenswert ist, dass Papst Franziskus die genaue Bedeutung des Wortes „emeritiert“ nicht geläufig zu sein scheint, falls die Übersetzerin richtig gearbeitet hat. Zudem ist der Versprecher, Kardinal Hummes sei Präfekt der Glaubenskongregation gewesen, sehr merkwürdig für einen „sehr, sehr guten Freund“, wie ihn Papst Franziskus selbst bezeichnete. Diese kleine Episode, die Papst Franziskus erzählte, zeigt, wie es kam, dass sich der Jesuit Jorge Mario Kardinal Bergoglio den Namen eines der bekanntesten und populärsten Heiligen der katholischen Kirche zum Papstnamen wählte. Die Franziskaner, die größte Ordensgemeinschaft in der katholischen Kirche, hat Jorge Mario Kardinal Bergoglio dabei nicht gefragt. Die Mischung, dass sich ein Jesuit und bekennendes Opus Dei-Mitglied den Namen des Gründers des größten katholischen Ordens beilegt, zeigt bereits, dass es Papst Franziskus nicht darauf ankommt, bestimmte Traditionsinhalte in ihrer je eigenen Bedeutung zu würdigen, sondern dass er sich gerne in einer bunten Mischung aus der Traditionsgeschichte der katholischen Kirche bedient. 
Mit seiner Namenswahl „Franziskus“ schraubte Jorge Mario Kardinal Bergoglio sogleich die Erwartungen an ihn als „Pontifex Maximus“ hoch. Er lieh sich die Aura des bekanntesten und beliebtesten Heiligen der katholischen Kirche und zog alle Projektionen, die mit Franz von Assisi verbunden sind, auf sich. Erstaunlicherweise sagte der neu gewählte Papst kurz nach seiner Wahl auf der Loggia des Petersdoms, dass die Kardinäle einen Bischof für Rom gesucht hätten. Richtig wäre gewesen, wenn er gesagt hätte, was auf dem Wahlzettel gestanden hat, den die Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle ausgefüllt haben: „Eligo Summum Pontifecem“ – „ich wähle zum obersten Brückenbauer“, gemeinhin ist damit der Papst gemeint und nicht der Bischof von Rom. Diesen „Bischof von Rom“, den die Kardinäle gesucht hätten,  hätten sie nun „vom Ende der Welt“ hergeholt „und hier sind wir“. Der neue Papst benutzt sehr gern, wenn er von sich spricht, den „pluralis majestatis“. Dem steht entgegen, dass alle Medienvertreterinnen und Medienvertreter seine „Bescheidenheit“ so sehr hervorheben. Bekannt ist bislang von Jorge Mario Kardinal Bergoglio nur, dass er sich in Buenos Aires für die Armen eingesetzt hat, dass er zwei Jesuiten-Brüder verraten hat, die daraufhin gefoltert wurden, dass er mit dem Bus und mit der U-Bahn innerhalb von Buenos Aires gefahren ist und dass er in einem einfachen Apartment gewohnt habe anstatt in der Bischofsresidenz.
Wie völlig weltfremd und sachlich ohne Bezug die Projektionen sind, die an Papst Franziskus geheftet werden, zeigt zum Beispiel die Aussage, dass er als Kardinal gelegentlich mit dem Bus oder mit der U-Bahn gefahren sei. Kein Mensch erwähnt, dass Papst Benedikt XVI., als er noch Kardinal und Präfekt der Glaubenskongregation war, sogar zu Fuß, jawohl jeden Tag sogar zu Fuß zu seinem Arbeitsplatz gegangen ist und abends wieder zurück. Dies lag vielleicht auch daran, dass es gar keine Bus- oder U-Bahn-Verbindung zwischen der Wohnung Joseph Kardinal Ratzingers und der Glaubenskongregation gibt. Es existieren nicht wenige Zeuginnen und Zeugen, die Joseph Kardinal Ratzinger ebenfalls zu Fuß im Viertel um den Vatikan gesehen haben und die sogar wissen, in welch einfachem Restaurant er gegessen hat. Der völlig überzogene „Hipe“, der nun um Jorge Mario Kardinal Bergoglio gemacht wird, entbehrt jetzt schon dem realen Vergleich zu anderen „normalen“ Kardinälen. Und wie bescheiden ist es, sich in eine Reihe mit 15 anderen Kardinälen zu stellen, die mit ihrer Namenswahl den Heiligen Benedikt, ebenfalls Ordensgründer, ehren wollten! Papst Benedikt XVI. blieb der Tradition der Namenswahl eines Papstes verpflichtet, Papst Franziskus stellt sich gleich zu Beginn außerhalb dieser Traditionen. In der Audienz für die Pressevertreterinnen und Pressevertreter am 16. März 2013 erzählte Papst Franziskus aus dem Konklave, dass andere Kardinäle „gewitzelt“ hätten, er solle sich doch „Adriano“ nennen, Papst Adrian VI. habe die Kirche reformiert, andere Kardinäle sagten, er solle sich „Clemens XV.“ nennen, dann könne man etwas gegen Clemens XIV. tun, der die Jesuiten abgeschafft habe. Jorge Mario Kardinal Bergoglio sah diese guten, zur Bescheidenheit neigenden Namensvorschläge als Witze an und nannte sich großzügig „Papst Franziskus“. Mit dieser kleinen Anekdote verstieß der neue Papst Franziskus dann auch noch sogleich gegen eine alte Regel, die Papst Benedikt XVI. sogar noch verschärft hatte, indem er festgelegt hatte, dass derjenige, der aus einem Konklave plaudere, automatisch exkommuniziert ist. Es stellt sich dann auch die Frage, wer dem „Corriere della Sera“ die Mitteilung zugespielt hat, dass sogar 90 Kardinäle den neuen Papst gewählt hätten, denn dies ist auch eine Information aus dem Konklave, wenn sie denn stimmt, die die automatische Exkommunikation nach sich ziehen würde. So fängt ein Pontifikat schon gut an!

Sicherlich hat sich Jorge Mario Kardinal Bergoglio für die Armen in Buenos Aires besonders engagiert. Er wurde auch „Kardinal der Armen“ genannt. Dennoch zeigt sich auch hinter dieser überschwänglichen Betonung, dass man nicht mehr bereit ist, sich auf klare rationale Vergleiche einzulassen. Es ist den Medienvertreterinnen und Medienvertretern wie auch vielen katholischen Gläubigen bekannt, dass Papst Benedikt XVI. viele Geschenke, die er als Papst überreicht bekam, an Bedürftige und Arme weiter gegeben hat. Insbesondere Nahrungsmittel, die Papst Benedikt XVI. geschenkt bekam, spendete er grundsätzlich Bedürftigen. Davon redet nun, noch nicht einmal drei Wochen nach seiner Dienstniederlegung, niemand mehr. Was tun sich die Vertreterinnen und Vertreter der katholischen Kirche an, wenn sie so schnell Gutes, das Papst Benedikt XVI. getan hat, vergessen zugunsten eines völlig überzogenen Euphorie-Gefühls für einen Mann, den in den letzten fünfzig Jahren niemand in Rom gesehen hat. Von Papst Benedikt XVI. weiß man bis ins Detail über sein Leben Bescheid. Von Jorge Mario Kardinal Bergoglio ist nichts bekannt. Vor einigen Tagen wurde bei n-tv gesagt, eine Nonne habe behauptet, der kleine Jorge sei „ein kleines Teufelchen“ gewesen. Zwei Tage später taucht eine Argentinierin auf, die sagt, sie habe von dem 12-jährigen Jorge einen Liebesbrief bekommen, wenn sie ihn nicht heirate, werde er Priester. Der 12-jährige Jorge schien etwas frühreif gewesen zu sein. Allerdings dauerte es dann bis zum seinem 23. Lebensjahr, bis er sich entschied, tatsächlich Priester zu werden. Mal sehen, welche Geschichten „vom Ende der Welt“ noch nach Europa schwappen werden. Von dem kleinen Joseph jedenfalls weiß man, dass er bereits mit vier Jahren Priester werden wollte und dass er seine Spielkameradin bereits Anfang der 1930er Jahren zur Ministrantin ernannt hat.(1) Hierin scheint Joseph Ratzinger bis heute seiner Zeit weit voraus zu sein. Vergleicht man somit sachlich nüchtern, so muss man feststellen, dass die katholischen Massen nun offensichtlich aus einer tiefen Sehnsucht nach einer heilen Welt heraus bereit sind, einen 76-jährigen Mann, von dem sie noch nie vorher etwas gehört haben, nur aufgrund seiner Namenswahl gleich als Heiligen emporzuheben. Die Wahrnehmung der Realitäten wird allerdings auch euphorischen Katholiken und Katholikinnen nicht erspart bleiben, denn es ist noch kein Heiliger vom Himmel gefallen.


1.2. Bekehrung und Einfachheit der Spiritualität


In jeder seiner Ansprachen, am 13. März 2013 auf der Loggia des Petersdoms, am 14. März 2013 bei der Messe mit den Konklaveteilnehmern in der Sixtinischen Kapelle, am 15. März 2013 bei dem Treffen mit allen Kardinälen und am 16. März 2013 bei der Audienz für die Medienvertreterinnen und Medienvertreter hat Papst Franziskus jedes Mal gesagt, er wolle „un cammino“ mit den Anwesenden gehen.(2) „El Camino“ ist das Hauptwerk des Opus Dei-Gründers und Spaniers Josemaria Escriva. Zudem hat Papst Franziskus gegenüber allen im Publikum Anwesenden betont, dass er eine Bekehrung wolle hin zur katholischen Kirche.

Die spirituellen Inhalte des neuen Papstes sind dagegen so einfach konzipiert, dass sie jede und jeder nachvollziehen kann. Als besonderes irritierend empfand Paul Badde bei der Audienz für die Medienvertreterinnen und Medienvertreter am 16. März 2013, dass Papst Franziskus angekündigt hat, dass er die Anwesenden zum Abschluss segnen wolle. Dies hat er aber dann nicht getan, sondern nur in einem stillen Gebet derer gedacht, die sich zwar der Kirche nahe fühlten, aber ihr nicht angehörten. Bislang habe jede und jeder den Segen bekommen, stellte Paul Badde fest. Mit seiner Unterscheidung ist Papst Franziskus keineswegs besonders einfühlsam gegenüber Nichtgläubigen, wie es der n-tv-Journalist Udo Gümpel am 17. März 2013 um 12.45 Uhr auf n-tv kommentierte. Ungläubige oder Zweifelnde dürften in der Nervi Audienzhalle am 16. März 2013 gar nicht anwesend gewesen sein, da die meisten Journalistinnen und Journalisten, die über den Vatikan berichten, der katholischen Kirche angehören. Diese Formulierung war keineswegs besonders einfühlsam, sondern sie zeigte das wahre reaktionäre Denken von Papst Franziskus, der mit der Verweigerung des Segens und mit dem stillen Sprechen eines Gebetes für die Ungläubigen bis weit hinter das Zweite Vatikanische Konzil zurückging.(3) Offensichtlich unterscheidet Papst Franziskus zwischen verschiedenen „Klassen“ von Gläubigen, wie es auch im Opus Dei üblich ist.(4) Biblisch sind solche Unterscheidungen sicher nicht und die Kluft zu den protestantischen Kirchen wird durch solche Unterscheidungen innerhalb weniger Worte unüberbrückbar.
Mit diesem Schwerpunkt auf die Bekehrung und auf die Einfachheit der Spiritualität gehen die sehr spontanen Gesten des neuen Papstes überein, dem das höfische Zeremoniell fremd sei, wie Rainer Maria Kardinal Woelki in einem Fernsehinterview sagte, das bei Phoenix zu sehen war. Selbst wenn jemandem das höfische Zeremoniell nicht liegen sollte, so sind die Einhaltung liturgischer Abläufe, das Protokoll und die Etikette doch davon zu unterscheiden.

Diese kleinen Markierungen zeigen, dass von Papst Franziskus wahrscheinlich keine elaborierte Soziallehre zu erwarten ist. Seine Äußerungen werden appellativen Charakter haben und sie werden in die Form von spontan stilisierten Emotionen gekleidet sein. Dadurch wird ein Neuigkeitscharakter suggeriert, der so gar nicht zutreffen muss. Zudem fühlen sich die meisten, die nur spontan und sporadisch an Äußerungen des neuen Papstes teilnehmen, sicherlich sehr persönlich angesprochen, weil sie nicht nachforschen, wie oft der neue Papst seine Formulierungen schon bei anderen Gelegenheiten ganz spontan der versammelten Gemeinde nahe gebracht hat oder weil sie nicht recherchieren, ob Papst Benedikt XVI. nicht Gleiches bereits gesagt hat. So hat sich bereits Papst Benedikt XVI. als „Diener der Diener Gottes“ bezeichnet. Dies ist keine Demutsgeste, die Papst Franziskus als Erster gebraucht hätte. Ebenso hat bereits Papst Benedikt XVI. eine Predigt zum Tag des Heiligen Joseph gehalten und das „costudire“, das Hüten“, in den Mittelpunkt seiner Ausführungen gestellt. Papst Franziskus hat die Predigt zu seiner Amtseinführung am Dienstag, 19. März 2013, ebenfalls um den Begriff des Hütens zentriert. Ebenso hat Papst Benedikt XVI. in einem Angelus bereits gesagt, dass Gott niemals müde werde, den Menschen zu vergeben, aber die Menschen würden müde werden, ihn um Vergebung zu bitten. Die gleiche Formulierung hat Papst Franziskus in seinem ersten Angelus am Sonntag, 17. März 2013, verwendet. Dies sind nur drei Beispiele, in denen sich Papst Franziskus aus dem reichhaltigen spirituellen und literarischen Erbe von Papst Benedikt XVI. bedient hat.

Die Bemerkungen der Kardinäle nach der Wahl von Papst Franziskus sind aufschlussreich. So sagte Reinhard Kardinal Marx, dass man bei Reformen des Papstes Geduld haben müsse, dafür werde man manche Überraschung mit ihm erleben. Elaborierte Traktate, mittel- und langfristige Projekte, komplexe Erörterungen ethischer Konfliktfälle werden die Sache von Papst Franziskus nicht sein. Soviel ist jetzt schon absehbar.

 

 1.3. Welt-Kirche-Dualismus

 

Vor den Kardinälen bei seiner ersten Messe in der Sixtinischen Kapelle am 14. März 2013 sagte Papst Franziskus, dass derjenige, der nicht zu Gott bete, zum Teufel bete. Unter Papst Benedikt XVI. war der Teufel schon fast aus der katholischen Theologie entschwunden. Nun ist er wieder präsent. Folgt man der Ansprache von Papst Franziskus, so gibt es nur den gläubigen Bereich innerhalb der katholischen Kirche, der sich vor allem auf die „ecclesia invisibilis“, also die unsichtbare, himmlische Kirche, bezieht und den er den „mystischen Leib der Kirche“ nennt. Dieser katholische Bereich wird von Papst Franziskus klar vom „Mondänen“ abgegrenzt. Das „Mondäne“ versteht Papst Franziskus nicht als das Luxuriöse oder das Extraordinäre, sondern er meint damit alles, was sich nicht dem katholischen Anspruch unterzieht. Es gibt nur die gläubige, katholische Kirche oder „das Mondäne“. Dies ist ein eindeutiger Dualismus, wie ihn das Opus Dei kennt.(5)


1.4. Politik als Mittel zum Zweck


Es stellt sich nach den bisherigen Vorwürfen, die gegen Pater Jorge Mario Bergoglio erhoben wurden, dass er als Provinzial zwei Jesuiten-Brüder, die er eigentlich schützen hätte sollen, verraten hat und die daraufhin gefoltert wurden,(6) die Frage, welches Verständnis von Widerstand Papst Franziskus hat. Die Schilderungen des in Oberfranken lebenden Jesuiten Franz Jalics sind nicht neu. Sie waren bereits vor mehr als 15 Jahren den Franziskanern bekannt. Es ist somit höchst fraglich, wieso Journalisten, die dem Presserecht und der freien Meinungsäußerung ebenso verpflichtet sind wie den Menschenrechten, ihr Unverständnis darüber äußern können, dass die Vorwürfe erst jetzt, dreißig Jahre später auftauchen würden. Der Punkt ist doch, dass Jorge Mario Kardinal Bergoglio bisher niemand zur Rechenschaft gezogen hat. Die Anschuldigungen waren längst bekannt. Dass nun der Vatikan in Gestalt des Pressesprechers Pater Federico Lombardi am 15. März 2013 so scharf reagiert hat, zeigt, wie aktuell das Thema ist. Bis zum 19. März 2013 war Papst Franziskus noch nicht in sein Amt eingeführt und er hatte die Insignien seiner päpstlichen Macht noch nicht erhalten. Vorher hätte es durchaus sein können, dass ihn noch jemand in Argentinien wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit anzeigt. Bisher wurde Jorge Mario Kardinal Bergoglio nicht angezeigt. Was passiert wäre, wenn Menschenrechtler in Buenos Aires nicht nur gegen die Papstwahl demonstriert hätten, sondern auch rechtliche Schritte gegen Jorge Mario Kardinal Bergoglio eingeleitet hätten, welches Licht dann auf den neuen Papst gefallen wäre, ist kaum vorstellbar. Dass eine rechtliche Verfolgung der Verbrechen während der Militärregierung immer noch möglich ist, zeigt eine Nachricht vom 17. März 2013, der zufolge der ehemalige argentinische Diktator Jorge Rafael Videla erneut zu einer lebenslangen Strafe verurteilt wurde.(7) Der ehemalige argentinische Kardinal Bergoglio wusste am 15. März 2013, als er seinen Pressesprecher Pater Lombardi so heftig reagiert ließ, sicherlich, dass das Urteil gegen den ehemaligen argentinischen Diktator Videla, das diesen zum zweiten Mal zu lebenslängerlicher Haft verurteilen würde, noch aussteht.

Besonders bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass Pater Federico Lombardi kräftig in die ideologische „Mottenkiste“ greifen musste, als er sagte: „Dies sei eine Kampagne 'linker antiklerikaler Elemente, um die Kirche anzugreifen'“.(8) Oberfränkische polnische Franziskanermönche standen noch niemals in dem Verdacht, „linke antiklerikale Elemente“ zu sein. Gleichzeitig ist diese Antilinks-Propaganda ein typisches Reaktionsmuster des Opus Dei. Dessen Gründer Josemaria Escriva fühlte sich Zeit seines Lebens von „linken antiklerikalen Elementen“(9) verfolgt. Dass nun Pater Lombardi, der selbst Jesuit ist und bisher das Amt des Pressesprechers mit ruhiger, gelassener Umsicht ausübte, so reagieren muss, ist sicherlich dem neuen Stil des neuen Papstes geschuldet, denn die Öffentlichkeitsarbeit des Opus Dei ist ideologisch extrem aufgeladen. Neben der heftigen Abwehr weiterer journalistischer Nachfragen zu möglichen Verstrickungen des ehemaligen argentinischen Kardinals Bergoglio während der Zeit der Militärregierung am 15. März 2013 wurde auch bei der Audienz von Papst Franziskus für die Medienvertreterinnen und Medienvertreter am 16. März 2013 in der Nervi Audienzhalle deutlich, dass Papst Franziskus keine neutrale Pressearbeit von den Journalistinnen und Journalisten aus 81 Ländern erwartet, sondern dass er sie als Mittel zum Zweck für seine eigene Öffentlichkeitsarbeit sieht. Sie sollten immer stärker die „Natur der Kirche“ erkennen lernen und aus dieser „Logik“ heraus, die nicht die „Logik der Welt“ sei, dann Zeugnis abgeben vom wahren katholischen Glauben.

Sollte es so sein, dass Papst Franziskus keine kritische Position zur argentinischen Militärregierung bezogen hat, so könnte dies problematisch sein. Eine unkritische Haltung gegenüber dem antidemokratischen politischen System des Franco-Regimes wurde dem Gründer des Opus Dei Josemaria Escriva vorgeworfen.(10) Ebenso scheinen Papst Franziskus und Josemaria Escriva eine fundamentalistische Einstellung zu bestimmten ethischen Themen wie der Abtreibung, der Homosexualität und der Sichtweise der Charismen von Frauen zu teilen.

 

1.5. Die Vielfalt innerhalb der katholischen Kirche statt Ökumene


Bei seiner Messe mit den Konklaveteilnehmern hat Papst Franziskus am 14. März 2013 gesagt, die Vielfalt innerhalb der katholischen Kirche sei gottgewollt und ein großer Reichtum. Kurz vorher hatte der Dekan des Kardinalskollegiums Angelo Kardinal Sodano in seiner Ansprache Papst Franziskus versichert, sie würden ihm helfen, die "apostolische Ökumene" durchzusetzen. Die "apostolische Ökumene" ist der Gegenbegriff zur "eucharistischen Ökumene". Die "apostolische Ökumene" betont, dass Jesus Christus nur Männer zu Aposteln berufen habe und dass deshalb nur Männer Priester werden könnten und demzufolge nur Männer als Priester die Eucharestie einsetzen könnten. Die "eucharistische Ökumene" hingegen leitet die Beauftragung zur Einsetzung der Eucharestie von der Weihe bzw. Ordination in der apostolischen Sukzession ab. Diese apostolische Sukzession wird von den Bischöfen weitergegeben und ist derzeit nach kanonischem Recht mit dem Zölibat, also der Ehelosigkeit, verbunden. Gleichwohl halten Vertreterinnen und Vertreter der "eucharistischen Ökumene" die Weitergabe der apostolischen Sukzession an Frauen nicht für ausgeschlossen, sofern Frauen die gleichen Bedingungen erfüllen wie Männer, um als Priester geweiht bzw. ordiniert zu werden. Die "eucharistische Ökumene" berücksichtigt auch das historische Faktum, dass es im Jahr 858 eine Päpstin in Rom gegeben hat.

In den vier Tagen seit seiner Wahl hat Papst Franziskus dagegen kein einziges Wort zur Ökumene gesagt. Eine Woche nach seiner Wahl zum Papst hat Papst Franziskus am Mittwoch, 20. März 2013, Vertreter anderer Religionen in der Sala Clementina im Apostolischen Palast getroffen. Von protestantischer Seite war nur der Pfarrer der deutschen Gemeinde in Rom, Pfarrer Dr. Jens-Martin Kruse, eingeladen.

Auffallend war nach der Wahl von Papst Franziskus, dass es als selbstverständlich hingestellt wurde, dass ein Lateinamerikaner Papst geworden ist. In fast allen Fernsehberichten hieß es, in Lateinamerika wohnten 41 Prozent der Katholikinnen und Katholiken weltweit. Über die genaue Zahl der katholischen Gläubigen in Argentinien scheinen Wunderzahlen zu kursieren. Ein Teilnehmer einer Diskussionsrunde bei „Beckmann“ am 14. März 2013(11) sagte, 95 Prozent der argentinischen Bevölkerung würden sich zum katholischen Glauben bekennen. Tatsache ist, dass Argentinien im Jahr 2011 40.276.000 Einwohnerinnen und Einwohner hatte und damit auf Platz 31 der Weltrangliste stand, davon waren 75 Prozent katholisch, also 30.207.000 Argentinier und Argentinierinnen.(12) Im Vergleich dazu wurden in Deutschland 2011 81.880.000 Einwohner gezählt, damit befindet sich Deutschland auf Platz 16 der Weltrangliste. Davon gehörten 2009 30,5 Prozent der römisch-katholischen Kirche an. Demnach bekannten sich 2009 24.973.400 Deutsche zum katholischen Glauben. Nach diesen Angaben bekennen sich in Deutschland 30 Prozent der Bevölkerung zur evangelischen Kirche, das sind nur 0,5 Prozent weniger im Vergleich zu den Mitgliedern in der katholischen Kirche.(13) Neuesten Erkenntnissen zufolge soll die katholische Kirche im Jahr 2012 rund 900.000 Katholikinnen und Katholiken verloren haben. Sie würde nun rund 24 Millionen Menschen zu ihren Mitgliedern zählen. Nominell hat Argentinien somit nur 20 Prozent mehr Katholikinnen und Katholiken wie Deutschland. Dafür liegt die Zahl der Evangelischen in Deutschland um rund 30 Prozent höher wie in Argentinien. In dem südamerikanischen Land gehörten 2011 acht Prozent den Pfingstlern an, daneben existieren kleine religiöse Minderheiten wie Protestantinnen und Protestanten, Jüdinnen und Juden und Musliminnen und Muslime.(14) Zwar ist der Prozentsatz an katholischen Gläubigen in dem südamerikanischen Land deutlich höher wie in Deutschland, die nominalen Zahlen differieren nicht so exorbitant, wie man es aufgrund der Medienberichterstattung anlässlich der Wahl von Papst Franziskus erwarten würde. Es besteht somit aufgrund der nominellen Zahlen kein Anlass, Deutschland sehr viel säkularisierter als Argentinien zu nennen und zu behaupten, Deutschland stünde dem christlichen Glauben ferner.


1.6. Priestermangel


Verlässt man sich auf die Fernsehberichte aus Argentinien, so ist dort der Priestermangel ebenso stark wie in Deutschland. Die Kirchen in Argentinien sollen sich in den letzten Jahren erheblich gelehrt haben. Vielleicht hängt dies auch mit der Wirtschaftskrise zusammen, die seit 2003 viele Mittelständler getroffen hat und die zu einer Verarmung dieser Bevölkerungsschicht geführt hat. Dass eine starke Verarmung und der Zusammenbruch wohl situierter Existenzen eine Hinwendung zur katholischen Kirche zufolge haben kann, hat Jorge Mario Kardinal Bergoglio in seiner Seelsorgearbeit für die Armen erkannt. Dennoch scheinen die wirtschaftlichen Krisenzeiten Argentiniens nicht zu einem Zulauf bei den Priesterberufungen geführt zu haben.


2. Papst Franziskus – ein „grüner“ Papst?

 

Neben völlig überhöhten Erwartungen, die an Papst Franziskus aufgrund seiner Namenswahl geknüpft werden, sind es Vorstellungen, der Argentinier sei eventuell eine „grüner“ Papst, die die Projektionen der katholischen Gläubigen im Hintergrund prägen. Anhand von zehn Punkten soll überprüft werden, ob Papst Franziskus ein „grüner“ Papst ist. Es muss allerdings hierbei darauf hingewiesen werden, dass international relativ wenig bekannt ist von dem, was Jorge Mario Kardinal Bergoglio vor seiner Wahl zum Papst am 13. März 2013 an politischen Anschauungen vertreten hat.

 

2.1. Einsatz für Bedürftige und Arme

 

Hier lag der Schwerpunkt Jorge Mario Kardinal Bergoglios während seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires. Er wurde bereits vor seiner Wahl zum Papst als „Kardinal der Armen“ bezeichnet und es gibt Fotos, auf denen er auf dem Weg in die Armenviertel der Stadt zu sehen ist. Andreas Englisch, der Vatikanreporter der Bild-Zeitung, hat in der Sendung „Markus Lanz“ am 20. März 2013, erzählt, dass Jorge Mario Kardinal Bergoglio permanent mit dem Vatikan im Clinch gelegen habe, weil er die besten und intelligentesten Priester seiner Diözese dahingehend dirigiert habe, dass sie in den Armenvierteln von Buenos Aires Dienst tun sollten. Da dies mit einer Lebensgefahr für die Priester verbunden war, habe sich der Erzbischof von Buenos Aires bereit erklärt, mitzugehen.

 

2.2. Umweltschutz

 

Strittige Themen im Umweltschutz Argentiniens in den vergangenen Jahren waren beispielsweise das „Gletschergesetz“(15), das den Bergbau in den Anden zur Gewinnung von Gold und anderen Metallen stark reglementiert, die Erschließung von Erdgasvorkommen in Patagonien(16) und die starke Verschmutzung des Grenzflusses Uruguay, die zu einem bilateralen Abkommen der beiden Nachbarländer Argentinien und Uruguay führte(17). Zu keinem dieser Themen ist eine öffentliche Äußerung des Erzbischofs von Buenos Aires Jorge Mario Kardinal Bergoglios bekannt.

In einem außenpolitischen Feld bezog Jorge Mario Kardinal Bergoglio Stellung, indem er sich für eine argentinische Übernahme der zu Großbritannien gehörenden Falkland-Inseln aussprach.(18) Ende des Jahres 2010 waren bei Probebohrungen Erdölvorkommen auf den Falklandinseln gefunden worden.(19) Am 11. März 2013 gab es eine Abstimmung unter der Bevölkerung der Falkland-Inseln, ob sie weiterhin zum britischen Commonwealth gehören wollten oder ob sie sich Argentinien anschließen wollten. 99,8 Prozent votierten für einen Verbleib im britischen Commonwealth, woraufhin die argentinische Regierung sofort bekannt gab, dieses Votum nicht akzeptieren zu wollen.(20) Bei der Audienz mit dem neuen Papst soll Cristina Ferndandez de Kirchner am 18. März 2013 Papst Franziskus gebeten haben, in der Falkland-Frage zu vermitteln.

 

2.3. Demokratieverständnis

 

Ein für „grüne“ Positionen typisches basisdemokratisches Politikverständnis dürfte Jorge Mario Kardinal Bergoglio nicht vertreten haben. Seine Haltung in der Militärdiktatur zwischen 1976-1983(21) ist umstritten.(22)

 

2.4. Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern

 

Es sind keine expliziten Äußerungen Jorge Mario Kardinal Bergoglios bezüglich der Gleichberechtigung von Frauen und Männern bekannt.

 

2.5. Gleichberechtigung homosexueller Partnerschaften

 

In Bezug auf die Einführung der Ehe für homosexuelle Paare und auf das Recht homosexueller Paare, Kinder adoptieren zu können, ist Argentinien in Lateinamerika den anderen Staaten weit voraus. Beide Rechte für homosexuelle Paare wurden durch den argentinischen Senat unter heftigsten Protesten der katholischen Kirche am 14. Juli 2010 beschlossen.(23) Jorge Mario Kardinal Bergoglio hat sich explizit gegen diese Rechte für Homosexuelle ausgesprochen.(24)

 

2.6. Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Korruption

 

Argentinien hat wie viele Länder seit einigen Jahren mit einer hohen Verschuldung(25) und einer hohen Inflationsrate(26) zu kämpfen. Zudem muss die Korruption deutliche Spuren hinterlassen haben. Zu diesem Thema sind klare Äußerungen Jorge Mario Kardinal Bergoglios überliefert.(27)

 

2.7. Transparenz

 

Kurz nach dem Ende der Militärregierung (1976-1983), die von 1976 bis 1981 von Jorge Rafael Videla geführt wurde, verhängte Präsident Carlos Menem (1989-1999) einen Gnadenerlass. Dieser wurde erst 2006 durch den seit 2003 regierenden Präsidenten Nestor Kirchner aufgehoben(28) und es wurden gegen rund 160 Angeklagte Gerichtsprozesse wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit geführt. Jorge Videla erhielt 1985 eine lebenslange Freiheitsstrafe, von der er 1990 amnestiert wurde. Zwischen 1998 und 2008 wurde ein Hausarrest gegen ihn verhängt wegen der Entführung von Kindern politischer Gefangener. Dieses Verbrechen fiel nicht unter die Amnestie.(29)

Der Pressesprecher des Vatikans Pater Federico Lombardi dementierte am 15. März 2013 heftig jegliche Mitwirkung von Jorge Mario Bergoglio in seiner Funktion als Ordensobmann der Jesuiten in Argentinien. Diese Position hatte Jorge Mario Bergoglio in der Zeit der Militärregierung inne.(30) In Buenos Aires demonstrierten allerdings gerade die Mütter verschwundener Kinder auf der Plaza Mayo gegen die Wahl Jorge Mario Kardinal Bergoglios zum Papst.(31)

Die Aufarbeitung von Verbrechen während der argentinischen Militärregierung darf sicherlich nicht mit europäischen oder mit deutschen Maßstäben und Rechtsauffassungen gemessen werden. Ob das Verhalten Jorge Mario Bergoglios während der Militärregierung den hohen Standards von „Amnesty International“ oder „Transparency International“ standhalten würde, wurde bisher nicht überprüft. Im Blick auf die Ernennung von Bischöfen und Kardinälen durch die Päpste der letzten hundert Jahre, die mit rechtsgerichteten Regierungen sympathisieren oder die diesen Regierungen zuarbeiten, muss festgehalten werden, dass diese politische Kategorie häufig keine Bedeutung hatte für eine Höhergruppierung innerhalb der katholischen Kirche. Sowohl bei Papst Pius XII., als auch bei Josemaria Escriva wie auch bei Bischof Richard Williamson von den Pius-Brüdern wurden ihre Sympathien oder gar ihre expliziten Äußerungen für rechts stehende Führungspersönlichkeiten oder Regierungen unabhängig von ihrer katholischen Kirchenkarriere bewertet.

Bezüglich der finanziellen Transparenz in Argentinien kann auf eine hohe Inflationsrate hingewiesen werden, die von privaten Wirtschaftsunternehmen auf rund 25 Prozent geschätzt wird. Die offiziellen Zahlen lagen im Jahr 2010 bei 10,9 Prozent.(32) Zu diesen konkreten Zahlen, die die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Argentiniens widerspiegeln, sind keine konkreten wirtschaftspolitischen oder wirtschaftsethischen Äußerungen Jorge Mario Kardinal Bergoglios bekannt, wie man sie beispielsweise von Reinhard Kardinal Marx in Bezug auf die Wirtschaftskrise in Deutschland kennt.

 

2.8. Tierschutz

 

Der Heilige Franziskus gilt als Schutzpatron der Tiere und auch „die Grünen“ haben sich weltweit dem Tierschutz gewidmet. In Argentinien waren 2006 nur noch ein Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig.(33) Im Vergleich dazu waren 2010 in Deutschland 2,1 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig.(34)

Bei den Exporten des Jahres 2009 belegte das Tierfutter mit 16 Prozent den ersten Platz.(35) 2010 soll es zu einem wirtschaftlichen Aufschwung Argentiniens gekommen sein, den argentinische Regierungskreise mit acht Prozent benennen, der Internationale Währungsfond (IWF) spricht allerdings nur von 3,5 Prozent. Dieser wirtschaftliche Aufschwung wird neben einer gestiegenen Exportrate der Autoindustrie auf eine höhere Nachfrage nach Agrarrohstoffen zurückgeführt.(36) Zu diesen Themen sind keine sozialethischen Äußerungen Jorge Mario Kardinal Bergoglios bekannt.

 

2.9. Atomkraft

 

Bereits seit 1950 baut Argentinien sein Nuklearprogramm aus.(37) Im gleichen Jahr hat übrigens das Opus Dei seine Niederlassung in Argentinien eröffnet,(38) aber ein Zusammenhang kann hier wahrscheinlich nicht hergestellt werden. In nur rund hundert Kilometern Entfernung von Buenos Aires wurde 1974 mit Atucha I das erste Kernkraftwerk Lateinamerikas in Betrieb genommen.(39) In der Reaktortechnologie ist Argentinien derart innovativ, dass es seine Reaktoren zur zivilen Nutzung an Rumänien, Peru, Algerien, Ägypten und Australien verkaufen konnte. Der seit den 1950er Jahren immer stärker entwickelte Uranabbau wird auch derzeit noch forciert. Die argentinischen Uranreserven werden auf 15.000 bis 20.000 Tonnen geschätzt. An einen Ausstieg aus der Kernenergie, wie ihn die deutsche Regierung nach dem Reaktorunfall im japanischen Fukushima beschlossen hat, denkt in Argentinien niemand.(40) Es sind keine Äußerungen des ehemaligen Erzbischofs von Buenos Aires Jorge Mario Kardinal Bergoglios zur Atomenergie bekannt.

 

2.10. Autoindustrie

 

Die Autoindustrie ist einer der wichtigsten Industriezweige Argentiniens und hierbei ist Brasilien der wichtigste Handelspartner.(41) Ebenso gehört seit mehr als fünfzig Jahren die Autoindustrie in Deutschland zum Modernisierungs- und Innovationsmotor des Landes.(42) 15 Prozent der Importe nach Argentinien waren im Jahr 2010 Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile. Unter allen importierenden Ländern war Brasilien mit 31 Prozent der wichtigste Handelspartner. Unter den exportierten Gütern waren zehn Prozent Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile.(43) In Deutschland halten Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile in der Exportstatistik den ersten Platz mit 18 Prozent aller exportierten Güter. Bei den importierten Gütern belegen Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile mit 10 Prozent Rang 2 in der Importstatistik.(44)

Gerade im Jahr 2010 konnte Argentinien gesteigerte Exporte in der Autoindustrie aufweisen.(45) Mehr als fünfzig Prozent der in Argentinien produzierten Autos werden nach Brasilien exportiert. Deshalb kam es im Mai 2011 zu einem Handelskonflikt zwischen den beiden südamerikanischen Nachbarländern, nachdem Brasilien den Import von Autos und Autoteilen mit einem Genehmigungsvorbehalt versah.(46)

Wirtschaftsethische, sozialpolitische oder die Umwelt schützende Äußerungen des ehemaligen Erzbischofs von Buenos Aires Jorge Mario Kardinal Bergoglios sind nicht bekannt. Seine konsequente Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel von Bus und U-Bahn darf als eine stille Protestaktion gegen die Bedeutung der argentinischen Autoindustrie gewertet werden.(47) Hierin erweist sich Jorge Mario Kardinal Bergoglio als ein wahrer „Grüner“.

Zusammenfassend lässt sich auf die Frage, ob Jorge Mario Kardinal Bergoglio eine „grüne“ Politik vertrat sagen, dass der ehemalige Erzbischof von Buenos Aires nahe an klassischen „grünen“ Themen war in seinem Eintreten für Arme und Bedürftige, bei der Anprangerung von Korruption und bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Keine Äußerungen des ehemaligen Erzbischofs von Buenos Aires Jorge Mario Kardinal Bergoglios sind bekannt zu den typisch „grünen“ Themen Umweltschutz, Demokratieverständnis, Gleichberechtigung von Frauen und Männern, Transparenz, Tierschutz und Atomkraft. Bezüglich der Zugehörigkeit der Falkland-Inseln zum britischen Commonwealth vertrat Jorge Mario Kardinal Bergoglio eine ablehnende Haltung und unterstützte damit implizit den argentinischen Anspruch auf die Erdölfunde vor den Falkland-Inseln. Eine strikte Ablehnung äußerte Jorge Mario Kardinal Bergoglio gegenüber den Rechten homosexueller Paare, eine Ehe einzugehen und Kinder zu adoptieren und gegenüber der Abtreibung.

 

3. Papst Franziskus – ein bekennender Vertreter des Opus Dei

 

Die Euphorie über Papst Franziskus und die Sehnsucht vieler katholischer Gläubiger nach einer heilen Welt haben sich als Projektionen erwiesen.(48) Vor allem die Namenswahl, in der sich Papst Franziskus auf den beliebtesten Heiligen der katholischen Kirche bezog, ließen die Erwartungen an den neuen Papst in ungeahnte Höhen schießen. Diesem ausgeuferten Erwartungsdruck wird Papst Franziskus nicht standhalten und nicht standhalten wollen. Es stellt sich die Frage, ob mit der Beziehung auf den Heiligen Franz von Assisi, der als der Schutzpatron nicht nur der Armen, sondern auch der Tiere und des Umweltschutzes gilt, eine Einstellung bei Papst Franziskus verbunden sein könnte, die an die Programme „grüner“ Politik heranreicht. Doch auch hierbei hat sich gezeigt, dass Papst Franziskus nicht als „grüner“ Papst gelten wird.(49) Papst Franziskus wird Themen des Umweltschutzes, die er nicht Bewahrung der Schöpfung genannt hat, mit seinem eigenen Profil versehen. Bei seiner Predigt anlässlich seiner Einführung als Papst am 19. März 2013 hat er die Vertreterinnen und Vertreter der anwesenden Staaten dazu aufgefordert, sich für den Umweltschutz einzusetzen. Zudem hat er die Vertreter anderer Religionen am 20. März 2013 dazu ermuntert, mit der katholischen Kirche gemeinsam sich für den Umweltschutz zu engagieren. Wie Papst Franziskus in seiner Ansprache an die Medienvertreterinnen und Medienvertreter am 16. März 2013 klar gestellt hat, ist die „katholische Logik“ nicht die weltliche Logik und wie er gegenüber den Konklaveteilnehmern in der Sixtinischen Kapelle am 14. März 2013 gesagt hat, betet derjenige, der nicht zu Gott betet, zum Teufel.

Somit stellt sich die Kardinalsfrage, auf welche kirchlichen Lehren sich Papst Franziskus in seiner Theologie und in seinen sozialethischen Äußerungen beziehen wird. Anhand von sechszehn Punkten lässt sich nachweisen, dass Papst Franziskus bereits in den ersten fünf Tagen nach seiner Wahl eindeutig Position zum Opus Dei bezogen hat. Er ist somit nicht mehr nur ein kircheninterner Förderer des „Werkes Gottes“, wie das Opus Dei auch genannt wird, dessen Mitglieder gerne geheim bleiben.(50) Papst Franziskus bekennt sich öffentlich dazu, ein Opus Dei-Papst zu sein. Lediglich in seiner Einführungsmesse am 19. März 2013 hat er auf explizite oder implizite Bezugnahme auf das Opus Dei verzichtet. Vielleicht wurde er darauf aufmerksam gemacht, dass er Papst für alle Katholikinnen und Katholiken sein müsse und nicht nur für Opus Dei-Mitglieder.

 

3.1. Zitierung des Heiligen Josemaria Escriva

 

Bereits am Tag nach seiner Wahl, am 14. März 2013, hat Papst Franziskus von dem „Heiligen Escriva“ gesprochen. Der Gründer des Opus Dei wurde am 6. Oktober 2002 durch Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen.(51)

 

3.2. Gebet am Grab Papst Pius XII.

 

Am ersten Tag nach seiner Wahl hat Papst Franziskus am Grab von Papst Pius XII. im Petersdom gebetet. Im Petersdom und in der Krypta unter dem Petersdom wurden nahezu alle Päpste der katholischen Kirche beigesetzt. Papst Franziskus betete nur am Grab von Papst Pius XII. (1939-1958), der neben Papst Johannes Paul II. (1978-2005) als der größte Förderer des Opus Dei gilt.(52) Papst Pius XII. stimmte 1943 der Gründung einer „Priesterlichen Gemeinschaft“ für das Opus Dei zu.(53) Drei Jahre später verlegte Josemaria Escriva die Zentrale des Opus Dei von Madrid nach Rom.(54) Die Ausweitung des Opus Dei zu einem sogenannten „Säkularinstitut“, das direkt dem Papst untersteht und in dem katholische Laien in ihrer säkularen Umgebung nach christlicher Vollkommenheit streben können, ermöglichte Papst Pius XII. mit seinem im Februar 1947 erlassenen Dekret „Provida Mater Ecclesia“.(55) Die endgültige Approbation gewährte Papst Pius XII. dem Opus Dei am 16. Juni 1950.(56) Sowohl Papst Pius XII. als auch Josemaria Escriva einte eine tiefe Abneigung gegen den Marxismus.(57) Diese scheint auch Papst Franziskus mit beiden zu teilen. Da Josemaria Escriva Papst Pius XII. versprochen hatte, ihm ein Heer „kalter Krieger“ bereit zu stellen, expandierte das Opus Dei nun nicht mehr bevorzugt unter Universitätsgelehrten, sondern bei Bankern, Firmenchefs und Verwaltungsbeamten.(58)

Das Gebet von Papst Franziskus am Grab Papst Pius XII. könnte somit dem ersten großen päpstlichen Förderer des Opus Dei gegolten haben. Eine andere Interpretation könnte ebenso zutreffen. Eine bis heute existierende radikale Traditionalistengruppe, die sich „Sedisvakanisten“ nennt, ist davon überzeugt, dass der Stuhl Petri seit dem Tod von Papst Pius XII. verwaist sei. Alle Nachfolger von Papst Pius XII. einschließlich Papst Johannes XXIII. sind für diese Gruppierung Häretiker.(59) Verbindungen zwischen dem Opus Dei und den „Sedisvakanisten“ lassen sich in der Literatur über das Opus Dei bislang nicht herstellen.

 

3.3. „El Camino“

 

Gleich nach seiner Wahl zum Papst bei der Vorstellung auf der Loggia des Petersdomes am 13. März 2013 um 20.12 Uhr sprach Papst Franziskus ein Gebet und ein Ave Maria für seinen Amtsvorgänger Papst Benedikt XVI. Im ersten Satz danach sprach der neue Papst davon, dass die Römerinnen und Römer mit ihm einen Weg, „un cammino“ gehen sollten. Dieses an sich unverdächtige italienische Wort „cammino“ gilt Opus Dei-Mitgliedern als Signalwort. „El Camino“, dies bedeutet übersetzt „Der Weg“, heißt im Spanischen das Hauptwerk des Opus Dei-Gründers Josemaria Escriva, das nur Mitglieder des Opus Dei zu lesen bekommen.

Am Tag nach seiner Wahl, am 14. März 2013, als Papst Franziskus mit den Konklaveteilnehmern eine Messe in der Sixtinischen Kapelle feierte, benutzte er wiederum das Wort „un cammino“. Wiederum einen Tag später, am 15. März 2013, traf Papst Franziskus alle Kardinäle in der „Sala Clementina“ im Apostolischen Palast und auch bei diesem Anlass gebrauchte er das Wort „un cammino“. Ebenso benutzte Papst Franziskus sogar bei seinem Treffen mit den Vertretern anderer Religionen am 20. März 2013 den Begriff „un cammino“. Die Vertreter anderer Religionen sollten diesen Weg der Verständigung mit der katholischen Kirche gehen.

 

3.4. Aufruf zur Bekehrung

 

Bei seiner Vorstellung auf der Loggia des Petersdomes am 13. März 2013 rief Papst Franziskus die Römerinnen und Römer auf, sich zur Liebe zu bekehren. Von Rom aus solle dann diese Liebe weitergehen in alle Länder. Sogar gegenüber den Kardinälen, die am Konklave teilgenommen hatten, hielt Papst Franziskus am 14. März 2013 eine Predigt, die einen Bekehrungsaufruf enthielt. Die Pressevertreterinnen und Pressevertreter, die Papst Franziskus am 16. März 2013 in der Nervi Audienzhalle des Vatikans empfing, forderte er auf, die katholische Kirche und den katholischen Glauben immer stärker kennen zu lernen und nicht aus einer politischen oder weltlichen Logik heraus ihre Pressearbeit zu erledigen. Sie sollen in eine katholische Kirchenlogik hineinwachsen und als Gläubige von dieser Position aus am Verkündigungsauftrag der Kirche teilhaben. Auch diese Ansprache enthielt eindeutige Bekehrungspassagen.

Der Lehre des Opus Dei zufolge reicht eine Mitgliedschaft in der katholischen Kirche, wie sie in der Taufe und in der Firmung zuteil wird, nicht aus. Durch ständige Bußübungen muss sich das Opus Dei-Mitglied kasteien und sich so immer stärker und radikaler dem Dienst für das Opus Dei unterwerfen. Der Gründer des Opus Dei Josemaria Escriva ging sogar so weit, zu sagen: „Gedenke, dass Du nur Müll bist.“(60)

 

3.5. Die Welt als Teufelswerk

 

Vor den Kardinälen, die am Konklave teilgenommen hatten, sagte Papst Franziskus am 14. März 2013 in der Sixtinischen Kapelle, wer nicht zu Gott bete, der bete zum Teufel. Diese Verteufelung alles Weltlichen und der Aufbau einer starken Diastase zwischen der Kirche und der Welt sind signifikant für die Lehren des Opus Dei.

 

3.6. Schutzengel

 

Ein Kardinal soll bei der Messe in der Sixtinischen Kapelle am 14. März 2013 gesagt haben, Papst Franziskus sei so schmal auf dem päpstlichen Stuhl gesessen, dass sein Schutzengel noch Platz neben ihm gehabt habe. Dieser von den meisten als sehr niedlich verstandene Kommentar besitzt für Opus Dei-Mitglieder eine tiefere Bedeutung. Es war am Tag der Heiligen der Schutzengel, am 2. Oktober 1928, als Josemaria Escriva eine Vision hatte, von der er sagte, Gott habe sie ihm geschickt. Darin sah er das „Werk Gottes“ so, wie es in Zukunft einmal sein werde. Diesen Gründungsmythos lieben alle Opus Dei-Mitglieder.(61)

 

3.7. Braut des Heiligen Geistes

 

Vertraut man der Übersetzerin des Fernsehsenders n-tv, so hat Papst Franziskus in seiner Ansprache vor den Kardinälen während der Messe in der Sixtinischen Kapelle am 14. März 2013 gesagt, wer den Willen Gottes voll erfülle, der sei eine „Braut des Heiligen Geistes“. Diese Formulierung „Braut des Heiligen Geistes“ ist nicht biblisch, sie stammt von Josemaria Escriva. In später ausgestrahlten, nicht live übertragenen Fernsendungen war dann stets von der „Braut Christ“ die Rede. Dieser Ausdruck ist biblischen Ursprungs.

 

3.8. Das Haus Jakobs auf dem Weg zu Christus mitnehmen

 

In seiner Ansprache vor den Kardinälen während der Messe in der Sixtinischen Kapelle am 14. März 2013 sagte Papst Franziskus, man solle „das Haus Jakob“ „mitnehmen auf dem Weg zu Christus“. Mit dem „Haus Jakobs“ sind in Anlehnung an das Alte Testament jüdische Gläubige gemeint. Die Schlussfolgerung liegt somit nahe, dass Papst Franziskus mit dieser Formulierung die Judenmissionierung bestätigt hat. Dies würde der Aufnahme der Judenmissionierung in die Karfreitagsbitte des Alten Ritus durch Papst Benedikt XVI. im Jahr 2008 entsprechen. In der Schrift „Nostra aetate“, die von Joseph Ratzinger für das Zweite Vatikanische Konzil vorbereitet worden war, wurde eine eigenständige Würdigung des jüdischen Glaubens vollzogen. Nimmt man an, dass jüdische Gläubige auf den Weg zu Jesus Christus gebracht werden müssen, fällt man damit hinter das Zweite Vatikanische Konzil zurück. Der Gründer des Opus Dei Josemaria Escriva hat sich während des gesamten Zweiten Vatikanischen Konzils in der Opus Dei-Zentrale, in der Villa Tevere, aufgehalten und die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils verachtet.

Dieser inneren Haltung, die Bekehrung der jüdischen Gläubigen zu Jesus Christus zu wollen, kann durchaus eine gute Beziehung zu den jüdischen Rabbinern vor Ort entsprechen. So soll Jorge Mario Kardinal Bergoglio gute Kontakte zur jüdischen Gemeinde in Buenos Aires unterhalten haben. Ebenso scheint der derzeitige Präsident Israels, der 90-jährige Schimon Peres, Papst Franziskus aufgeschlossen gegenüber zu stehen, denn er hat den neuen Papst gleich nach dessen Wahl zu einem Besuch in Israel eingeladen, wie in den Untertiteln auf n-tv zu lesen war.

 

3.9. „Frühling des Glaubens“

 

Bekanntlich folgt auf den Winter der Frühling. Joachim Kardinal Meisner hat, als er am 14. März 2013 nach seinen Erwartungen gefragt wurde, die er an Papst Franziskus habe, geantwortet, Papst Franziskus werden einen „Frühling des Glaubens“ bringen. Die Zeit direkt nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil bezeichnete der katholische Theologie Karl Rahner als die „winterliche Periode der Kirche“.(62) Gerade die katholischen Erneuerungsbewegungen, die im Italienischen „movimenti“ genannt werden, sind zumeist äußerst reaktionär. Wenn also Papst Franziskus in seiner Ansprache an die Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle am 14. März 2013 von der „Bewegung“ spricht, die die katholische Kirche erfassen solle und die von einer endzeitlichen Bewegung vom Judentum über das Christentum, über den Aufbau der Kirche hin zum Leiden mit Jesus Christus führen solle, so könnte Papst Franziskus damit auch gemeint haben, die „winterliche Periode in der Kirche“, die durch das Zweite Vatikanische Konzil ausgelöst wurde, und die nun schon fast fünfzig Jahre andauert, solle durch die Bewegung der „movimenti“, unter denen das Opus Dei die mitgliederstärkste Gruppierung ist, überwunden werden.

 

3.10. Vater-Anrede

 

Papst Franziskus sei „herzlich wie ein Vater zu uns“, lautete der Untertitel bei n-tv am 14. März 2013, bereits einen Tag nach der Wahl Jorge Mario Kardinal Bergoglios. Wie viele andere Formulierungen erscheint dieser Satz beim ersten Hören als völlig harmlos. Es ist nett gemeint, wenn sich der Papst „herzlich wie ein Vater“ verhält. Zudem liegt der etymologische Ursprung des Wortes „Papst“ im italienischen Wort „Papa“, das im Deutschen „Vater“ heißt. Ist man über das Opus Dei genauer informiert, so weiß man, dass sich der Gründer Josemaria Escriva von allen Mitgliedern als „Vater“ ansprechen ließ.(63)

Der Ausspruch, Papst Franziskus sei „herzlich wie ein Vater zu uns“, wird dem Präfekten des Päpstlichen Hauses, der gleichzeitig immer noch der Privatsekretär von Papst Benedikt XVI. ist, Erzbischof Dr.Dr.hc Georg Gänswein zugeschrieben, der Mitglied in der „Priestergesellschaft des Heiligen Kreuzes“ sein soll. Peter Hertel zufolge war Prälat Georg Gänswein 2007 Mitglied im Opus Dei.(64). Genauer wäre es, wenn man davon spräche, dass Prälat Georg Gänswein 2007 Mitglied in der „Priestergesellschaft vom Heiligen Kreuz“ war, die eigenständig ist und die die Priester für das Opus Dei stellt. Bekannt ist, dass Prälat Dr. Georg Gänswein von Papst Johannes Paul II. einen Lehrauftrag  an der Opus-Dei Universität Santa Croce in Rom für kanonisches Recht erhalten hat, dem er auch heute noch nachgeht. Mit seiner Ernennung zum Privatsekretär Papst Benedikt XVI. dürften allerdings die Loyalitätsbeziehungen seines Amtes gegenüber dem Papst das größere Gewicht erhalten haben wie die Loyalitätsbeziehungen gegenüber der „Priestergesellschaft vom Heiligen Kreuz“. Es kann angenommen werden, dass seine Mitgliedschaft in der „Priestergesellschaft vom Heiligen Kreuz“ während des Pontifikates Papst Benedikt XVI. ruhte, denn als aktives Mitglied wäre Dr. Georg Gänswein wie jedes andere Opus-Dei Mitglied verpflichtet gewesen, wöchentlich mit einem Laien ein Bußgespräch zu führen und bei einem Opus-Dei Priester zu beichten. Dies wäre aber mit seiner Schweigepflicht als Privatsekretär des Papstes nicht vereinbar gewesen. Nun, da Papst Franziskus sich offen als Mitglied des Opus Dei bekennt, muss angenommen werden, dass auch Erzbischof Dr.Dr.hc Georg Gänswein von Papst Franziskus dazu aufgefordert wurde, seinen Pflichten als Mitglied der „Priestergesellschaft vom Heiligen Kreuz“ wieder nachzukommen. Dies betrifft dann vor allem die wöchentlichen Bußgespräche mit einem Opus Dei-Laienmitglied und die Beichtgespräche bei einem Opus Dei-Priester.

 

3.11. Apostolat der Laien

 

Bei seinem ersten Angelus am 17. März 2013 erzählte Papst Franziskus von einem Gespräch, das er mit einer älteren Frau geführt habe. Die Frau sei zu ihm gekommen, um zu beichten. Er meinte, sie habe doch bestimmt keine Sünde begangen. Die ältere Frau belehrte den Erzbischof von Buenos Aires Jorge Mario Kardinal Bergoglio darauf hin, dass alle Menschen Sünder seien, auch er als Erzbischof. Die Frau übte damit das Apostolat der Laien aus. Daraufhin, erzählt Papst Franziskus, habe er der Frau die Beichte abgenommen und ihr gesagt, Gott werde nicht müde zu vergeben, aber wir würden müde werden, ihn um Vergebung zu bitten.

Diese kleine Geschichte, die Papst Franziskus selbst am vierten Tag seines Pontifikates erzählt hat, klingt für Unbedarfte völlig harmlos. Mitglieder des Opus Dei erkennen darin die Praxis ihrer Glaubensgemeinschaft wieder. Die ältere Frau hat das Laienapostolat ausgeübt und ein Bußgespräch sogar mit dem Erzbischof von Buenos Aires Jorge Mario Kardinal Bergoglio geführt. Er hat ihr die Beichte abgenommen. Nach katholischem Verständnis und nach dem Verständnis des Opus Dei können nur Priester oder Bischöfe, Kardinäle und Päpste die Beichte abnehmen und Sünden vergeben. Laien fällt jedoch im Opus Dei eine entscheidende Verkündigungsaufgabe zu, die sich in der gewissenhaften beruflichen Pflichterfüllung ebenso zeigt wie in einer ständigen Gewissenserforschung und in regelmäßigen körperlichen Züchtigungen.(65)

 

3.12. Die übernatürliche Familie als der mystische Leib Christi

 

Eng mit der Anrede des Opus Dei-Gründers Josemaria Escriva als „Vater“ hängt zusammen, dass er die Mitglieder des Opus Dei „die übernatürliche Familie“(66) nannte. Den gleichen Ausdruck verwendete Papst Franziskus in seiner Ansprache an die Kardinäle, die am Konklave teilgenommen hatten, in der Sixtinischen Kapelle am 14. März 2013. Sie seien „eine übernatürliche Familie, der mystische Leib Christi“. Den Begriff des „mystischen Leibes Christ“ verwendete Papst Franziskus ebenfalls in seiner Ansprache zu seiner Einführung am 19. März 2013.

 

3.13. 19. März - der Tag des Heiligen Joseph

 

Papst Franziskus hat in seiner Ansprache zu einer Einführung am 19. März 2013 auf dem Petersplatz erwähnt, dass dieser Tag der Namenstag seines Vorgängers ist. Papst Benedikt XVI. trägt den bürgerlichen Vornamen Joseph. Allerdings hat Papst Franziskus nicht erwähnt, dass der 19. März ein besonderer Tag für alle Mitglieder des Opus Dei ist. Dieser Tag ist der 30. Jahrestag der Erhebung des Opus Dei zur Personalprälatur. Nicht zufällig wählte Papst Franziskus diesen Tag für seine Einführungsmesse. Am 19. März 1983 fanden die Feierlichkeiten anlässlich der Erhebung des Opus Dei zur Personalprälatur durch Papst Johannes Paul II. statt.(67) Mit der kanonischen Ernennung zur Personalprälatur, einer kirchenrechtlichen Form, die derzeit nur für das Opus Dei verwendet wird, wurde einerseits die organisationelle Eigenständigkeit des Opus Dei bestätigt, andererseits untersteht das Opus Dei direkt dem Papst.(68) Hierin ist es nur mit dem Jesuitenorden vergleichbar.

Für alle Mitglieder des Opus Dei hat der 19. März eine hohe Bedeutung, da diejenigen, die Mitglieder werden wollen, an diesem Tag ihre „oblatio“, ihr Versprechen, ablegen, sich der Prälatur zu unterstellen und allen Verpflichtungen und Verordnungen des Opus Dei nachzukommen.(69) Die „Oblatio“ gilt jeweils für ein Jahr und wird insgesamt fünf Mal erneuert, jedes Jahr am 19. März, dem Tag des Heiligen Joseph. Dann legen Anwärterinnen und Anwärter das Versprechen ab, dem Opus Dei auf Lebenszeit anzugehören. Dieses lebenslange Versprechen heißt „Fidelitas“ und enthält neben einer Ausdehnung des allgemeinen Vertrages auf die Lebenszeit drei Verpflichtungen: 1. alles zu meiden, was dem Opus Dei Schaden könnte, 2. die brüderliche Zurechtweisung zu üben und 3. der kirchlichen Lehre und dem Opus Dei gegenüber immer treu zu sein.(70) „Fedeltà“ war ebenfalls ein Schlüsselbegriff in der Ansprache von Papst Franziskus zu seiner Einführung am 19. März 2013.

 

3.14. Intellektuelle

 

Innerhalb des Opus Dei gibt es verschiedene Klassifikationen. Zwei davon, die Supernumerarier und die Numerarier, wurden von traditionellen spanischen Bezeichnungen für Universitätsprofessoren übernommen.(71) Bereits 1939 gelang es dem Opus Dei, sich an den Universitäten von Madrid und Barcelona zu etablieren.(72) Heute verfügt das Opus Dei über eigene Universitäten und ist an vielen europäischen und internationalen Universitäten durch seine Mitglieder präsent.(73) Sein Gründer Josemaria Escriva wollte, bevor er am 2. Oktober 1928 seine Vision zur Gründung des Opus Dei hatte, eine Doktorarbeit schreiben und gleichzeitig in den Armenvierteln Madrids arbeiten. Während dieser Zeit litt er zunehmend unter den kirchenfeindlichen Äußerungen seiner Umgebung.(74)

Die enge Verbindung zwischen einem Leben als Theologieprofessoren, die an zwei unterschiedlichen Universitäten lehrten, und einem Engagement für Arme suchten 1976 die beiden Jesuiten Orlando Yorio und Franz Jalics, als sie in die Armenviertel von Buenos Aires gingen. Die Rolle, die der damalige Provinzial der Jesuiten Pater Jorge Mario Bergoglio dabei einnahm, ist bis heute ungeklärt. Die beiden Professoren gerieten in Gefangenschaft, wurden gefoltert und erst nach fünf Monaten, die sie mit gefesselten Händen und verbundenen Augen auf dem Boden verbringen mussten, wieder frei gelassen.(75)

Von dem 1936 geborenen Jorge Mario Bergoglio ist bekannt, dass er 1985, also mit 48 Jahren, drei Monate in Frankfurt am Main im Jesuitenkolleg in St. Georgen verbracht hat, um die Schriften Romano Guardinis für seine Promotion zu lesen. Das Vorhaben, zu promovieren, hat Jorge Mario Bergoglio später aufgegeben.(76) Sowohl vor dieser Zeit als auch danach hat sich Jorge Mario Bergoglio offensichtlich für die Armen von Buenos Aires aufgeopfert.

Dass Jorge Mario Kardinal Bergoglio eine eindeutige Vorliebe für die Arbeit unter den Armen hatte, geht aus einer Erzählung hervor, die der Vatikan-Journalist der Bild-Zeitung Andreas Englisch in der Sendung „Markus Lanz“ am 20. März 2013 bekannt gab. Andreas Englisch erzählte, dass Jorge Mario Kardinal Bergoglio die ganze Zeit im Streit mit dem Vatikan gelegen habe. Er hatte einige sehr fähige und intelligente Priester durch die Ausbildung gebracht. Nun wollte er sie in die Armenviertel der Stadt schicken. Der Vatikan protestierte, die Priester sollten für andere Aufgaben zur Verfügung stehen, schließlich gäbe es nicht so viele Priester. Doch Jorge Mario Kardinal Bergoglio bestand darauf, die besten Priester, die er hatte, in die Armenviertel zu schicken. Dort bestünde Lebensgefahr für die Priester, argumentierte die zuständige Stelle im Vatikan. Doch Jorge Mario Kardinal Bergoglio ließ sich nicht davon abhalten und sagte, dann gehe er eben mit den Priestern mit.

 

3.15. Finanzen und Rechenschaftsberichte

 

Manche kommentierten in den ersten Tagen des Pontifikates von Papst Franziskus, dass man sich eine Unterstützung für die Armen leisten können müsse. Dies dürfte das geringste Problem sein, da das Opus Dei zu einer der finanzkräftigsten religiösen Organisationen innerhalb der katholischen Kirche gehört. Das Opus Dei muss aufgrund seiner Statuten nur alle fünf Jahre einen Rechenschaftsbericht abgeben.(77) Aus mehreren Gründen muss das Finanzierungssystem des Opus Dei als undurchsichtig bezeichnet werden. Dennoch spielte das Opus Dei in mehreren Finanzkrisen des Vatikans eine tragende Rolle. Auch das Instituto der le Opere Religione, die Vatikanbank, wird wahrscheinlich seit Jahrzehnten vom Opus Dei geführt.(78)

Andreas Englisch, der Vatikan-Reporter der Bild-Zeitung, erzählte am 20. März 2013 in der Sendung „Markus Lanz“, dass es in den Generalkongregationen eine eindeutige Drehung hin zu Jorge Mario Kardinal Bergoglio gegeben habe. In den Generalkongregationen, zu denen alle Kardinäle eingeladen waren, auch diejenigen, die das 80. Lebensjahr schon überschritten hatten, wurden nach dem 11. März 2013 unter anderem die Missstände in der Vatikanbank angesprochen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass hier wiederum Joachim Kardinal Meisner der führende Kopf war. Bereits bei der Wahl Joseph Kardinal Ratzingers soll er die Wendung hin zum Präfekten der Glaubenskongregation bewirkt haben. Wenn nun in den Generalkongregationen vor dem letzten Konklave wiederum Joachim Kardinal Meisner, der ein Mitglied des Opus Dei ist,(79) die Aufmerksamkeit auf Jorge Mario Kardinal Bergoglio gelenkt hat, so dürfte er damit auch beabsichtigt haben, seine Verantwortlichkeit für die Missstände bei der Vatikanbank zu vertuschen, denn Joachim Kardinal Meisner wurde bereits von Papst Johannes Paul II. mit der Aufsicht über die Finanzen des Vatikans beauftragt und von Papst Benedikt XVI. bestätigt. Sollte es, wie manche Kommentatoren in diesen Tagen behaupten, dazu kommen, dass die Vatikanbank ganz abgeschafft würde, so müssten der Vatikan und die gesamte katholische Weltkirche dennoch keine finanziellen Sorgen fürchten, denn das Opus Dei ist in Finanzgeschäften international hervorragend aufgestellt.

 

3.16. Medienarbeit

 

Bei seiner ersten Audienz, die Papst Franziskus Pressevertreterinnen und Pressevertretern in der Nervi Audienzhalle am 16. März 2013 gewährte, betonte er sehr klar, dass er von den Journalistinnen und Journalisten keine objektive Berichterstattung erwarte, wie sie allgemein international üblich ist. Er sprach sie als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren seiner Vorstellung von Öffentlichkeitsarbeit an. Sie sollten nicht die weltliche Logik als Grundlage ihrer Arbeit ansehen, sondern immer stärker mit dem Blick des Glaubens in die kirchliche, und das meine in die katholische Logik hineinwachsen. Erst wenn sie die Schönheit des Glaubens zur Grundlage ihrer Arbeit werden ließen, würden sie das Wahre des christlichen Glaubens nach katholischem Verständnis erkennen können.

Die Öffentlichkeitsarbeit von vatikanischer Seite aus wird seit dem Jahr 1978 vom Opus Dei zumindest teilweise mit übernommen.(80) Im Dezember 1984 übertrug Papst Johannes Paul II. Joaquin Navarro-Valls den Posten des Pressesprechers. Joaquin Navarro-Valls war weltweit der erste Prälat, der sich öffentlich zum Opus Dei bekannte.(81) Ende der 1980er Jahre kontrollierte das Opus Dei Radio Vatikan, L’Osservatore Romano, das vatikanische Verlagshaus und den vatikanischen Fernsehsender.(82) Bereits mit der Wahl von Papst Franziskus fällt auf, dass nun wesentlich mehr Auftritte von Papst Franziskus von deutschen Fernsehsendern live übertragen werden. So wurden zwischen dem 13. März 2013 und dem 20. März 2013 alle öffentlichen und alle internen Treffen und Messen mit Papst Franziskus live gesendet, davon hat Phoenix allein 30 Stunden live mit Kommentatoren bestritten. Bislang sind diese Live-Übertragungen allerdings fast vollständig frei von Opus Dei-Kommentaren, lediglich Gudrun Sailer scheint dem Opus Dei anzugehören.(83)


Fazit

 

Sehr viele wurden von der Wahl Jorge Mario Kardinal Bergoglios zum Papst überrascht. In dem Internetportal Lib & In konnte man bereits am 10. März 2013, also drei Tage vor der Wahl Jorge Mario Kardinal Bergoglios, im Editorial lesen, dass der nächste Papst wahrscheinlich dem Opus Dei angehören wird und dass er aus einem südamerikanischen Land kommen wird. Darauf deuteten die Themen hin, die von den Kardinälen in den Generalkongregationen besprochen wurden und die Pater Federico Lombardi in seinen Pressekonferenzen bekannt gab.

Dieser neue Papst, der von sich selbst sagt, er komme „vom Ende der Welt“, hat viele Erwartungen und Hoffnungen dadurch geweckt, dass er sich den Namen des bekanntesten und beliebtesten Heiligen der katholischen Kirche zugelegt hat. Vielen Italienerinnen und Italienern gilt Franziskus als der Nationalheilige. Eine reaktionäre Grundhaltung freilich verbindet niemand mit dem Asketen aus dem 12. Jahrhundert. Bereits nach vier Tagen erwiesen sich die Erwartungen und Projektionen in der Sehnsucht nach einer heilen Welt kühl-rational abwägend als überzogen und nicht haltbar.(84) Bereits die Analyse der gängigsten Erwartungen ließ erkennen, dass sich Papst Franziskus in einer großen Distanz zu modernen, fortschrittszugewandten, westlich demokratischen Politikerwartungen einer bürgerlichen Gesellschaft befindet. Somit stellte sich die Frage, ob Papst Franziskus ein „grüner“ Papst werden würde. Doch hierzu erwiesen sich die meisten konkreten politischen Themen, die zumeist von „grünen“ Politikerinnen und Politikern traktiert werden, als irrelevant für Papst Franziskus. Zumindest ist nicht bekannt, dass er zu ihnen theologisch oder ethisch Bezug genommen hätte. Auf welche Weise muss nun erwartet werden, dass sich Papst Franziskus mit den aktuellen Themen unserer Zeit auseinandersetzt. Mit einer protestantischen Sichtweise scheint man bei Papst Franziskus keinesfalls weiter zu kommen. Im Protestantismus standen Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung bereits genau vor dreißig Jahren im Jahr 1983 auf der Themenagenda.(85) Zu diesem Zeitpunkt wurde das Opus Dei von Papst Johannes Paul II. gerade zur Personalprälatur erhoben.(86)

Anhand von sechszehn konkreten Bezügen von Papst Franziskus lässt sich seine Mitgliedschaft im Opus Dei nicht nur behaupten, sondern nachweisen.(87) Papst Franziskus ist ein bekennender Opus Dei-Papst. Mit ihm scheint die katholische Kirche eine Entwicklung nachholen zu wollen, die im Protestantismus und in der säkularen Welt bereits seit dreißig Jahren im Gange ist. Allerdings wird diese Entwicklung in der katholischen Kirche nach den konservativ bis reaktionären Mustern des Opus Dei ablaufen und sich inhaltlich wie formal wesentlich von der Entwicklung der vergangenen dreißig Jahre im protestantischen und im säkularen Bereich unterscheiden. Dafür wurde Papst Franziskus von den Kardinälen gewählt. Dass mit dem Programm von Papst Franziskus nicht ein demokratischer Willensbildungsprozess verbunden ist, hat der Papst in den ersten Tagen seines Pontifikates bereits angekündigt. Der Weg, den die katholische Kirche in diesen bislang „grünen“ Themen gehen will, wird mit Gehorsam, mit Demut, mit Glaubensintrospektion, mit hierarchischer Abhängigkeit, mit einer hohen Gruppenkohäsion und mit einer engen Bindungspflege verbunden sein. Die demokratische Willensfreiheit, die reflexiv mit religiösen Glaubensinhalten umzugehen hat, gerät dabei in den Verdacht, ein „Werk des Teufels“ zu sein, da sie die Forderung nach der Kommunikationsbereitschaft auf der Grundlage der weltlichen Logik stellt und damit der katholischen Seite, wie sie Papst Franziskus im Namen des Opus Dei vertritt, in einem dualistischen Verdikt zum Opfer fällt. Entgegen aller Erwartungen wird somit Papst Franziskus keinen Fortschritt bringen für die katholische Kirche, sondern eine konservative bis reaktionäre Usurpation bisher protestantischer und säkularer Themenbereiche zu den Fragen von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.

 

Elke Göß

 

(1) vgl. Seewald Peter (2007): Benedikt XVI. - erweiterte und aktualisierte Ausgabe, ein Portrait aus der Nähe, Freiburg; vgl. Göß Elke (2008): Ein Journalist sucht die Nähe zu Papst Benedikt XVI., Rezension zu Seewald Peter (2007): Benedikt XVI. - erweiterte und aktualisierte Ausgabe, ein Portrait aus der Nähe, Freiburg, erschienen bei amazon am 14. Juli 2008

(2) vgl. 3. Papst Franziskus – ein bekennender Vertreter des Opus Dei

(3) vgl. Gänswein Georg (1996):  Kirchengliedschaft gemäss dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Zur Vorgeschichte, Erarbeitung und Interpretation der konziliaren Lehraussagen über die Zugehörigkeit zur Kirche, St. Ottilien; vgl. Göß Elke (2007): Gänswein knackt in einer kompetenten, knappen und relevanten Präsentation eine kirchenrechtlich „harte Nuss“, Rezension zu Gänswein Georg (1996): Kirchengliedschaft gemäss dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Zur Vorgeschichte, Erarbeitung und Interpretation der konziliaren Lehraussagen über die Zugehörigkeit zur Kirche, St. Ottilien, erschienen bei amazon am 5. Juli 2007

(4) vgl. Hutchison Robert (1996): Die heilige Mafia des Papstes. Der wachsende Einfluss des Opus Dei, München; vgl. Göß Elke (2008): Die internationalen Verflechtungen der heiligen Mafia von Papst Johannes Paul II. Rezension zu Hutchison Robert (1996): Die heilige Mafia des Papstes. Der wachsende Einfluss des Opus Dei, München,  erschienen bei amazon am 9. November 2008

(5) vgl. Teubner Thomas (2008): Opus Dei. das „Werk Gottes“ zwischen Heiligkeit und Santa Mafia (CD); vgl. Göß Elke (2009): Eine informative, ausgewogene, angenehm zu hörende Dokumentation, Rezension zu Teubner Thomas (2008): Opus Dei. Das „Werk Gottes“ zwischen Heiligkeit und Santa Mafia (CD), erschienen bei amazon am 17. Januar 2009

(6) vgl. Hans Julian (2013): Exerzitien im Kerker. In einem Buch beschrieb Priester Jalics seine Leiden in Haft, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 64, 16./17.März 2013, S. 8

(7) vgl. Jorge Rafael Videla: Lebenslang für Ex-Diktator, http://www.bild.de/video/clip/rafael-benitez/lebenslang-fuer-ex-diktator-15185364.bild.html, 17.03.2013

(8) vgl. Burghardt Peter (2013): Schatten des Schreckens. Jahrelang herrschte in Argentinien eine Militär-Junta. Tausende Menschen verschwanden in dieser Zeit. Der Vatikan dementiert Vorwürfe, wonach der neue Papst Franziskus Regimegegner nicht geschützt hat, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 64, 16./17. März 2013, S. 8

(9) vgl. Burghardt, Schatten, S. 8

(10) vgl. Hutchison, Mafia, S. 110

(11) vgl. „Beckmann“, http://www.presseportal.de/pm/6694/2433618/-beckmann-am-donnerstag-14-maerz-2013-um-22-45-uhr, 17.03.2013

(12) vgl. Der neue Fischer Weltalmanach 2012. Zahlen, Daten, Fakten, Frankfurt/Main, S. 60; vgl. Göß Elke (2012): Warum man besser von „Internationalisierung“ anstatt von „Globalisierung“ spricht, Rezension zu Der neue Fischer Weltalmanach 2012. Zahlen, Daten, Fakten, Frankfurt/Main, erschienen bei amazon am 17. November 2012

(13) vgl. vgl. Der neue Fischer Weltalmanach 2012. Zahlen, Daten, Fakten, Frankfurt/Main, S. 119

(14) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 60

(15) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 61

(16) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 62

(17) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 62

(18) vgl. Vecchi Gian Guido (2013): Il Vaticano: sul Papa e Videla solo calunnie – “Nessun compromesso con la dittatura”: E Cameron: “Dissento sulle Falklands”, in: Corriere della Sera, 16 Marzo 2013, pagina 12

(19) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 62

(20) vgl. Südatlantik: Falkland-Referendum befeuert Streit mit Argentinien, http://www.spiegel.de/politik/ausland/referendum-auf-den-falkland-inseln-aerger-fuer-argentinien-a-888346.html, 22.03.2013

(21) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 61

(22) vgl. 1.4. Politik als Mittel zum Zweck

(23) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 61

(24) vgl. Kardinal Bergoglio: Homo-Ehe ‚ein Schachzug des Vaters der Lüge‘,http://kath.net/news/40542, 22.03.2013

(25) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 61

(26) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 62

(27) vgl. Angriff gegen Gottes Plan, http://www.sueddeutsche.de/panorama/nach-der-wahl-von-papst-angriff-gegen-gottes-plan-1.1623939, 22.03.2013

(28) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 777

(29) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 62

(30) vgl. Vatikan spricht von Kampagne gegen den Papst, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 64, 16. März 2013, S. 1; vgl. Vatikan weist Vorwürfe gegen Papst zurück, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 64, 16./17.März 2013, S. 1

(31) vgl. Pro e contro – Gli schieramenti nel Paese, in: Corriere della Sera, 16 Marzo 2013, pagina 12

(32) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 60

(33) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 61

(34) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 119

(35) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 61

(36) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 62

(37) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 62

(38) vgl. Teubner Thomas (2008): Opus Dei. das „Werk Gottes“ zwischen Heiligkeit und Santa Mafia (CD)

(39) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 62

(40) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 62

(41) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 60

(42) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 119

(43) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 61

(44) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 119

(45) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 62

(46) vgl. Fischer Weltalmanach, S. 62

(47) vgl. Der Argentinier, http://www.sueddeutsche.de/panorama/papst-franziskus-der-argentinier-1.1623961, 22.03.2013

(48) vgl. 1. Erwartungen und Projektionen in der Sehnsucht nach einer heilen Welt

(49) vgl. 2. Papst Franziskus – ein „grüner“ Papst?

(50) vgl. Teubner Thomas (2008): Opus Dei. das „Werk Gottes“ zwischen Heiligkeit und Santa Mafia (CD)

(51) vgl. Maggi Antonio (2003): 6. Oktober 2002. Die Heiligsprechung von Josemaria Escriva Gründer der Opus Dei, Köln

(52) vgl. Hutchison Robert (1996): Die heilige Mafia des Papstes. Der wachsende Einfluss des Opus Dei, München, S. 102f

(53) vgl. Hutchison, Mafia, S. 118f

(54) vgl. Hutchison, Mafia, S. 227

(55) vgl. Hutchison, Mafia, S. 122f; vgl. Messori Vittorio (1995): Der „Fall“ Opus Dei, Aachen, S. 321

(56) vgl. Messori, Fall, S. 322

(57) vgl. Hutchison, Mafia, S. 128

(58) vgl. Hutchison, Mafia, S. 128

(59) vgl. Oschwald Hanspeter (2010): Im Namen des Heiligen Vaters. Wie fundamentalistische Mächte den Vatikan steuern, München, S. 345

(60) vgl. Teubner Thomas (2008): Opus Dei. das „Werk Gottes“ zwischen Heiligkeit und Santa Mafia (CD)

(61) vgl. Hutchison, Mafia, S. 67

(62) vgl. Ratzinger Joseph Kardinal (1998): Die kirchlichen Bewegungen und ihr theologischer Ort. Eröffnungsreferat von Joseph Kardinal Ratzinger beim Kongress der neuen Geistlichen Gemeinschaften in Rom, 27.5.1998, in: Benedikt XVI./Ratzinger Joseph Kardinal (2007): Kirchliche Bewegungen und neue Gemeinschaften. Unterscheidungen und Kriterien, München/Zürich/Wien, S. 16

(63) vgl. Teubner Thomas (2008): Opus Dei. das „Werk Gottes“ zwischen Heiligkeit und Santa Mafia (CD)

(64) vgl. Hertel Peter (2007): Schleichende Übernahme. Das Opus Dei unter Papst Benedikt XVI., Oberursel, S. 40f

Es ist somit falsch, wenn Alexander Smoltczyk über die Mitgliedschaft Dr. Georg Gänsweins im Opus Dei schreibt, dass er „dort jedoch nie Mitglied war“. Vgl. Smoltczyk Alexander (2008): Vatikanistan. Eine Entdeckungsreise durch den kleinsten Staat der Welt, München, S. 222

(65) vgl. Teubner Thomas (2008): Opus Dei. das „Werk Gottes“ zwischen Heiligkeit und Santa Mafia (CD)

(66) vgl. Teubner Thomas (2008): Opus Dei. das „Werk Gottes“ zwischen Heiligkeit und Santa Mafia (CD)

(67) vgl. Messori, Fall, S. 322

(68) vgl. Schmitz Heribert (1999): Die Personalprälaturen, in: Listl Joseph/Schmitz Heribert (Hg.): Handbuch des katholischen Kirchenrechts, Regensburg, 2., grundlegend neubearbeitete Auflage, S. 650-655

(69) vgl. Hutchison, Mafia, S. 206; vgl. Messori, Fall, S. 186

(70) vgl. Hertel Peter (1992): Intelligent gehorchen, aber blind. Ein Wegweiser durch den Dschungel offizieller und geheimer Dokumente des Opus Dei, in: Paulus-Akademie (Hg.) (1992): Opus Dei – Stosstrupp Gottes oder „Heilige Mafia“? Macht und Einfluss des Opus Dei in der Schweiz und anderswo, Zürich, 2, Auflage, S. 44f

(71) vgl. Allen John L. (2006): Opus Dei. Mythos und Realität – Ein Blick hinter die Kulissen, Gütersloh, S. 37

(72) vgl. Hutchison, Mafia, S. 79

(73) vgl. Messori, Fall, S. 97ff

(74) vgl. Hutchison, Mafia, S. 74

(75) vgl. Hans Julian (2013): Exerzitien im Kerker. In einem Buch beschrieb Priester Jalics seine Leiden in Haft, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 64, 16./17.März 2013, S. 8

(76) vgl. Bergoglio in Hessen: Er spricht Deutsch, http://www.spiegel.de/panorama/spurensuche-in-deutschland-papst-franziskus-und-sankt-georgen-a-888849.html, 22.03.2013

(77) vgl. Aymans Winfried (1988): Kirchliche Vereinigungen. Ein Kommentar zu den Bestimmungen des Codex Iuris Canonici, Paderborn, S. 88f

(78) vgl. vor allem Hertel Peter (2007): Schleichende Übernahme. Das Opus Dei unter Papst Benedikt XVI., Oberursel; vgl. Hutchison Robert (1996): Die heilige Mafia des Papstes. Der wachsende Einfluss des Opus Dei, München

(79) vgl. Hertel, Übernahme, S. 21

(80) vgl. Hutchison, Mafia, S. 400

(81) vgl. Erbacher Jürgen (2008): Vatikan. Wissen was stimmt, Freiburg/Basel/Wien, S. 52

(82) vgl. Hutchison, Mafia, S. 401

(83) vgl. Sailer Gudrun (2008): Frauen im Vatikan. Begegnungen, Portraits, Bilder, Leipzig; vgl. Göß Elke (2009): Warum hat sich die Haushälterin des Papstes geweigert, hier interviewt zu werden? Rezension zu Sailer Gudrun (2008): Frauen im Vatikan. Begegnungen, Portraits, Bilder, Leipzig, erschienen bei amazon am 28. Mai 2009

(84) vgl. 1. Erwartungen und Projektionen in der Sehnsucht nach einer heilen Welt

(85) vgl. Konziliarer Prozess, http://de.wikipedia.org/wiki/Konziliarer_Prozess, 22.03.2013

(86) vgl. Messori, Fall, S. 322

(87) vgl. 3. Papst Franziskus – ein bekennender Vertreter des Opus Dei

 


Literatur

 

Allen John L. (2006): Opus Dei. Mythos und Realität – Ein Blick hinter die Kulissen, Gütersloh

 

Aymans Winfried (1988): Kirchliche Vereinigungen. Ein Kommentar zu den Bestimmungen des Codex Iuris Canonici, Paderborn

 

Burghardt Peter (2013): Schatten des Schreckens. Jahrelang herrschte in Argentinien eine Militär-Junta. Tausende Menschen verschwanden in dieser Zeit. Der Vatikan dementiert Vorwürfe, wonach der neue Papst Franziskus Regimegegner nicht geschützt hat, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 64, 16./17. März 2013, S. 8

 

Erbacher Jürgen (2008): Vatikan. Wissen was stimmt, Freiburg/Basel/Wien

 

Der neue Fischer Weltalmanach 2012. Zahlen, Daten, Fakten, Frankfurt/Main

 

Gänswein Georg (1996):  Kirchengliedschaft gemäss dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Zur Vorgeschichte, Erarbeitung und Interpretation der konziliaren Lehraussagen über die Zugehörigkeit zur Kirche, St. Ottilien

 

Göß Elke (2007): Gänswein knackt in einer kompetenten, knappen und relevanten Präsentation eine kirchenrechtlich „harte Nuss“, Rezension zu Gänswein Georg (1996): Kirchengliedschaft gemäss dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Zur Vorgeschichte, Erarbeitung und Interpretation der konziliaren Lehraussagen über die Zugehörigkeit zur Kirche, St. Ottilien, erschienen bei amazon am 5. Juli 2007


Göß Elke (2008): Ein Journalist sucht die Nähe zu Papst Benedikt XVI., Rezension zu Seewald Peter (2007): Benedikt XVI. - erweiterte und aktualisierte Ausgabe, ein Portrait aus der Nähe, Freiburg, erschienen bei amazon am 14. Juli 2008

 

Göß Elke (2008): Die internationalen Verflechtungen der heiligen Mafia von Papst Johannes Paul II. Rezension zu Hutchison Robert (1996): Die heilige Mafia des Papstes. Der wachsende Einfluss des Opus Dei, München, erschienen bei amazon am 9. November 2008


Göß Elke (2009): Eine informative, ausgewogene, angenehm zu hörende Dokumentation, Rezension zu Teubner Thomas (2008): Opus Dei. Das „Werk Gottes“ zwischen Heiligkeit und Santa Mafia (CD), erschienen bei amazon am 17. Januar 2009

 

Göß Elke (2012): Warum man besser von „Internationalisierung“ anstatt von „Globalisierung“ spricht, Rezension zu Der neue Fischer Weltalmanach 2012. Zahlen, Daten, Fakten, Frankfurt/Main, erschienen bei amazon am 17. November 2012

 

Hans Julian (2013): Exerzitien im Kerker. In einem Buch beschrieb Priester Jalics seine Leiden in Haft, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 64, 16./17.März 2013, S. 8

 

Hertel Peter (1992): Intelligent gehorchen, aber blind. Ein Wegweiser durch den Dschungel offizieller und geheimer Dokumente des Opus Dei, in: Paulus-Akademie (Hg.) (1992): Opus Dei – Stosstrupp Gottes oder „Heilige Mafia“? Macht und Einfluss des Opus Dei in der Schweiz und anderswo, Zürich, 2, Auflage, S. 33-151

 

Hertel Peter (2007): Schleichende Übernahme. Das Opus Dei unter Papst Benedikt XVI., Oberursel

 

Hutchison Robert (1996): Die heilige Mafia des Papstes. Der wachsende Einfluss des Opus Dei, München

 

Maggi Antonio (2003): 6. Oktober 2002. Die Heiligsprechung von Josémaria Escrivá Gründer der Opus Dei, Köln

 

Messori Vittorio (1995): Der „Fall“ Opus Dei, Aachen

 

Oschwald Hanspeter (2010): Im Namen des Heiligen Vaters. Wie fundamentalistische Mächte den Vatikan steuern, München

 

Pro e contro – Gli schieramenti nel Paese, in: Corriere della Sera, 16 Marzo 2013, pagina 12

 

Ratzinger Joseph Kardinal (1998): Die kirchlichen Bewegungen und ihr theologischer Ort. Eröffnungsreferat von Joseph Kardinal Ratzinger beim Kongress der neuen Geistlichen Gemeinschaften in Rom, 27.5.1998, in: Benedikt XVI./Ratzinger Joseph Kardinal (2007): Kirchliche Bewegungen und neue Gemeinschaften. Unterscheidungen und Kriterien, München/Zürich/Wien

 

Schmitz Heribert (1999): Die Personalprälaturen, in: Listl Joseph/Schmitz Heribert (Hg.): Handbuch des katholischen Kirchenrechts, Regensburg, 2., grundlegend neubearbeitete Auflage, S. 650-655

 

Seewald Peter (2007): Benedikt XVI. - erweiterte und aktualisierte Ausgabe, ein Portrait aus der Nähe, Freiburg

 

Smoltczyk Alexander (2008): Vatikanistan. Eine Entdeckungsreise durch den kleinsten Staat der Welt, München

 

Teubner Thomas (2008): Opus Dei. das „Werk Gottes“ zwischen Heiligkeit und Santa Mafia (CD)

 

Vatikan spricht von Kampagne gegen den Papst, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 64, 16. März 2013, S. 1

 

Vatikan weist Vorwürfe gegen Papst zurück, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 64, 16./17.März 2013, S. 1

 

Vecchi Gian Guido (2013): Il Vaticano: sul Papa e Videla solo calunnie – “Nessun compromesso con la dittatura”: E Cameron: “Dissento sulle Falklands”, in: Corriere della Sera, 16 Marzo 2013, pagina 12

 

Jorge Rafael Videla: Lebenslang für Ex-Diktator, http://www.bild.de/video/clip/rafael-benitez/lebenslang-fuer-ex-diktator-15185364.bild.html, 17.03.2013

 

15. März 2013

update: 22. März 2013

 

Sechs Thesen, wie und wieso der bekennende Opus Dei-Papst Franziskus Papst Benedikt XVI. abloeste(1)

These 1: Papst Franziskus ist ein bekennender Opus Dei-Papst.

Bereits in den ersten fuenf Tagen seines Pontifikates hat Papst Franziskus Position bezogen. Er bekennt sich zu seiner Mitgliedschaft im Opus Dei. Die folgenden Argumente sind den Live-Uebertragungen entnommen, die im deutschen Fernsehen auf n-tv und Phoenix gesendet wurden. In 377 Minuten hat Papst Franziskus mindestens dreissig Mal Bezug zum Opus Dei hergestellt. Die wichtigsten Aussagen von Papst Franziskus, die aus den Lehren des Opus Dei stammen, sind:
1. Papst Franziskus zitiert den Heiligen Escriva.
2. Papst Franziskus betete am Grab von Papst Pius XII.
3. Papst Franziskus benutzt haeufig den Begriff "il cammino", der auf das Hauptwerk von Josemaria Escriva "El camino" hinweist.
4. Papst Franziskus ruft zur Bekehrung auf.
5. Papst Franziskus bezeichnet die Welt, die nichts mit Gott zu tun hat, als Teufelswerk.
6. Ein Kardinal sagt, neben Papst Franziskus habe noch sein Schutzengel Platz. Am 2. Oktober 1928, am Tag der Heiligen Schutzengel, hatte Josemaria Escriva die Vision, die ihn das Opus Dei schauen liess, wie Gott es wollen wuerde.
7. Papst Franziskus redet von der "Braut des Heiligen Geistes" statt den biblischen Begriff "Braut Christi" zu gebrauchen. Der Begriff "Braut des Heiligen Geistes" stammt von Josemaria Escriva.
8. Papst Franziskus will "das Haus Jakobs mitnehmen auf den Weg zu Christus". Diese Formulierung stammt von Josemaria Escriva und damit wird die Judenmissionierung befuerwortet.
9. Von Papst Franziskus wird ein "Fruehling des Glaubens" erwartet, nachdem nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil die "winterliche Periode" seit Ende der 1960er Jahre bis heute andauern soll.
10.  Papst Franziskus sei "herzlich wie ein Vater". Josemaria Escriva liess sich von den Opus Dei-Mitgliedern als Vater anreden.
11. Papst Franziskus bezieht sich auf das Apostolat der Laien, eine Unterscheidung, die Josemaria Escriva eingefuehrt hat.
12. Papst Franziskus nennt die Kardinaele, die am Konklave teilgenommen haben, die "uebernatuerliche Familie" und den "mystischen Leib Christi". Die Bezeichnung "uebernatuerliche Familie" hat Josemaria Escriva gebraucht, sie ist nicht biblisch.
13. Papst Franziskus wurde am 19. Maerz 2013, dem Tag des Heiligen Joseph, in sein Amt eingefuehrt. Am 19. Maerz jeden Jahres versprechen die Beitrittswilligen fuer ein Jahr, dass sie sich weiter dem Opus Dei verpflichten. Diese Zeremonie wird fuenf Jahre wiederholt, bis man ganz beitritt. Zudem schreiben die Mitglieder des Opus Dei am Vorabend des 19. Maerz eine "Josephsliste", auf der sie die Namen von Personen aus ihrem Bekanntenkreis nennen, die sie fuer einen Beitritt zum Opus Dei fuer geeignet halten.
14. Papst Franziskus hat selbst in seinem Leben den Spagat zwischen der Arbeit mit Armen und dem Schreiben einer Dissertation erlebt. Die gleiche Zerreissprobe haben zwei Professoren durchgemacht, die als Jesuiten in die Armenviertel von Buenos Aires gingen, dort in Gefangenschaft gerieten und fuenf Monate gefoltert wurden. Auch der Gruender des Opus Dei Josemaria Escriva hat die Diastase zwischen seiner Arbeit in den Armenviertel von Madrid und einer moeglichen Promotion durchgemacht.
15. In den Generalkongregationen soll die Entscheidung fuer Jorge Mario Kardinal Bergoglio gefallen sein, als die Missstaende bei der Vatikanbank zur Sprache kamen. Die Vatikanbank wird wahrscheinlich seit den 1980er Jahren vom Opus Dei gefuehrt oder unterstuetzt.
16. Papst Fanziskus moechte, dass Journalistinnen und Journalisten nicht neutral ueber ihn und die Kirche berichten, sondern dass sie in die "Logik der katholischen Kirche" und in die "Logik des Glaubens" hineinwachsen und so fuer ihn und mit ihm Gestalterinnen und Gestaltern der Oeffentlichkeitsarbeit werden. Als Papst Johannes Paul II. Joaquin Navarro-Valls zu seinem Pressesprecher ernannt hatte, wurde der Vatikan erstmals durch ein bekennendes Opus Dei-Mitglied in seiner Oeffentlichkeitsarbeit vertreten.

Es besteht kein Zweifel, dass sich Papst Franziskus zum Opus Dei bekennt. Damit geht er ueber Papst Johannes Paul II. hinaus, der sich zumeist nur implizit auf das Opus Dei bezogen hat.

These 2: Das Opus Dei hat die Wahl fuer Papst Benedikt XVI. entschieden. Das Opus Dei hat mindestens eine Krise im Pontifikat von Papst Benedikt XVI. ausgeloest. Das Opus Dei hat sich an die Spitze des Putsches gegen Papst Benedikt XVI. gesetzt und seine Dienstniederlegung mitgestaltet und fuer sich genutzt.

Die suedamerikanischen Kardinaele, der Kolumbianer Darío Castrillón Kardinal Hoyos, der Spanier Juliàn Kardinal Herranz Casado und der Kolumbianer Alfonso Lopez Kardinal Trujillo, haben vor dem 4. Wahlgang im Konklave 2005 fuer Joseph Kardinal Ratzinger votiert. Dies geht aus dem Film "Mythos Konklave" hervor. Kardinal Hoyos war dafuer verantwortlich, dass das Staatssekretariat und damit Kardinalstaatssekretaer Bertone und Papst Benedikt XVI. nicht ueber den Holocaust-Leugner Bischof Richard Williamson informiert waren. Die Anschuldigungen von Kardinal Meisner gegen Kardinalstaatssekretaer Bertone sind falsch. Am Gruendonnerstag 2009 gab es auf der Rueckfahrt von San Giovanni in Laterano im Bus der Kurienkardinaele eine heftige Auseinandersetzung zwischen Kardinalstaatssekretaer Bertone und Kardinal Hoyos. Kardinalstaatssekretaer Bertone beschuldigte lautstark Kardinal Hoyos, dass dieser ihn ueber Bischof Williamson informieren haette muessen.
Mit der "Vatilaeks"-Affaere, an der Cameriere Paolo Gabriele und Ex-Governante Ingrid Stampa beteiligt waren, hat ein Putsch begonnen, dessen Gewinner nun Papst Franziskus ist, der dem Opus Dei angehoert.

These 3: Der Putsch gegen Papst Benedikt XVI. hatte ursaechlich psychische Gruende (Paolo Gabriele) und emotionale Gruende (Ingrid Stampa).

Bereits zu Beginn des Pontifikates von Papst Benedikt XVI. gab es Unstimmigkeiten, weil sich Ingrid Stampa aus dem paepstlichen Haushalt verwiesen sah und meinte, dies haenge mit Gloria von Thurn und Taxis zusammen, die Einlass in den paepstlichen Haushalt begehrte. Diese Gruende waren ursaechlich fuer die "Vatileaks"-Affaere, nicht homosexuelle Seilschaften (Marco Politi) oder erfundene sexuelle Verfehlungen von Papst Benedikt XVI. oder seinem Privatsekretaer Dr. Georg Gaenswein oder Missstaende in der Kurie, da diese nicht erst am Ende des Pontifikates von Papst Benedikt XVI. aufgetreten sind. Welche Dokumente tatsaechlich aus dem paepstlichen Haushalt gestohlen wurden und somit echt sind und welche Dokumente erfunden und gefaelscht sind, ist Nebensache und deshalb unwichtig.

These 4: Fuer einen Putsch gegen Papst Benedikt XVI. sprechen zehn Gruende, gegen einen Putsch nur zwei Begruendungen der Dienstniederlegung.

Fuer einen Putsch spricht 1. dass 16 kanonische Fragen ungeklaert waren, als Papst Benedikt XVI. am 11. Februar 2013 seinen Ruecktritt ankuendigte, 2. dass Papst Benedikt XVI. am 11. Februar 2013 seinen Ruecktritt angekunedigt hat, dass es aber am 28. Februar 2013 tatsaechlich eine Dienstniederlegung war, 3. dass Papst Benedikt XVI. nun emeritierter Papst Benedikt XVI. heisst, 4. dass er weiterhin in weiss gekleidet ist, 5. dass seine Insignien nicht vernichtet wurden am 28. Februar 2013 und dass sein Pallium Papst Franziskus am 19. Maerz 2013 erhalten hat, 6. dass er nach seiner Ruecktrittsankuendigung die Frist fuer die Wahl seines Nachfolgers verkuerzt hat, 7. dass er sich voellig aus der Oeffentlichkeit zurueckziehen will und dass er zukuenftig schweigen will, dies deutet auf einen Hausarrest hin, 8. dass Papst Benedikt XVI. bei der Einfuehrungsmesse von Papst Franziskus am 19. Maerz 2013 nicht dabei war, 9. dass Papst Franziskus erst zehn Tage nach seiner Wahl Papst Benedikt XVI. in Castel Gandolfo besucht hat und dass 10. Papst Franziskus 16 Tage nach seiner Wahl bislang die wichtigsten Personen, die Papst Benedikt XVI. eingestellt hatte, im Amt belassen hat und auch liturgisch keinerlei Veraenderungen vorgenommen hat, damit er sich in der Tradition von Papst Benedikt XVI. stehend darstellen kann und damit der Putsch nicht als Bruch des bisher Ueblichen auffaellt.
Gegen die These, dass Papst Benedikt XVI. durch einen Putsch aus dem Amt gekommen ist, spricht, dass er selbst am 11. Februar 2013 gesagt hat, er wolle aus Altersgruenden und damit verbunden aus gesundheitlichen Gruenden zuruecktreten und dass er diesen Entschluss aus einer inneren Freiheit heraus gefasst hat.

These 5: Die Einzigen, die sofort positiv auf die Ruecktrittsankeundigung von Papst Benedikt XVI. am 11. Februar 2013 reagiert haben, waren die Legionaere Christi. Somit koennte die Transparenz, die Papst Benedikt XVI. in die Aufarbeitung der Missbrauchsfaelle weltweit gebracht hat, dazu gefuehrt haben, dass sich Widerstand gegen ihn formierte.

Auffaellig war, dass kurz vor der Ruecktrittsankuendigung von Papst Benedikt XVI. in Deutschland die Aufarbeitung der Missbrauchsfaelle erheblich ins Stocken geriet. Begonnen hatte die Aufarbeitung in der oeffentlichen Wahrnehmung mit den Missbrauchsfaellen in den USA und in Irland. Fuer die Legionaere Christi war die Amtsenthebung ihres in Mexiko geborenen Gruenders Marcial Maciel ein herber Einschnitt.
Im Gegensatz zum Opus Dei, dessen Mitglieder bislang geheim bleiben, bekennen sich die Legionaere Christi auf Nachfrage zu ihrer Mitgliedschaft.

These 6: In den Generalkongregationen fiel die Entscheidung fuer Jorge Mario Kardinal Bergoglio als Favoriten im Konklave 2013, als die Missstaende in der Vatikanbank zur Sprache kamen. Damit hat das Opus Dei selbst die Loesung bereit gestellt fuer ein Problem, das das Opus Dei selbst verursacht hat.


Pater Lombardi hatte gesagt, die Themen in einer der Generalkongregationen seien die Neuevangelisierung, die Bioethik, der interreligiöse Dialog, Frauen in der Kirche und soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit gewesen. Lib & In hat bereits am 10. Maerz 2013 darauf hingewiesen, dass diese Themen darauf hindeuten, dass ein suedamerikanischer Kardinal, der Mitglied im Opus Dei ist, als der Favorit gilt. "Vatilaeks" spielte eine sehr untergeordnete Rolle, da Papst Benedikt XVI. das 300-seitige Dossier der drei Kardinaele, die "Vatileaks" untersucht hatten, allein seinem Nachfolger zur Kenntnis ueberlassen wollte. Ansonsten sollte es geheim bleiben. Es koennte sein, dass Legionaere Christi in "Vatilaeks" involviert waren.
Eine grosse Rolle sollen in den Generalkongregationen die Missstaende bei der Vatikanbank gespielt haben. Seit ueber 30 Jahren wird die Vatikanbank vom Opus Dei bestimmt. Wie bei "Vatileaks" geriet Kardinalstaatssekretaer Bertone in die Kritik, v.a. weil er ein Transparenzgesetz von Papst Benedikt XVI. ausser Kraft gesetzt hatte. Angegriffen wurde er u.a. von Kardinal Meisner, der seit Jahrzehnten fuer die Kontrolle der Finanzen des Vatikans zustaendig ist und der somit seine Rolle vertuschen wollte. In diesen Besprechungen soll die Entscheidung fuer Jorge Mario Kardinal Bergoglio gefallen sein. Dies kann nur bedeuten, dass Papst Franziskus, der bisher gar nichts mit Finanzen zu tun hatte, eine publikumswirksame Gallionsfigur abgeben sollte, waehrend im Hintergrund das Opus Dei die Faeden zieht. Dafuer unterstuetzt das Opus Dei mit seinem Know-how Papst Franziskus in seiner Praesentation in der Oeffentlichkeit und in den Medien.

Elke Goess


(1) Diese Thesen wurden auf einer roemischer Tastatur getippt. Deshalb ist es nicht moeglich, die deutschen Umlaute zu benutzen.


28. Maerz 2013


Wer wurde warum und wozu in das Beratungsgremium von Papst Franziskus berufen?

 

Einleitung

 

Genau einen Monat nach seiner Wahl hat Papst Franziskus einen Ratschlag der Generalkongregationen befolgt und ein neues Gremium mit acht Kardinälen ins Leben gerufen, das ihm bei der Leitung der universalen katholischen Kirche helfen soll. Außer zwei kleineren Personalentscheidungen in Bezug auf die Kurie ist bislang noch nichts geschehen.  In seinen Ansprachen zeigt Papst Franziskus, dass er in den großen Fußstapfen von Papst Benedikt XVI. zu gehen bereit ist, auch wenn er sie noch lange nicht vollständig ausfüllt. Deshalb muss angenommen werden, dass Papst Franziskus mit der Berufung dieses Beratungsgremiums nicht nur einem Ratschlag der Generalkongregationen, bei denen alle Kardinäle der katholischen Kirche anwesend waren und nicht nur die zur Teilnahme am Konklave Berechtigten, folgt, sondern dass er mit der Berufung dieser acht Kardinäle einen Weg fortsetzt, den Papst em. Benedikt XVI. bereits begonnen hat zu gehen.

 

1. Medienberichte über die Ernennung des Beratungsgremiums für Papst Franziskus

 

Der Bayerische Rundfunk brachte in seinem Videotext am Samstag, 13. April 2013 die Meldung, dass Reinhard Kardinal Marx von Papst Franziskus in ein neu geschaffenes Gremium berufen wurde, das der Reform der Kurie dienen solle. Insgesamt seien acht Kardinäle ernannt worden.  Den anderen Fernsehsendern war diese Ernennung keine Meldung wert.

Bei Focus Online hingegen greift die Rom-Korrespondentin Eva-Maria Kallinger stark in die literarische Mottenkiste und titelt: „Franziskus schafft ein neues Gremium. Kronrat gegründet: Papst beginnt mit Reform der Kurie“.(1)  Woher sie die Bezeichnung „Kronrat“ hat, bleibt unbekannt. In der Einleitungspassage schreibt sie: „Mit dabei ist auch ein deutscher Kardinal“.  In ihren Informationen beruft sie sich auf eine Pressekonferenz mit Pressesprecher Federico Lombardi. Falsch ist, wenn sie behauptet, dem Gremium würde kein Kurienkardinal angehören, allerdings sei der Präsident des Vatikanischen Governatorats Kardinal Giuseppe Bertello berufen worden. Offensichtlich sagen ihr die anderen Ernannten nichts, denn sie schreibt lediglich, dass „die Erzbischöfe von Boston in den USA, Bombay in Indien, Kinshasa im Kongo, Sydney in Australien, Tegucigalpa in Honduras und der ehemalige Erzbischof von Santiago der Chile aus Chile“ den Papst beraten sollen. Ist dieses Gremium wirklich so exorbitant neu, wieso wurden gerade diese Kardinäle berufen und was wird ihre Aufgabe sein?

 

2. Recherche über Hintergrundinformationen

 

Um diese Fragen zu beantworten, wird im Folgenden lediglich Wikipedia für Hintergrundinformationen herangezogen. Wikipedia gilt unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerin als unsichere Informationsquelle, da es keine autorisierte Stelle gibt, die diese Informationen prüft. Dennoch wird das Ergebnis zeigen, dass man sich mittels dieses geringen Aufwandes einen Überblick verschaffen kann, der auf die Vorgänge der Ernennung dieses Gremiums durch Papst Franziskus ein ganz anderes Licht wirft. Somit kommt man zu einer anderen Einschätzung in der Frage, ob und wieweit Papst Franziskus wirklich „neue Wege“ geht in der katholischen Kirche.

 

3. Die Zusammensetzung des Beratungsgremiums für Papst Franziskus

 

Die präzisen Informationen zu der Ernennung des Gremiums der acht Kardinäle, das im Übrigen keinen eigenen Namen bekommen hat, finden sich auf der Homepage des Vatikans.(2) Dort wurde eine Presseerklärung des Staatssekretariates veröffentlicht, dessen oberste Instanz Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone ist, der am 16. März 2013 provisorisch mit der Leitung der Kurie durch Papst Franziskus beauftragt wurde, nachdem seine Ernennung durch Papst Benedikt XVI. mit dessen Emeritierung am 28. Februar 2013 endete.(3) In dem Einleitungssatz heißt es: „Der Heilige Vater Franziskus, der einen Ratschlag wieder aufgenommen hat, der im Lauf der Generalkongregationen vor dem Konklave aufgetreten ist, hat eine Gruppe von Kardinälen gebildet, die ihn beraten sollen bei der Regierung der universalen Kirche und die ein Projekt studieren sollen zur Revision der Apostolischen Konstitution „Pastor bonus“ der Römischen Kurie.“(4) Im letzten Satz der Mitteilung des Staatssekretariates steht: „Das erste gemeinsame Treffen der Gruppe wurde auf die Tage vom 1. bis 3. Oktober 2013 festgelegt. Seine Heiligkeit ist gleichwohl bereits in Kontakt mit den genannten Kardinälen.“(5) Von einem „Kronrat“ kann somit keine Rede sein. Um zu erfahren, was dieses Gremium bewirken könnte und warum wer in diese Gruppierung berufen wurde, lohnt sich ein genauerer Blick auf die ernannten Kardinäle.

Eine Rivalität zwischen den Kurienkardinälen und den Kardinälen, die in der katholischen Kirche in den Diözesen vor Ort tätig sind, lässt sich durch diese Berufungen nicht bestätigen. Die These, dass sich in den Generalkongregationen vor dem Konklave 2013 zwei Lager gebildet hätten, eines mit den Kurienkardinälen und eines mit den Kardinälen der katholischen Weltkirche, hat zuerst die Zeitung „La Repubblica“ aufgebracht und der Vatikan-Reporter der BILD-Zeitung Andreas Englisch hat sie im deutschen Fernsehen wiederholt.(6) Diese These lässt sich durch die Berufung der acht Kardinäle in das Beratungsgremium für Papst Franziskus nicht bestätigen. Sobald ein Kardinal, der an irgendeinem Ort in der Weltkirche in einem Bistum tätig ist, zum Mitglied einer Kongregation berufen wird, wird er auch Mitglied der Kurie. Bei Wikipedia kann man lesen: „Die Kongregationen sind nach Sachgebieten untergliederte Verwaltungsorgane der Kurie, entfernt vergleichbar mit Ministerien einer weltlichen Regierung.“(7) Somit gehören folgende in das Beratungsgremium für Papst Franziskus berufene Kardinäle der Kurie an: Oswald Kardinal Gracias(8), Reinhard Kardinal Marx(9), Laurent Monsengwo Kardinal Pasinya(10), Sean Patrick Kardinal O’Malley(11), George Kardinal Pell(12), Óscar Andrés Kardinal Rodríguez Maradiaga(13) und selbstverständlich der Präsident der Päpstlichen Kommission für den Staat Vatikanstaat Giuseppe Kardinal Bertello(14). Lediglich Francisco Javier Errázuriz Kardinal Ossa(15) und Bischof Marcello Semeraro(16) gehören nicht der Kurie an.

Insgesamt wurden acht Kardinäle von Papst Franziskus ausgewählt, hinzu kommt Bischof Marcello Semeraro, der die Funktion des Sekretärs der Gruppe einnimmt und der für die Diözese Albano zuständig ist,(16) in dessen Gebiet Castel Gandolfo liegt, wo sich derzeit Papst em. Benedikt XVI. aufhält und am 16. April 2013 seinen 86. Geburtstag feiert.

Mit Giuseppe Kardinal Bertello, dem Präsidenten der Päpstlichen Kommission für den Staat Vatikanstaat, ist selbstverständlich ein sehr hochrangiges Mitglied der Römischen Kurie in dem Beratungsgremium für Papst Franziskus vertreten.(17) Kardinal Bertello ist ebenso wie Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone (18) in der Provinz Turin geboren und acht Jahre jünger wie der provisorische Kardinalstaatssekretär.(19) Damit dürfte er über ausgezeichnete Kontakte zu Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone verfügen.

Der zweite in das Beratungsgremium für Papst Franziskus Berufene ist Francisco Javier Errázuriz Kardinal Ossa, der ehemalige Erzbischof von Santiago de Chile.(20) Der 1933 geborene Kardinal Ossa ist Schönstattpater und seit 1979 Vorsitzender des Generalpräsidiums der Schönstatt-Bewegung.(21) Der Schönstatt-Bewegung gehört wahrscheinlich Ingrid Stampa an, die ehemalige Haushälterin von Joseph Kardinal Ratzinger, die laut Wikipedia bis Sommer 2012 Haushälterin von Papst Benedikt XVI. gewesen sein soll und die offiziell für das Staatssekretariat arbeitet.(22) Kardinal Ossa war Präsident der chilenischen Bischofskonferenz und von 2003 bis 2007 Präsident der Lateinamerikanischen Bischofskonferenzen CELAM.(23)

Der dritte Kardinal im Beratungsgremium für Papst Franziskus ist Oswald Kardinal Gracias, der Erzbischof von Bombay in Indien. 1944 geboren, leitete Kardinal Gracias derzeit die indische Bischofskonferenz CBCI.(24)

Der Vierte in der Gruppierung ist Reinhard Kardinal Marx, der Erzbischof von München und Freising. In den deutschen Medien kommt seine Ernennung wie ein Überraschungscoup herüber. Weiß man, dass Reinhard Kardinal Marx nicht nur seit 2010 Mitglied der Kongregation für das katholische Bildungswesen ist, sondern seit 22. März 2012 Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (COMECE) mit Sitz in Brüssel, so erscheint seine Berufung in das Beratungsgremium für Papst Franziskus dadurch legitimiert.(25) Noch vom 6. bis 9. Februar 2012 leitete Reinhard Kardinal Marx an der Universität Gregoriana in Rom ein internationales Symposium, auf dem der Frage nachgegangen wurde, wie man die Verletzungen bei Kindern, die durch sexuellen Missbrauch entstanden sind, heilen könnte.(26) Ein knappes Jahr später wurden dann in der deutschen Presse massive Vorwürfe gegen Reinhard Kardinal Marx laut, besonders er habe die Aufklärung der Missbrauchsfälle in seinem Bistum verhindert, da neun Mal so viele Taten in den Akten entdeckt worden seien wie vorher behauptet.(27) Bislang fehlt auch einen Monat nach seiner Wahl durch das Konklave 2013 noch ein eindeutiges Bekenntnis von Papst Franziskus für eine Aufklärung der weltweit zu verzeichnenden Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, wie sie Papst em. Benedikt XVI. nahezu schonungslos vorangetrieben hat. Ungeklärt ist bisher auch, ob die Gegner der Aufklärung dieser Missbrauchsfälle die Dienstniederlegung von Papst em. Benedikt XVI. zum 28. Februar 2013 initiiert oder forciert haben und ob es auch aus diesem Grund zu einem Putsch im Vatikan gekommen sein könnte.(28) Mit seiner Berufung in das Beratungsgremium für Papst Franziskus dürfte Reinhard Kardinal Marx nun endgültig die Zeit fehlen, die nervenaufreibende Aufklärung von Missbrauchsfällen weiter zu betreiben. Von den deutschen Medien wurde diese Frage bisher nicht gestellt.

Der Fünfte in dem Beratungsgremium für Papst Franziskus ist Laurent Monsengwo Kardinal Pasinya, der Erzbischof von Kinshasa in der Demokratischen Republik Kongo. Der 1939 Kardinal ist seit 29. Juli 2004 Präsident der Kongolesischen Bischofskonferenz (CENCO) und war von 1997 bis 2003 Präsident des Symposiums der Bischofskonferenzen von Afrika und Madagaskar. Zudem ist er seit 2007 internationaler Präsident von Pax Christi.(29)

Der sechste Kardinal im Beratungsgremium für Papst Franziskus ist Sean Patrick Kardinal O’Malley, Erzbischof von Boston in den Vereinigten Staaten von Amerika. Der 1944 geborene Kapuzinerpater erhielt den Posten des Erzbischofs von Boston, da sein Vorgänger in der Aufklärung der Missbrauchsfälle nicht rigoros genug handelte. Sean Patrick Kardinal O’Malley verkaufte unter anderem das erzbischöfliche Palais in Boston, um die 75 Millionen Euro Entschädigung, zu denen das Bistum gerichtlich verpflichtet worden war, an Missbrauchsopfer zahlen zu können.(30)

Der siebte von Papst Franziskus ernannte Kardinal für das Beratungsgremium ist George Kardinal Pell, Erzbischof von Sydney in Australien. Als ihm 2008 Missbrauchsopfer vorwarfen, nicht konsequent genug zu ermitteln, setzte er eine Untersuchungskommission ein. Von Papst Benedikt XVI. wurde George Kardinal Pell zum delegierten Präsidenten für die XII. ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode vom 5. bis 26. Oktober 2008 in Rom eingesetzt.(31)

Der achte Kardinal in der Gruppierung ist Óscar Andrés Kardinal Rodríguez Maradiaga, Erzbischof von Tegucigalpa im Honduras. Er ist Salesianer wie Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. Der 1942 geborene Kardinal hat die Funktion eines Koordinators des Beratungsgremiums für Papst Franziskus inne. Óscar Andrés Kardinal Rodríguez Maradiaga war zwischen 1995 und 1998 Präsident des Lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM und ist seit 1996 Präsident der honduranischen Bischofskonferenz. Er ist der Erste, der aus Honduras zum Kardinal ernannt wurde. Im Jahr 2000 war er Schirmherr der Entschuldungskampagne, die vor allem südamerikanische Staaten von ihren Rückzahlungsverpflichtungen entlastete. Im Jahr 2002 behauptete Óscar Andrés Kardinal Rodríguez Maradiaga, die Juden würden die Missbrauchskampagnen in der katholischen Kirche schüren, um vom israelisch-palästinensischen Konflikt abzulenken. Seit 2007 ist Óscar Andrés Kardinal Rodríguez Maradiaga Präsident von Caritas Internationalis.(32)

 

Fazit

 

Die Ernennung dieser acht Kardinäle zeigt zum einen, dass Papst Franziskus den Weg wieder aufnimmt, den Papst em. Benedikt XVI. mit der XII. ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode im Jahr 2008 in Rom gegangen ist, für die er George Kardinal Pell zum delegierten Präsidenten berufen hatte. Neben den üblichen Ad-limina-Gesprächen, zu denen alle Bischöfe weltweit turnusgemäß in den Vatikan kommen, hat Papst Benedikt XVI. eine Nahost-Synode und eine Afrika-Synode der Bischöfe abgehalten. Die Berufung gerade dieser acht Kardinäle zeigt, dass es bei deren Arbeit vor allem um eine Vernetzung mit den großen internationalen Bischofskonferenzen gehen wird. Anzunehmen, eine Reform der Kurie würde die Bischofsebene überspringen und gleich den Ortskirchen mehr Macht einräumen, ist völlig illusorisch. Aufgabe des Beratungsgremiums für Papst Franziskus wird es sein, für die Überarbeitung der Apostolischen Konstitution „Pastor bonus“(33) Vorschläge zu erarbeiten.

Inhaltlich scheinen vor allem zwei Problembereiche in der Durchführung der Beratungsarbeit eine Rolle spielen zu können. Zum einen könnte die Frage, wie rigoros die Aufklärung bezüglich der weltweit aufgetretenen Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche betrieben werden sollte oder an welche Grenzen sie stoßen müsste, von Belang sein. Zum anderen scheint dem Aspekt der finanziell schwächer gestellten Kirchen in den Schwellenländern und in den sehr wenig modernisierten und industriell sehr niedrig entwickelten Ländern eine große Bedeutung beigemessen zu werden. Die Auswahl der Kardinäle O’Malley und Marx erscheint im Hinblick auf die Gesamtheit der europäischen und US-amerikanischen Kardinäle keinesfalls als exemplarisch. Zudem muss der Verdacht aufkommen, dass die Katholikinnen und Katholiken in den historisch fest fundierten Kirchen Europas und der Vereinigten Staaten von Amerika deutlich unterrepräsentiert sind im Vergleich zu den Katholikinnen und Katholiken Südamerikas oder Indiens. Australien, das sich in seinem Lebensstandard etwa auf gleichem Niveau befindet wie Europa oder die Vereinigten Staaten von Amerika, verzeichnet gleichwohl relativ wenige Katholikinnen und Katholiken als Mitglieder. Ebenso ist die kongolesische katholische Kirche nicht eine der mitgliederstärksten auf dem afrikanischen Kontinent. Blickt man somit auf die Repräsentation der katholischen Mitglieder in den einzelnen Kontinenten, so spielte bei der Ernennung des Beratungsgremiums durch Papst Franziskus der Proporz keine Rolle. Lediglich dadurch, dass nahezu alle Kardinäle Vorsitzende von nationalen oder kontinentalen Bischofskonferenzen sind, ist eine Verbindung zu den jeweiligen Bischofsebenen gegeben. Hierin wird man den größten Vorteil dieser Ernennung sehen können.

 

Elke Göß    

 

 

(1)   http://www.focus.de/politik/ausland/papstwahl-im-vatikan/franziskus-schafft-neues-gremium-kronrat-gegruendet-papst-beginnt-mit-reform-der-kurie_aid_959834.html, 15.04.2013

(2)   vgl. attualita.vatican.va/sala-stampa/bolletino/2013/04/13/news/30794.html, 15.04.2013

(3)   vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Tarcisio_Bertone, 15.04.2013

(4)   attualita.vatican.va/sala-stampa/bolletino/2013/04/13/news/30794.html, 15.04.2013

(5)   attualita.vatican.va/sala-stampa/bolletino/2013/04/13/news/30794.html, 15.04.2013

(6)   vgl. Papst Franziskus – ein bekennender Opus Dei-Papst, 3.15. Finanzen und Rechenschaftsberichts, http://www.libandin.com /page3.html, 15.04.2013

(7)   http://de.wikipedia.org/wiki/Kurie#Kongregationen, 15.04.2013

(8)   vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Oswald_Gracias, 15.04.2013

(9)   vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Reinhard_Marx, 15.04.2013

(10)                      vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Laurent_Monsengwo_Pasinya, 15.04.2013

(11)                      vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Sean_Patrick_O%E2%80%99Malley, 15.04.2013

(12)                       vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/George_Pell, 15.04.2013

(13)                       vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%93scar_Rodr%C3%ADguez_Maradiaga, 15.04.2013

(14)                       vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Giuseppe_Bertello, 15.04.2013

(15)                       vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Francisco_Javier_Err%C3%A1zuriz_Ossa, 15.04.2013

(16)                       vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Marcello_Semeraro, 15.04.2013

(17)                      vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Marcello_Semeraro, 15.04.2013

(18)                      attualita.vatican.va/sala-stampa/bolletino/2013/04/13/news/30794.html, 15.04.2013

(19)                      vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Tarcisio_Bertone, 15.04.2013

(20)                      vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Giuseppe_Bertello, 15.04.2013

(21)                       attualita.vatican.va/sala-stampa/bolletino/2013/04/13/news/30794.html, 15.04.2013

(22)                       vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Francisco_Javier_Err%C3%A1zuriz_Ossa, 15.04.2013; vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Sch%C3%B6nstattbewegung, 15.04.2013

(23)                       vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Ingrid_Stampa, 15.04.2013

(24)                       vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Oswald_Gracias, 15.04.2013

(25)                       http://de.wikipedia.org/wiki/Reinhard_Marx, 15.04.2013

(26)                      vgl. http://www.unigre.it/Univ/cs/120130_cs_THR_it.pdf, 15.04.2013; vgl.  Sind die Pläne eines Papstmordes Fiktion oder Wirklichkeit? http://www.libandin.com/page5.html, 15.04.2013

(27)                       vgl. http://www.main-netz.de/nachrichten/regionalenachrichten/bayern/art11994,2429089, 15.04.2013

(28)                       vgl. Wurde der angekündigte Rücktritt Papst Benedikt XVI. durch einen Putsch verursacht und welche Möglichkeiten des Protestes gegen das Eintreten dieses Rücktrittes am 28. Februar 2013 gibt es? 6. Putsch im Vatikan, http://www.libandin.com/page7.html, 15.04.2013

(29)                      vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Laurent_Monsengwo_Pasinya, 15.04.2013

(30)                      vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Sean_Patrick_O%E2%80%99Malley, 15.04.2013

(31)                      vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/George_Pell, 15.04.2013

(32)                      vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%93scar_Rodr%C3%ADguez_Maradiaga, 15.04.2013

(33)                      vgl. http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_constitutions/documents/hf_jp-ii_apc_19886028_pastor-bonus_ge.html, 15.04.2013

 

 

15. April 2013


Jorge Mario Bergoglio - ein international anerkannter Autor religiöser Werke vor seiner Wahl zum Papst?

 

Einleitung

1. Die wissenschaftliche Laufbahn von Papst Franziskus

2. Online-Kataloge

2.1. Der Online-Katalog der argentinischen Nationalbibliothek in Buenos Aires

2.2. Der Virtuelle Katalog Theologie und Kirche

2.3. Der WorldCat

3. Die Schriften Jorge Mario Bergoglios als Quellen

3.1. Die Schriften Jorge Mario Bergoglios in Übersetzungen

3.2. Aufsätze von Jorge Mario Bergoglio

3.3. Vorworte von Jorge Mario Bergoglio

3.4. Jorge Mario Bergoglio als Mitherausgeber

3.5. Bücher von Jorge Mario Bergoglio

3.6. Sekundärliteratur zu Jorge Mario Bergoglio

4. Die Schriften Jorge Mario Bergoglios in den Bibliotheken weltweit aufgelistet nach dem Erscheinungsjahr

4.1. Primärliteratur von Jorge Mario Bergoglio in den Bibliotheken weltweit aufgelistet nach dem Erscheinungsjahr

4.2. Sekundärliteratur über Jorge Mario Bergoglio in den Bibliotheken weltweit aufgelistet nach dem Erscheinungsjahr

5. Die Schriften Jorge Mario Bergoglio aufgelistet nach dem Land, in dem sich die besitzende Bibliothek befindet und nach dem Erscheinungsjahr der Publikationen

5.1. Pontificia Universidad Catolicade Chile, Santiago de Chile, Chile

5.2. University of Toronto, Robarts Library, Toronto, Kanada

5.3. Universidad de Antioquia, Medellin, Kolumbien

5.4. NUKAT, Union Catalog of Polish Research Libraries, Polen

5.5. Universidad de la Rioja, Logrono, Spanien

5.6. Biblioteca Nacional, Buenos Aires, Argentinien

5.7. Instituto Tecnológico y de Estudios Superiores de Occidente Tlaquepaque, Jalisco, Universidad Nacional Autónoma de México, Mexico DF und Universidad Autónoma de Yucatán, Merida, Mexiko

5.8. Deutschland

5.8.1. Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar

5.8.2. Diözesanbibliothek Köln

5.8.3. Online-Katalog der Bibliothek des Ibero-Amerikanischen Instituts Preußischer Kulturbesitz Berlin

5.9. Vereinigte Staaten von Amerika

5.9.1. University of Pittsburgh, Pittsburgh, PA

5.9.2. St. John’s University Library, Queens, NY

5.9.3 Ryan Memorial Library, Wynnewood, PA

5.9.4. Athenaeum of Ohio Library, Eugene H. Maly Memorial Library, Cincinnati, OH

5.9.5. University of St Mary of the Lake/Mundelein Seminary, Feehan Memorial Library, Mc Essy Teological Resource Center, Mundelein, IL

5.9.6. University of California, Los Angeles, Los Angeles, CA

5.9.7. University of Wisconsin – Madison, General Library System, Madison, WI

5.9.8. Broward County, Library Division, Fort Lauderdale, FL

5.9.9. Fordham University, Rose Hill Campus, William D. Walsh Family Library, Bronx, NY

5.9.10. Orange County Library System, Orlando FL

5.9.11. Seattle Public Library, Seattle, WA

5.9.12. Trinity University, Coates Library, San Antonio, TX

5.9.13. University of North Texas Library, Denton, TX

5.9.14. Washington State University, Holland and Terrell Libraries, Pullman, WA

5.9.15. Southern Methodist University, Bridwell Library, Dallas, TX

5.9.16. Arizona State University Libraries, Tempe, AZ

5.9.17. Kansas State University, Hale Library, Manhattan, KS

5.9.18. University of Texas Libraries, Austin, TX

5.9.19. Harvard University, Harvard College Library, Cambridge, MA

5.9.20. University of North Carolina at Chapel Hill, Chapel Hill, NC

5.9.21. Hammond Public Library, Hammond, IN

5.9.22. Tulane University, Howard-Tilton Memorial Library, New Orleans, LA

5.9.23. University of Kansas, KU Library, Lawrence, KS

5.9.24. University of Arizona, Tucson, AZ

5.9.25. University of Utah, J. Willard Marriot Library, Salt Lake City, UT

5.9.26. University of Chicago Library, Chicago, IL

5.9.27.  Yale University, Sterling Memorial Library, New Haven, CT

5.9.28. Inter-American Develop Bank, Banco Interamericano de Desarollo, Washington, DC und Library of Congress, Washington, DC

5.9.29. Fuller Theological Seminary, David Allan Hubbard Library, Pasadena, CA

5.9.30. New York Public Library, Stephan A. Schwarzman Building, New York, NY und  New York University, Elmer Holmes Bobst Library, New York, NY

5.9.31. Alibris, Emeryville, CA

5.9.32. Princeton Theological Seminary, Princeton, NJ

5.9.33. Graduate Theological Union, Flora Lamson Hewlett Library, Berkeley, CA und University of California, Berkeley, Berkeley, CA

5.9.34. University of Notre Dame, Hesburgh Library, Notre Dame, IN

6. Tabellarische Gesamtübersicht über Primär- und Sekundärliteratur zu Jorge Mario Bergoglio

7. Verzeichnis der Schriften Jorge Mario Bergoglios, die im internationalen Online-Buchhandel gelistet sind

7.1. Bücher mit einem Vorwort von Jorge Mario Bergoglio, die im internationalen Online-Buchhandel gelistet sind

7.2. Bücher, bei denen Jorge Mario Bergoglio Mitherausgeber ist, die im internationalen Online-Buchhandel gelistet sind

7.3. Bücher von Jorge Mario Bergoglio, die im internationalen Online-Buchhandel gelistet sind

7.4. Sekundärliteratur über Jorge Mario Bergoglio, die im internationalen Online-Buchhandel gelistet ist

8. Klassifizierung der Schriften Jorge Mario Bergoglios nach den Genres

8.1. Religiöse Erbauungsliteratur

8.2. Sozialethische Aufforderungen

8.3. National-patriotische Literatur

Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

 

Einleitung

 

Mit der Dienstniederlegung von Papst Benedikt XVI. beendete er am 28. Februar 2013 seine aktive Tätigkeit. An diesem Tag ging ein historisches Pontifikat zu Ende. Papst Benedikt XVI. war der erste deutsche Papst seit Hadrian VI., also seit 1523. Damals lag der Thesenanschlag Martin Luthers gerade sechs Jahre zurück. Mit Papst Benedikt XVI. hatte es auch der erste Präfekt der Glaubenskongregation geschafft, zum Papst gewählt zu werden. Die Glaubenskongregation trat 1965 nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) an die Stelle der „Heiligen Römischen und Universalen Inquisition“ und galt über Jahrhunderte als die am stärksten gefürchtete Einrichtung innerhalb der katholischen Kirche. Zum dritten ist Papst em. Benedikt XVI. ein katholischer Theologe, der auf eine lange, sehr renommierte wissenschaftliche Laufbahn zurückblicken kann und der sicherlich durch seine zahlreichen Schriften als der produktivste katholische Theologe im 20. Jahrhundert gelten kann. Wahrscheinlich wird er von zukünftigen Generationen als visionärer Kirchenlehrer gelesen werden und seine spirituell hoch instruierenden, intellektuell und moralisch herausfordernden, theologisch nahezu perfekten und die dogmatischen Grenzlinien verlässlich einhaltenden Schriften und verbalen Ausführungen haben in einer Zeit der Umbrüche, der Widersprüche, der Zerrissenheiten, des Eklektizismus, der Oberflächlichkeiten, der Halbwahrheiten, des An- und des Aufreißens eine wohltuende Ganzheit, Ruhe, Verlässlichkeit, Treue, Redlichkeit, Professionalität, Beständigkeit und Zuversicht verströmt. Man konnte und kann sich intellektuell auf Joseph Ratzinger oder Papst Benedikt XVI. verlassen. Was er sagt und schreibt, entspricht höchsten philosophischen und theologischen Ansprüchen und wird den Herausforderungen der Zeit gerade dadurch gerecht, dass er ihnen in seiner geistigen Kraft nicht nachgibt, sondern sie zu einer Reflexion auf ihre eigenen Begründungen und Widersprüche herausfordert. Darin, dass Joseph Ratzinger oder Papst Benedikt XVI. die intellektuellen Grenzlinien der katholischen Theologie und der universalen katholischen Kirche immer eingehalten hat, keine überzogenen Legitimitätsansprüche an Andersdenkende gestellt hat, dass er moralische Standards ethisch fundiert begründen konnte und kann und sie realitätsbezogen formulieren konnte und kann, dass er konservative Werthaltungen als zukunftsträchtig angesehen und proklamiert hat, erweist er sich als genuin liberaler Denker.(1) Papst Benedikt XVI. hat versucht, die intellektuellen Diskurse unserer Zeit anzufeuern und sie auf die Ebene der theologischen Reflexionsfähigkeit zu heben, beispielsweise in seiner Rede am 12. September 2008 vor Intellektuellen im Pariser Collège des Bernardins(2) oder in seiner Rede vor dem deutschen Bundestag am 22. September 2011(3) und im Freiburger Konzerthaus am 25. September 2011(4). Es scheint, als ob diese intellektuelle Freiheit und Redlichkeit zu wenig Beachtung gefunden hätte und eine zu geringe Wertschätzung erfahren hätte. Mit der Wahl Jorge Mario Kardinal Bergoglios zum Papst am 13. März 2013 hat diesbezüglich sicherlich eine Richtungsänderung eingesetzt, die der katholischen Universalkirche mittel- und langfristig mehr schaden als nutzen könnte. Für die Moderne, oder wenn man so will für die Spätmoderne, sind die Ausdifferenzierungen, die Spezialisierungen, die Perfektionalisierungen, die Beherrschbarkeit von Komplexität, die immer höher steigende Evaluierung konstitutive Elemente einer Zeit, die mit den Umbrüchen, den Widersprüchen, den Zerrissenheiten, dem Eklektizismus, den Oberflächlichkeiten, den Halbwahrheiten, dem An- und dem Aufreißen konstruktiv und produktiv umgehen muss und die die negativen Seiten eines auseinanderbröselnden Relativismus um ihrer eigenen Zukunft willen vermeiden muss.

Papst Franziskus steht nach den ersten eigenen Bekundungen für Einfachheit, für Bescheidenheit, für Allgemeinverständlichkeit, für Begrenztheit. Gerade in diesen Eigenschaften erscheint er als besonders dem Zeitgeist abgeneigt und als „antimodern“. Welcher intellektuelle Beitrag ist von Papst Franziskus zu erwarten nach dem so hoch qualifizierten historischen Pontifikat von Papst Benedikt XVI.?

 

1. Die wissenschaftliche Laufbahn von Papst Franziskus

 

Eine offizielle Biographie von Papst Franziskus von Seiten des Vatikans gibt es nicht. Radio Vatikan hat am 13. März 2013 eine Kurzbiographie veröffentlicht.(5) Doch wichtige Lebensdaten werden hier nur sehr ungenau angegeben. So ist nicht nachvollziehbar, wann und wo Jorge Mario Bergoglio seine Ausbildung zum Chemietechniker absolviert hat, wann er sich dafür entschieden hat, Priester zu werden, was „humanistische Studien in Chile“ sein sollen, wieso ihn sein Studienabschluss in der Philosophie im Jahr 1963 berechtigt hat, von 1964 bis 1968 als Professor für Literatur und Philosophie in Santa Fe und Buenos Aires zu lehren, wieso er erst 1967 mit dem Studium der katholischen Theologie begonnen hat, wieso er auch nach dem Theologiestudium mit nur einem einfachen Studienabschluss befähigt war, ab 1980 bis 1986 als Theologieprofessor ebenfalls in San Miguel zu lehren, wo er auch während dieser Zeit den Rektorenposten inne hatte, und vor allem, wieso Jorge Mario Bergoglio im März 1986 nach Deutschland kam, um im Alter von 49 Jahren seine Doktorarbeit in der katholischen Theologie zu schreiben, nachdem er bereits Theologie gelehrt hatte.(6) Die Promotion hat Jorge Mario Bergoglio nie beendet.(7) Unter den Originalschriften von Jorge Mario Bergoglio findet sich auch keine Promotion in einer anderen wissenschaftlichen Disziplin. Bei Wikipedia wird angegeben, dass Papst Franziskus fließend Italienisch spreche, dazu Spanisch und Deutsch, zudem Englisch und Französisch, vermutlich auch Portugiesisch. Latein und Altgriechisch habe er während seines Theologiestudiums gelernt.(8) Deutsch habe Jorge Mario Bergoglio bei einem drei monatigen Aufenthalt im Jahr 1986 am Goethe-Institut in Rothenburg ob der Tauber gelernt.(9)

Auf diesem Hintergrund stellen sich folgende Fragen: Welche Bücher hat Jorge Mario Bergoglio wann veröffentlicht? Welche Aufsätze hat er geschrieben und sie in welchen Zeitschriften platziert? Hat sich die publizistische Tätigkeit von Jorge Mario Bergoglio über die gesamte Zeit seines nachstudentischen Lebens erstreckt oder wann hat sie eingesetzt, welche Ereignisse könnten Publikationen initiiert haben, in welchem Genre hat Jorge Mario Bergoglio geschrieben und welches publizistische Ziel wollte er damit erreichen? In welchen Sprachen hat er publiziert? In welchen Bibliotheken in welchen Ländern auf dieser Erde, die über international zugängliche Online-Kataloge erreichbar sind, befinden sich Aufsätze und Bücher von oder über Jorge Mario Bergoglio?

 

2. Online-Kataloge

 

Die Sichtung der Literatur, die Jorge Mario Bergoglio geschrieben hat oder die über ihn veröffentlicht wurde, soll den Stand aufzeigen zum Zeitpunkt seiner Wahl zum Papst.(10) Um deutlich werden zu lassen, dass sich diese Bestandsaufnahme auf die Zeit vor seinem Pontifikat bezieht, wird durchgängig und konsequent der bürgerliche Name von Papst Franziskus verwendet: Jorge Mario Bergoglio. Als Suchbegriff diente durchgängig „Bergoglio“ beziehungsweise, sofern es mehrere Autoren mit diesem Namen gibt, „Jorge Bergoglio“. 

 

2.1. Der Online-Katalog der argentinischen Nationalbibliothek in Buenos Aires

 

Die Literatur in argentinischen Bibliotheken ist nicht repräsentativ erfassbar. International zugänglich ist lediglich der Online-Katalog der Biblioteca Nacional in der Stadt Buenos Aires.(11) Zum Teil muss bei der Abfrage die Zeitverschiebung zwischen Deutschland und Argentinien beachtet werden, denn es kann vorkommen, dass der Online-Katalog in Buenos Aires nachts ausgeschaltet ist.

 

2.2. Der Virtuelle Katalog Theologie und Kirche

 

Den Bibliotheksverbunden der Universitätsbibliotheken sind zumeist staatliche Universitätsbibliotheken angeschlossen. Gerade in den vergangenen zehn Jahren hat sich in Deutschland die Ausbildung in der katholischen und in der evangelischen Theologie hin zu  Hochschulen und Priesterseminaren verlagert. Zudem befinden sich in den Bibliotheken der evangelischen Landeskirchenämter, der katholischen Bistümer und Erzbistümer zahlreiche Autoren, die an staatlichen Universitäten weniger gelesen werden. Deshalb ist der günstigte Zugang zu einem möglichst breit gefächerten Online-Katalog der „Virtuelle Katalog Theologie und Kirche“.(12) Man kann davon ausgehen, dass man mit dem Virtuellen Katalog Theologie und Kirche den gesamten Bestand in Deutschland, bei der katholisch-theologischen Privatuniversität Linz und in den historischen Bibliotheken in Südtirol eruieren kann.

 

2.3. Der WorldCat

 

Zurzeit gibt es international nur einen Online-Katalog, der die größtmögliche Bandbreite an Bibliothekskatalogen miteinander verbindet: der WorldCat. Er stellt sich so vor: „WorldCat is the world's largest network of library content and services. WorldCat libraries are dedicated to providing access to their resources on the Web, where most people start their search for information.”(13) Die deutschsprachige Suche ist nach Titeln oder nach Autoren möglich.(14) Für diese Recherche wurde der Suchbegriff „Jorge Bergoglio“ verwendet, da man nur mit dem Nachnamen zu viele andere Autoren mit dem gleichen Familiennamen herausfiltern würde.

 

Fortsetzung folgt

 

Elke Göß


(1) Diesen Artikel widme ich Papst Benedikt XVI. zu seinem 86. Geburtstag am 16. April 2013. (E.G.)

(2) Vgl. Ansprache von Papst Benedikt XVI. an die Welt der Kultur. Begegnung im Pariser Collège des Barbardins, http://www.zenit.org/de/articles/ansprache-von-papst-benedikt-xvi-an-die-welt-der-kultur, 23.04.2013

(3) Vgl. Rede Papst Benedikts XVI. im Deutschen Bundestag am 22. September 2011, http://www.bundestag.de/kulturundgeschichte/geschichte/gastredner/benedict/rede.html, 23.04.2013

(4) Vgl. Die Rede von Papst Benedikt XVI. im Freiburger Konzerthaus im Wortlaut, http://www.badische-zeitung.de/freiburg/die-rede-von-papst-benedikt-xvi-im-freiburger-konzerthaus-im-wortlaut--49844396.html, 23.04.2013

(5) Vgl. Kurzbiographie des neuen Papstes: Papst Franziskus, http://de.radiovaticana.va/news/2013/03/13/kurzbiographie_des_neuen_papstes:_papst_franziskus/ted-673086, 23.04.2013; vgl. Jorge Mario Bergoglio, in: Cardinali elettori (2011), Memphis/USA, pag. 38f; vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Franziskus_%28Papst%29, 23.04.2013

(6) Vgl. Kurzbiographie des neuen Papstes: Papst Franziskus, http://de.radiovaticana.va/news/2013/03/13/kurzbiographie_des_neuen_papstes:_papst_franziskus/ted-673086, 23.04.2013

(7) Vgl. Papst Franziskus, http://de.wikipedia.org/wiki/Franziskus_%28Papst%29, 23.04.2013

(8) Vgl. Papst Franziskus, http://de.wikipedia.org/wiki/Franziskus_%28Papst%29, 23.04.2013

(9) Vgl. Papst Franziskus, http://de.wikipedia.org/wiki/Franziskus_%28Papst%29, 23.04.2013

(10) Wichtige Hinweise auf die drei verwendeten Online-Kataloge verdanke ich dem bibliothekarischen Wissen von Herrn Otmar Fehn von der Universitätsbibliothek Bayreuth, dem ich an dieser Stelle für seine stets verlässliche Auskunft danken möchte.

(11) Vgl. Biblioteca Nacional, Ciudad de Buenos Aires, Argentinien, http://www.bn.gov.ar, 08.04.2013

(12) Vgl. Virtueller Katalog Theologie und Kirche, http://www.vthk.de, 08.04.2013

(13) Vgl. What ist WorldCat? http://www.worldcat.org/whatis/default.jsp, 08.04.2013

(14) Vgl. Suchen Sie nach Titeln in ihrer Nähe, http://www.worldcat.org/ 08.04.2013



23. April 2013



Russland dominiert im Syrienkonflikt auf dem G8-Gipfel - Die neue Weltordnung wird pluraler sein und nicht im europäisch - US-amerikanischen Zwiegespräch aufgehen
 

Die Syrienkrise zeigt, dass Russland zurück ist als Akteur in der internationalen Politikwelt, dass es in der internationalen Staatengemeinschaft verschiedene Modelle von Regierungsformen gibt und dass auch zukünftig nicht allein das europäische und US-amerikanische Demokratiemodell als das einzig gültige und legitime Politikmodell gelten wird.
Im Folgenden wird dargelegt, weshalb die Imperiumstheorie nicht geeignet ist, die realen Transformationsvorgänge in der arabischen Welt zu analysieren und weshalb die liberale Gesellschaftsanalyse stringent auch nicht liberale politische Entwicklungsvorgänge erklären kann. Hierzu wird insbesondere auf die Syrienkrise und das Verhalten der beiden Großmächte Russland und USA eingegangen unter besonderer Berücksichtigung des Wertes der Stabilität einer legitimen Regierungsform. Zudem wird eine Abwägung vorgenommen zwischen wirtschaftlichem Profitdenken verschiedener Akteure beispielsweise durch Waffenlieferungen im Zusammenhang mit der eigenen Vorstellung von einer zukünftigen staatlichen Ordnung in Syrien. In diesem Zusammenhang wird auch deutlich werden, dass das Argument, für die Einhaltung der Menschenrechts sorgen zu wollen, lediglich ein sekündäres Begründungsmuster ist für wirtschaftliches Prosperitätsstreben. Das Argument der Stabilität wird dann zumeist mit eigenen wirtschaftlichen Interessen verknüpft von seiten der westlichen Demokratiesysteme in der Europäischen Union und in den Vereinigten Staaten von Amerika(1) und nicht, wie bislang üblich und sachlich zutreffender, mit politischen Machterwägungen, wie sie Russland, China und die arabischen Staaten in ihren politischen Ordnungsmodellen transportieren.

1. Imperiumstheorie contra liberale Gesellschaftsanalyse

Nach dem Ende des Kalten Krieges, der zumeist mit dem Jahr 1990 angesetzt wird, wurde die Theorie entwickelt, dass nach dem Wegfall der beiden politischen Blöcke nur mehr die Vereinigten Staaten von Amerika in der Lage sind, als politischer "Weltpolizist" souverän sowohl wirtschaftliche wie auch politische Machtinteressen selbständig zu vertreten. Durch 9/11 wurden die USA von nicht-staatlichen Terroristen angegriffen, so die Meinung einiger Politikwissenchaftler, und müssen sich nun auf eine neue Verteidigungsstrategie gegenüber militärischen Netzwerken wie Al-Quaida einstellen. Gleichzeitig verläuft die europäische Einigung nach Meinung dieser Politikwissenschaftler mehr oder weniger kongruent. Als ideelles Ziel der europäischen Einigung wird jedenfalls eine europäische Blockbildung angestrebt, die ein mindestens ebenso großes politisches und wirtschaftliches Gewicht haben soll wie Russland, China und die USA. Vertreter dieses Politkkonzeptes meinen, dass Europa auch mit militärischen Aktionen bereit sein muss, seine wirtschaftlichen Interessen zu schützen und voranzutreiben. Hierfür müßten die europäischen Staaten auch bereit sein, aktiv in politische Krisenherde mittels eigener Waffenlieferungen bzw. mittels eigener Militäreinsätze einzugreifen. Zwar gibt es theoretische Zweifel, ob die Europäische Union jemals als "Imperium" bezeichnet werden kann. De facto vertreten diese Politikwissenschaftlicher aber den Ansatz, dass sich die Europäische Union so verhalten sollte. Hierzu gehört einerseits eine massive aktive Propagierung der von der Europäischen Union entworfenen Menschenrechts sowie eine Sicherung der "Ränder" des eigenen Imperiums. Die Vereinigten Staaten von Amerika, die ohne Zweifel neben anderen Eigenschaften auch einen Imperiumscharakter vorweisen können, tun sich hierbei leichter, denn ihre Landesgrenzen sind zum überwiegenden Teil von Meereswasser umspült. Zudem können die Vereinigten Staaten von Amerika auf eine mehr als 200 Jahre andauernde gemeinsame Geschichte zurückblicken. In diesem Zeitraum haben sich die europäischen Staaten noch bis vor 68 Jahren bzw. vor 23 Jahren bitterst gegenseitig bekämpft. Die Europäische Union wäre somit ein sehr junges Imperium, wenn sie den je eines gewesen ist oder werden sollte.
Da der Prozess der europäischen Einigung noch lange nicht abgeschlossen ist, ist es wesentlich zutreffender, von einer realistischen Sichtweise auszugehen. Aufgrund der gegebenen Tatsachen muss angemerkt werden, dass die Europäische Union ein Staatenkonglomerat darstellt, dessen innere Regelungsfähigkeiten sich bislang nur auf sehr ausgewählte Politikbereiche bezieht. Der Versuch, innere Einheit und Eindeutigkeit herzustellen, indem man nach außen hin politischen oder psychologischen Druck auf Nachbarregionen ausübt, um sich somit als gewichtigen bzw. sogar übergewichtigen Akteur darzustellen, der den Nachbarstaaten und Nachbarregionen nicht nur ein demokratisches System als Interpretationsmodus politischen Handelns anbietet, sondern der es ihnen geradezu aufdrängt, wird immer wieder durch das eigene Scheitern als Adabsurdum quittiert. Insofern wäre es zutreffender, vom status quo der existierenden politischen Regierungssysteme auszugehen und diese zur Grundlage der eigenen Analysen und Handlungsschemata werden zu lassen. Die zutreffende Beschreibung der gegenwärtigen Politiksysteme geht dann von souveränen Einzelstaaten aus, deren politische Konstitution in einer Verfassung niedergelegt ist. Hierbei kann es sich dann sowohl um Staaten handeln, die eine absolute Monarchie bzw. ein Kaiserreich als ihre politische Grundlage anerkennen, wie beispielsweise Saudi-Arabien, wie auch um Staaten, die auf eine mehr als 500-jährige demokratische Tradition zurückblicken können,  wie die Schweiz. Auch die Schweiz wird ja von europäischen und hierbei vor allem von deutschen Politikerinnen und Politikern immer wieder angegangen, weil es den deutschen Politikerinnen und Politikern nicht gelingt, ein Steuersystem zu etablieren, das gleichfalls als gerecht, sozial und wirtschaftlich prosperierend gelten kann. Es werden somit von deutschen Politikern und Politikerinnen nicht nur "Schurkenstaaten" verbal attackiert, sondern auch Nachbarstaaten, deren demokratisches System eine zehn Mal längere Tradition aufweisen kann wie die Tradition der ehemaligen Bundesrepubik Deutschland und sogar eine 25 mal längere Tradition wie die Tradition der ehemaligen Ostblockstaaten. Zu beachten ist, dass bei all diesen bilateralen Anwürfen, die zumeist von deutschen Politikern und Politikerinnen gegenüber den politischen Vertreterinnen und Vertretern bzw. gegenüber der Bevölkerung eines anderen Landes ausgesprochen werden, nicht moralische Ordnungsvorstellungen per se diskutiert werden, sondern dass die sozialen Ordnungsvorstellungen, die propagiert werden, lediglich der Verschleierung eigener wirtschaftlicher Interessen und eigenem wirtschaftlichen Dominanzstreben dienen. In einer liberalen Gesellschaftsanalyse werden zutreffenerweise politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Argumentationsstränge seperat ausgewiesen und getrennt analysiert. In der Imperiumstheorie werden hingegen politsche und wirtschaftliche Machtinteressen gerne miteinander verquickt und zur gegenseitigen Verschleierung des eigenen Dominanzstrebens benutzt.

2. Ostdeutsche Geschichtsverdrehung als Ursache für eine fehlgeleitete Zukunftspolitik

Gerade in diesen Tagen wird deutlich, wie die Propagierung des ostdeutschen Widerstandes ein fehlgeleitetes Geschichtsbild produziert, das von vielen Politikerinnen und Politikern der westlichen Welt teils absichtlich teils in naivem Glauben zur Grundlage eigenen Handelns benutzt wird. In den Tagen um den 17. Juni wird durch Feierlichkeiten mit dem ostdeutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck und mit der ostdeutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und durch den Stasi-Beauftragten der Bundesregierung Jahn der Eindruck erweckt, der Volksaufstand in der ehemaligen DDR sei ein Vorläufer der Proteste von 1989 gewesen. Der Stasi-Beauftragte fordert nun einen zweiten ostdeutschen Feiertag neben dem 3. Oktober. Der scheinbar einzige Demonstrant, der 1953 ein Plakat mit der Forderung nach demokratischen Wahlen hochgehalten hat, darf nicht nur bei der zentralen Veranstaltung der Bundesregierung sprechen, sondern schafft es auch mit einem Interview in die bundesdeutschen Medien. Zudem setzt sich immer stärker der Eindruck im kollektiven Gedächtnis Deutschlands fest, dass die Proteste in Leipzig tatsächlich und schnurgerade zum Zusammenbruch der DDR und zum Fall der Berliner Mauer geführt hätten, obwohl es keine gemeinsamen Akteure gab und obwohl sich Verbindungslinien zwischen den beiden Städten historisch nicht nachweisen lassen. Außen vor bleibt bei solchen Geschichtsklitterungen, dass es keinen Fall der Mauer gegeben hätte, wenn nicht der sowjetische Präsident Michael Gorbatschow mit seiner Politik das Klima hierfür geschaffen hätte und wenn er nicht ausdrücklich auf eine militärische Niederschlagung der Demonstrationen verzichtet hätte. Durch die Geschichtsverdrehung, der Fall der Berliner Mauer sei ausschließlich auf die friedlichen Demonstrationen, die vor allem in Leipzig eine längere Tradition aufzeigen konnten, zurückzuführen, sowie durch das imperialistische Auftreten der ersten ostdeutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich als die einzig erfolgreiche  Politikerin der Europäischen Union generiert, wird Russland als ein mächtiger Akteur in der internationalen Politik völlig verdrängt. Russland und russische Politik wird als rückständig und defizitär hingestellt. Dem korrespondiert, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel eine sehr ablehnende Haltung gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einnimmt, ganz im Gegensatz zum ehemaligen Bundeskanzler Richard Schröder oder noch offensichtlicher ganz im Gegensatz zum  ehemaligen Bundeskanzler Willy Brandt. Die klare und verständige und auf Entspannung bedachte Haltung Willy Brandts erhält um so mehr Gewicht, als zu seinen Zeiten die Spannungen zwischen Ost und West wesentlich gravierenderen Einfluss auf das Alltagsleben der Deutschen hatten und das Wort "Friedenspolitik" noch wörtlich genommen werden konnte.
Dieser ostdeutschen Geschichtsverdrehung steht entgegen, dass es weltweit um die 1990er Jahre Freiheitsbestrebungen gegeben hat, beispielsweise in Südafrika, die mit dem Fall der Berliner Mauer nicht das Gerichtste zu tun haben, sondern die eine eigene Genese aufweisen können. Es muss somit zu fehlgeleiteten Zukunftsvorstellungen kommen, wenn man die ostdeutsche Geschichtsverdrehung zur Grundlage der handlungsfähigen Politik werden läßt. Das beste Beispiel hierfür ist die Unerklärbarkeit der negativen Folgen des sogenannten "arabischen Frühlings".   

3. Instabile politische Systeme als Ergebnis des sogenannten "arabischen Frühlings"

Zu Beginn des Jahres 2011 setzten Unruhen in Tunesien ein, die dann in weiteren  arabischen Staaten (Ägypten, Algerien, Jemen, Jordanien, Libyen und Oman) zu Protesten und in Libyen, Ägypten, dem Jemen, Bahrain und Syrien zu einem Bürgerkrieg führten.(2) Zur Verbreitung dieser Kettenreaktionen trugen Live-Berichterstattungen des in Katar ansässigen arabischen Senders al-Dschasira bei sowie Berichte von Aktivistinnen und Aktivisten in Internetforen. Bereits im Februar 2011 waren sämtliche arabische Staaten von den Unruhen betroffen außer Syrien, wo die Proteste anfangs keinerlei Wirkung zeigten. Erst einen Monat später rollte hier der Protest aus der Peripherie des Landes an. Folgt man den Argumentationen der Theorie des Kommunikativen Handelns von Jürgen Habermas, die dieser in theoretischer Perspektive ausgeführt hat, so kann man der dort aufgezeigten Beweisführung entnehmen, dass Proteste, die sich in der Peripherie generieren, nur dann Erfolg haben werden, wenn sie vom Zentrum als legitime Mitspracheinstrumente in die fortlaufende Politik einbezogen werden.(3) Der Syrienkonflikt ist somit ein real existierender Nachweis der Stimmigkeit dieser theoretischen Beweisführung durch Jürgen Habermas, der exakt heute, am 18. Juni 2013, seinen 84. Geburtstag feiern kann. Bis heute dauert der Bürgerkrieg in Syrien an und Präsident Baschar al-Asad und seine seit dem 17. Juli 2000 gewählte und 2007 wieder gewählte Baath-Partei regieren gemäß der Verfassung von 1973 als sozialistische Volksrepublik in einem Präsidialsystem mit einem Parlament.(4)
Da in Tunesien und Ägypten die Aufstände im Zentrum des Landes stattfanden, führten sie innerhalb kurzer Zeit zum Zusammenbruch der bisherigen Regierungen. In Libyen, dem Jemen und Syrien konnten die Regierungen sich der militärischen Unterstützung ihrer Anhängerinnen und Anhänger sicher sein. In Libyen hätte Muammar al-Gaddafi die Aufstände niederschlagen können, wäre es nicht zu einer von außen gestarteten  Intervention gekommen. Im Jemen brachen ältere Konflikte neu auf und gaben den Unruhen damit eine andere Richtung. In Syrien hingegen blieben die Unruhen auf die wirtschaftlich schwachen Schichten des Landes beschränkt. Zudem gab es keine religiöse Aufladung der Konflikte und keine Kämpfe zwischen religiösen Minderheiten und religiösen Mehrheiten.(5)
Eine wesentliche Rolle dürfte auch das durch die Vereinigten Staaten von Amerika und die Europäische Union transportierte Mandra gespielt haben, es könne wirtschaftliche Prosperität für alle nur unter einer demokratisch geführten Regierung geben. Besonders anfällig für ein solches Illusionsbild waren Algerien, Ägypten, der Jemen und Syrien, deren Verfassung eine Präsidialrepublik vorsieht, und Libyen mit seiner sozialistischen Volksrepublik. In all diesen Staaten gab es bereits demokratische Regierungsformen mit Parlamenten, wenn auch nicht strikt nach dem US-amerikanischen und europäischen Vorbild. Arabische Staaten, deren Regierungssystem in einer absoluten Monarchie, einer Monarchie oder einer konstitutionellen Monarchie besteht, blieben von den Unruhen verschont und politisch stabil. Einzige Ausnahme hierbei bildet Bahrain. Der sehr kleine Golfstaat hat einen Monarchen zum Staatsoberhaupt. In Bahrain setzte sich die herrschende schiitische Mehrheit gegen die sunnitische Minderheit durch(7) und es dürfte sich damit um einen genuin religiösen Konflikt gehandelt haben, der in Bahrain durch eine gewaltsame Niederschlagung beendet wurde.
Man kann feststellen, dass die arabischen Staaten, in die von außen mittels einer Militärhilfe durch die USA oder durch europäische Staaten eingegriffen wurde, bis heute durch instabile politische und auf jeden Fall instabile wirtschaftliche Verhältnisse  geprägt sind. Geht man mit einigen Politikwissenschaftlern davon aus, dass Imperien die Notwendigkeit sehen, ihre "Ränder" zu sichern und dass sich deshalb vor allem die Europäische Union, die gerne ein Imperium werden möchte, eng an die Vereinigten Staaten von Amerika und an China anlehnt, so muss man konstatieren, dass dies im Fall des sogenannten "arabischen Frühlings" gründlich schief gegangen ist. Es kann nicht sein, dass durch militärische Interventionen ungeliebte Staatschefs demontiert werden und dass dann ganze Landstriche sich selbst überlassen bleiben, wirtschaftliche und gesellschaftliche Strukturen neu aufzubauen. Ein solches Handeln ist nahezu gleich zu setzen mit den traditionellen Angriffskriegen und hat nichts mit einer demokratisch legitimierten Unterstützung von Rebellen gegen missliebige Regierungschefs und deren Crews zu tun. Solche militärischen Interventionen, die im Hintergrund nur durch die Sicherung eigener wirtschaftlicher Interessenssphären initiiert sind, können nicht als Friedenspolitik öffentlich ausgewiesen werden. Viel weitreichender, weil realistischer, ist hier die Sicht der liberalen Gesellschaftsanalyse, die von den gegebenen realen politischen Systemen ausgeht, für die eine der obersten Werte die eigene Stabilität ist. Sofern sich alle Schichten eines Volkes unter einer Verfassung versammelt sehen und sich in ihren Bedürfnissen und Notwendigkeiten darin wiederfinden, mögen sie noch so traditionell und international scheinbar rückständig sein, sollten solche politischen Systeme auch von Vertreterinnen und Vertretern anderer Staaten und vor allem von wirtschaftlichen Akteuren geachtet werden. Es kann somit nicht angehen, einer kleinen Minderheit von jungen Aktivistinnen und Aktivisten unter 30 Jahren die Entscheidung zu überlassen, in welchem politischen System alle Bürgerinnen und Bürger eines Landes zu leben haben. Zudem kann es nicht angehen, Rebellen aus der Peripherie, die wirtschaftlich keinerlei Anstrengungen zu einer Verbesserung ihrer eigenen Lebensumstände unternommen haben, als legitimer anzusehen wie eine Regierung, die durch zwei Wahlen in ihrem Amt bestätigt wurde. Stabilität, Legitimität, gesellschaftlicher Ausgleich, nationale Souveränität, Frieden mit den Nachbarstaaten, politische Selbstbestimmung, religiöse Überzeugungen als Werte sind genuin liberale Fundamente von Gesellschaften. Die Einhaltung dieser Werte ist gleichzeitig ein Garant für eine friedliche Co-Existenz. Vertreterinnen und Vertreter des Imperiumsgedankens gehen hingegen nur von der Wahrung der eigenen Sicherheit und der eigenen Prosperität aus und sind bereit, Andersdenkende zu diffamieren, öffentlich auszuschalten, niederzuringen und sie mit ihren Vorstellungen und Werten zu dominieren.

4. Internetmobilisierungen: Vom Mobbing bis zur Mob-Justice

Die Organisation der Proteste in den arabischen Staaten erfolgte über die neuen Kommunikationsmittel wie Handy-Gespräche, E-Mails und kommunikative Netzwerke wie Twitter und Facebook. Akteure waren zumeist unter 30-Jährige, die ein höheres Bildungsniveau erreicht hatten wie ihre Eltern, die nach ihren Ausbildungsgängen beruflich nicht Fuß fassen konnten und die mit den alt hergebrachten politischen und gesellschaftlichen Strukturzwängen nicht zurecht kamen.(6) Damit wird aber eine spezifische Altersgruppe und eine spezifische Bildungsschicht keineswegs Anführer politischer Unruhen, sondern deren einzige Akteure. Mittels aufgeputschter Internetkommunikation wurden somit über Jahrzehnte stabile Staaten durch eine bestimmte Bildungskohorte angegriffen. Der Zusammenbruch erfolgte dann durch das Eingreifen militärisch mächtigerer Staaten zugunsten der Rebellen. Mit den politischen Umbrüchen werden auch Jahrhunderte alte bzw. Jahrzehnte alte gesellschaftlich stabile Sozialsysteme errodiert. Übrig bleiben soziale Wirren und instabile, unklare politische Verhältnisse, die mit Demokratisierungstendenzen nichts gemeinsam haben.
Die Internetnutzung wird vor allem in Deutschland von Politikerinnen und Politikern zu einer Messlatte für wirtschaftliche Prosperität und für politische Aktionskraft aufgestellt. Die Internetkommunikation wird, ohne ihre negativen Wirkungen zu beachten und ohne auf die negativen Folgen einer verstärkten Nutzung (Strahlenbelastung, Stromverbrauch, gesundheitliche Folgen, gesellschaftliche Verschiebungen, Folgen für "traditionellere" Wirtschftszweige,  ausufernder Welthandel mit erheblichen Umweltbelastungen etc.) hinzuweisen, als "die" wirtschaftliche Zukunftsperspektive schlechthin ausgelobt, ohne Alternativwege überhaupt ins Gespräch zu bringen. Dabei hinkt die gesetzliche Regelung der Internetkommunikation weit hinterher. Äußerungen, die in Foren bei twitter und Facebook völlig unzensiert und sogar weltweit verbreitet werden, würden in der realen Welt mittels des immer noch geltenden Rechts in Deutschland strafrechtlich geahndet werden. Beleidigungen, Verleumdungen, Mobbing sind schon für Jugendliche alltägliche soziale Angriffe, gegen die sie sich kaum zur Wehr setzen können, die aber tiefgreifende Schäden an der jugendlichen Psyche und am jugendlichen Selbstvertrauen hinterlassen können, mit denen ein Mensch unter Umständen lebenslang zu kämpfen hat. Solidarisieren sich dann noch einige Mobberinnen und Mobber und fällen ihre abfälligen und abwertenden sozialen Urteile über andere, so kommt es zur Mob-Justice, wie die Autorin dieses Artikels diese Vorgänge nennt. Nur die positiven Seiten wollen hingegen Vertreterinnen und Vertreter der Medien in solchen Internetkommunikationen sehen. Das Mediensystem perpetuiert sich mit der Internetkommunikation selbst und weitet seinen Selbstdeutungs- und Selbstlegitimierungsanspruch damit aus. Die Internetkommunikation wird wie "eine neue, heile Welt" dargestellt. Gesellschaftliche Unruhen, wie die in den arabischen Staaten werden durch das Internet kommunikativ hochgepuscht, bis es zu einem Putsch gegen das Regierungssystem kommt oder zu einem Bürgerkrieg. Im Fall des sogenannten "arabischen Frühlings" wurden durch die Interventionen von außen auch die Richtungen der Unruhen überlagert und dominiert. Letztlich schufen die militärische mächtigeren Staaten instabile soziale und wirtschaftliche Verhältnisse durch ihre Interventionen, die ausschließlich dem eigenen Nutzen der Mächtigeren dienten. Demokratisierung und Unterstützung von Widerstand innerhalb der arabischen Staaten werden plakativ als Gründe für die Verfolgungen eines aggressiven Eigennutzes durch die westlichen Staaten vorgeschoben. Die russische Lösung zu akzeptieren, würde bedeuten, dass man eine Einsicht gewonnen hätte in die Unzulänglichkeiten des eigenen westlichen Nutzstrebens und dass man anderen Großmächten eine Chance für die Entwicklung eines Alternativweges zugesteht, zu dem man offensichtlich aus eigener Einsicht bislang nicht in der Lage war. Diese Einsicht hätte dadurch befördert werden können, dass die Vereinigten Staaten von Amerika und die Europäische Union gemeinsam derzeit zwar noch die kollektiv mächtigsten Akteure sind, dass sie sich weltweit betrachtet aber keineswegs in einer Mehrheitenposition befinden. Somit kann man das Vorgehen der USA und der EU nur als ein Missionsvorhaben bezeichnen, das scheinbar immer noch einen gewissen Charme und eine gewissen Anziehungskraft besitzt, während man geschichtlich bereits die Einsicht gewonnen hat, dass frühere Missionsbestrebungen vor allem durch Großreligionen mittel- und langfristig nicht von Vorteil waren und zukünftig niemals mehr ein Modell darstellen werden, dem man blind bereit ist, zu folgen. Solche Einsichten, wie sie beispielsweise den christlichen Kirchen nicht erspart geblieben sind, scheinen sich derzeit im internationalen politischen Handeln noch lange nicht durchgesetzt zu haben.  
In Deutschland gehen mit einem Gesellschaftsumbau durch eine ausufernde Internetbedeutung massive wirtschaftliche Interessen einher. Die deutsche Wirtschaft tat sich in den letzten Jahren sehr schwer, positive Bilanzen auszuweisen. Mit der Niederringung seit Jahrhunderten bewährter Wirtschaftszweige wie dem Agraranbau und den nationalen Handelszweigen und der Umstellung auf eine internetbasierte global ausgelegte Exportwirtschaft, die national einen verstärkten Ausbau des Straßen-, Schienen- und Flugnetzes zur Folge hat und damit eine Versiegelung weiter Landschaftsgebiete, konnte die deutsche Bundesregierung nun wieder positive Wirtschaftszahlen ausweisen. Mit diesem Wirtschaftsmodell geht nun Bundeskanzlerin Angela Merkel auf Werbetour in der Europäischen Union und darüber hinaus und setzt sich und Deutschland dem Verdacht neuen internationalen Expansionsstrebens aus, wie man es sich in seinem Weltgeltungsanspruch nach 1945 lange nicht mehr vorstellen konnte. Einem solchen Weltgeltungsanspruch Grenzen zu ziehen, wäre eine zuvorderst politische Aufgabe der internationalen Staatengemeinschaft. Derzeit werden solche ideologischen Expanionsgelüste nur durch die Großmächte Russland, China und durch die arabische Welt begrenzt. Westliche Staaten, die auf lange demokratische Traditionen zurückblicken können, versäumen es jedoch, die gleichen Kommunikationsstandards für das Internet juristisch einzuführen, die denen gleichwertig sind, die bislang für die herkömmliche Medienproduktion und Mediennutzung angewendet wurden. Bisher galt: Die eigene Freiheit stößt dort an eine Grenze, wo sie die Freiheit des anderen einschränkt. Für das Internet gilt dieser liberale Grundsatz nicht. Derzeit wird ein grenzenloses Internet propagiert, mittels dessen ideologisch ein "Anschluss" arabischer Staaten an die westliche Welt forciert werden soll. Staaten, die die Internetnutzung reglementieren, werden von expansiven Medienkonzernen als "Feinde des Internets 2012"(8) bezeichnet.

5. Die Flut in Deutschland und die Türkei als Unruheherd

Vor rund zwei Wochen begann es in Deutschland in Strömen zu regnen. In manchen Gegenden Südbayerns wurde der höchste Pegelstand seit fünfhundert Jahren verzeichnet. Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich und Bundespräsident Joachim Gauck besuchten die von den Wassermassen geschädigten Gegenden in Sachsen-Anhalt, in Thüringen und in Sachsen. Bayern war Bundeskanzlerin Angela Merkel nur einen kurzen Stopp wert. Dafür legte sie Wert darauf, mit Ministerpräsident Platzek in Brandenburg eine Kompanie zu besuchen, die trotz des großen Unglückes noch richtig guter Laune war. Auch die psychischen Folgen für Kinder aus ostdeutschen Gebieten wurden in Fernsehbeiträgen ausführlich thematisiert. Dass viele nach der großen Flut im Jahr 2002 versäumt haben, sich richtig zu versichern, wird nicht erwähnt. Es wird behauptet, man hätte sich gar nicht versichern können. Spendenaufrufe werden gestartet und im "Musikantenstadel" mit Andy Borg kommen am Samstagabend, 15. Juni 2013, zur besten Sendezeit von gutmütigen Geberinnen und Gebern gespendet über eine Million Euro zusammen. Schlägt man am gleichen Tag den "Corriere della Sera" auf, so erfährt man, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen mit einer Delegation von Vertretern großer Wirtschaftskonzerne in Rom waren und zusammen mit ihren spanischen und italienischen Kolleginnen und Kollegen wiederum das deutsche Wirtschaftsmodell als das einzig Führende angepriesen haben. Die Milliarden Euro verschlingenden Hilfsgelder scheinen keinen Einfluss zu haben auf das ideologische Expansionsstreben der deutschen Bundesregierung unter Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Gießt es vom Himmel in Strömen, werden auch die finanziellen Ströme in die betroffenen Ostgebiete fließen, wenn es sein muss auch zum wiederholten Male innerhalb eines guten Jahrzehnts. So wird Politik hinter dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands betrieben. Stundenlange Presseberichterstattungen über jedes einzelne überflutete Haus und kein Wort auf keinem der Fernsehsender über die ideologischen Expansionsausflüge von Mitgliedern der deutschen Bundesregierung in die wirtschaftlich schwächeren südeuropäischen Staaten. Würde man davon sprechen, dass die Bundesregierung hier mit zweierlei Mass mißt, indem sie Bürgerinnen und Bürgern arabischer Staaten jegliches Gehör schenkt, wenn sie über ihre eigenen Regierungen unzufrieden klagen, den eigenen Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern aber sogar jegliche Informationen über wirtschaftliche und politische Weichenstellungen vorenthält, so würde man glatt untertreiben. Scheinbar lassen sich die so demokratisch gesinnten Deutschen am Besten politisch hinter's Licht führen und manipulieren.
Schützenhilfe liefern den CDU-Politikerinnen und Politikern hochrangige Kollegen aus der Partei "Bündnis 90/Die Grünen". Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat demonstrierenden Aktivisten, die eine Bebauung des Taksim-Platzes in Istanbul verhindern wollten, angeboten, mit dem Bauvorhaben zu warten, bis eine Gerichtsentscheidung vorliegt. Dieser Vorgang hat eine ähnliche Genese wie der Widerstand gegen den Ausbau des Stuttgarter Hauptbahnhofes. Auch dort setzte die Polizei Wasserwerfer und Tränengas ein, um das Hausrecht durchzusetzen. Das türkische Militär scheint in größerem Maße so vorgegangen zu sein, aber das polizeiliche Vorgehen auf dem Taksim-Platz in Istanbul und das polizeiliche Vorgehen vor dem Stuttgarter Bahnhof gleichen sind. Doch sofort wird in den detuschen Medien die demokratische Legitimation der Türkei in Frage gestellt. Das demokratische System Deutschlands stand hingegen keinswegs auf dem Prüfstein, als einige Vertreter von Großkonzernen den Bau von Stuttgart 21 durchziehen wollten. Schürt man die Unruhen in der Türkei, indem man von außen ideologisch die Unzufriedenheit befeuert, würde dies unter Umständen auch Auswirkungen auf den Syrienkonflikt nach sich ziehen. Mehrere hundert tausend Syrerinnen und Syrer sind während des Bürgerkrieges von ihrem Heimatland aus in die Türkei geflohen und campieren seit Monaten in Flüchtlingslagern. Wie die Beratungen hierzu auf dem G 8-Gipfel aussehen, ob überhaupt über die Flüchtlingslager und die Wiedereingliederung der Flüchtlinge in ihr Heimatland gesprochen wurde, findet keine Erwähnung in den Medien. Fokussiert wird allein auf die Frage der Waffenlieferungen an die Rebellen und somit auf eine weitergehende Eskalation des Bürgerkrieges. Unklar ist, ob durch die Unterstützung der Proteste gegen den türkischen Präsidenten Erdogan eine tiefergehende Plausibilität hergestellt werden soll, um ein Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg durch Waffenlieferungen legitimieren zu können. Dabei scheint übersehen zu werden, dass eine instabile Türkei in keinem Fall von Vorteil sein kann für die westlichen Staaten. Vielmehr hätte man die Gespräche auf dem G 8-Gipfel bezüglich humanitärer Hilfen für die Türkei führen sollen, um Druck aus der Notwendigkeit einer schnellen Lösung des Bürgerkrieges in Syrien zu nehmen. 

6. Sicherheit für Israel

Gab es vereinzelt Meldungen, eine Rakete sei vom Libanon aus auf israelitisches Staatesgebiet abgefeuert worden, so muss man insgesamt und neutral feststellen, dass die Sicherheit Israels konkret durch den syrischen Bürgerkrieg nicht bedroht ist. Äußerungen vor einigen Monaten von Seiten US-amerikanischer Meinungsführer haben sich schnell als falsche Bedrohungsszenarien erwiesen. Auch das Argument, Syrien würde mit islamistischen Aktivisten paktieren, verfängt nicht, um ein militärisches Eingreifen zugunsten Israels zu rechtfertigen. Schließlich hat die Unterstützung des sogenannten "arabischen Frühlings" in allen von den Umstürzen betroffenen Staaten zu einer höheren Islamisierung geführt. In diesen arabischen Staaten wurden Rebellen durch Waffenlieferungen aus den USA und aus einigen europäischen Staaten unterstützt, ohne nach den Folgen für Israel zu fragen. Die Flugabwehrraketen, die Russland an Syrien liefern will oder bereits geliefert hat, könnten somit zugunsten Israels für eine Stabilisierung sorgen, da weitere Angriffe von außen auf syrisches Territorium abgewendet werden und da Syrien Israel nicht mit einem Angriff gedroht hat. Durch die Lieferung von Flugabwehrraketen wird somit zugunsten von Israel gewährleistet, dass sich der syrische Konflikt auch weiterhin nur auf syrisches Territorium bezieht. Solange Israel nicht direkt angegriffen wird oder mit Angriffen bedroht wird, scheint die Sicherheit Israels gewährleistet zu sein. Fraglich ist allerdings, ob die instabilen Systeme, die der sogenannte "arabische Frühling" hinterlassen hat, nicht mittelfristig eine Bedrohung für Israel sein werden. Eine Rechtfertigung für ein weiteres militärisches Eingreifen können die instabilen politischen Systeme der Staaten, die vom "arabischen Frühling" betroffen waren, nicht sein, da der Erfolg der Intervention von außen nicht offensichtlich ausgewiesen werden kann. Jede Instabilität wird weitere Instabilitäten nach sich ziehen, wenn es nicht gelingt, wieder Stabilität herzustellen. Mit diesen langfristig und nur gesellschaftspolitisch und nicht wirtschaftlich zu lösenden Problemen beschäftigen sich die führenden G 8-Staaten kaum. Auch hierin zeigt sich, dass das ostdeutsche Modell gänzlich ungeeignet, um als Vorbild für Umwälzungen in anderen Staaten zu gelten. Nur rund ein Drittel des gesamten Staatsgebietes des heutigen Deutschlands gehörte vor 1989 zur DDR und nur ein Drittel der Bevölkerung stammt aus den ostdeutschen Bundesländern. Allein die Stabilität der westdeutschen Bundesländer konnte eine gelungene wirtschaftliche Integration der ostdeutschen Gebiete gewährleisten. Unterstützungszahlungen für ostdeutsche Gebiete sind auch 24 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch von Nöten. Politisch konnte nur ein System, das auf dem westdeutschen Grundgesetz aufbaute, eine reibungslose Wiedervereinigung garantieren. Alle anderen Transformationsprozesse, sei es der Zerfall der ehemaligen Sowjetunion, seien es die Transformationsprozesse in der arabischen Welt, betreffen stets ganze Staaten und nicht nur einen Minderheitenteil eines Staates. Der Umwälzungsprozess ist deshalb in diesen Transformationsstaaten sehr viel größer. Die Regelungsnotwendigkeiten sowie der Aufbau einer stabilen sozialen Ordnung übersteigen die Anforderungen einer Eingliederung, wie ihr die DDR im Beitrittspakt zugestimmt hat. Die "Friedliche Revolution" in der DDR im Jahr 1989 war auch deshalb möglich, weil die BRD bereit war, mit den ostdeutschen Gebieten alles zu teilen.

7. Waffenlieferungen lösen keinen Bürgerkrieg

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle hat in den vergangenen Tagen eindeutig öffentlich kundgegeben, dass Deutschland keine Waffen an syrische Rebellen liefern wird. Die Frage möglicher Waffenlieferungen beantwortete der US-amerikanische Präsident Barack Obama bereits vor Monaten mit einer sogenannten roten Linie, die er dann als überschritten ansehen würde, wenn die Asad-Regierung chemische Waffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzen würde. Damit hat sich Präsident Obama selbst in Zugzwang gebracht, indem er eine Ursache-Folge-Ankündigung aussprach, die nur von irgendeiner Seite inszeniert werden mußte, damit die amerikanische Großmacht auf Seiten der Rebellen in den Bürgerkrieg eintritt. Sehr geschickt konnterte der russische Präsident Wladimir Putin in einer Pressekonferenz vor dem G 8-Gipfel, dass man keine Waffen liefern könne an Rebellen, die vor laufenden Kameras die Organe ihrer getöteten Gegner verspeisten. Durch dieses Vorgehen der Rebellen wird es Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten sehr erschwert, die Rebellen als die "Guten" hinzustellen und die Asad-Regierung als die "Böse". Zudem scheint es keine neutralen Belege zu geben, die die Schädigungen von syrischen Bürgerinnnen und Bürgern durch Chemiewaffen eindeutig auf das Anwenden chemischer Waffen durch die syrische Regierung zurückführen lassen. Rund hundert Geschädigte sind nicht wenige, dennoch stellt sich die Frage, welche chemische Waffe geeignet wäre, eine solche Zahl an Opfern hervorzubringen und wieso die Zahl der Geschädigten gerade so groß bzw. klein ist.
Waffenlieferungen an die syrischen Rebellen durch die USA erscheinen als ungeeignetes Mittel der Konfliktlösung, weil nicht sicher gestellt werden kann, in wessen Hände diese Waffen gelangen. Die USA könnten sich damit selbst torpedieren, indem sie den Rebellen Waffen liefern und die Rebellen dann militärisch dem Asad-Regime unterlegen sein würden und die von den USA gelieferten Waffen dann in die Hände der Regierungsmilitärs gelangen könnten. Der UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte, Waffenlieferungen seien kein geeignetes Mittel, um in einen Bürgerkrieg einzugreifen. Dem allen scheint sich nun der US-Präsident Barack Obama gebeugt zu haben, wenn er auf Waffenlieferungen an die Rebellen verzichtet und auf weitere Verhandlungslösungen setzt. Die G 8-Gipfelstaaten haben sich hierauf verständigt. Ziel eines sogenannten Genf 2-Prozesse solle die Bildung einer Übergangsregierung sein. Die Rolle des syrischen Präsidenten Baschar al-Asad, der früher bereits gesagt hatte, er werde niemals abdanken und der einen Rücktritt bereits vor Monaten ausgeschlossen hatte, ist bislang unklar. Wichtig wäre es für sieben der acht G 8-Gipfelstaaten, bis zu diesem Genf 2-Prozess die anderen Verbündeten Syriens ins Auge zu fassen und nach weiter reichenden humanitären Lösungen zu suchen. Eines dürfte sicher sein, egal, ob Präsident Baschar al-Asad bleibt oder ob er den mörderischen Rotten der Rebellen zum Opfer fällt, auch sein Tod würde nicht zu einem friedlichen Zusammenleben der syrischen Bevölkerung führen. Die Frage des Syrienkonfliktes am Leben oder Tod Baschar al-Asads auzuhängen, ist somit eine völlig unzuträgliche Fragestellung für die Zukunft des Landes Syrien und seiner Bevölkerung. Gerade in den vergangenen Wochen haben die Regierungsanhänger militärisch erhebliche Rückeroberungen verzeichnen können. Mit dieser Spaltung der Bevölkerung generieren die USA und die Europäische Union zum wiederholten Male Verhältnisse, wie sie den Irak und Afghanistan kennzeichnen. Um solche Verhältnisse einzukalkulieren oder um sie zu verhindern, ist es noch nicht zu spät. Derart instabile Zustände wie im Irak und in Afghanistan können keinesfalls im Interesse auch nur eines einzigen internationalen Akteurs sein.
Man muss somit am Ende dieses G 8-Gipfels im nordirischen Enniskillen davon ausgehen, dass sich der russische Präsident Putin mit seiner Lösung durchgesetzt hat. Zum einen soll die derzeit noch legitime Regierung unter Präsident Asad vor weiteren militärischen Eingriffen von außen geschützt werden. Zum anderen können nur politische Lösungen überhaupt im Syrienkonflikt zuträglich sein. Würde Präsident Asad immer noch von einer Mehrheit der syrischen Bevölkerung getragen, wird er auch weiterhin im Amt bleiben können und müssen. Die Souveränität Syriens darf nicht fremden Machteinflüssen geopfert werden. Zudem muss es einen Aufschub des Druckes auf eine schnelle Lösung geben. Die internationale Staatengemeinschaft muss ein aktiv kommunizierbares Interesse daran haben, dass die arabischen Staaten mit einbezogen werden in Lösungsszenarien, die ihren Kulturkreis betreffen. Vorreiter solcher alternativer Lösungswege zum westlichen Dominanzstreben ist hierbei vor allem Russland.

8. Russland zeigt als internationaler politischer Akteur politische Alternativwege auf, die auf Stabilität setzen, und die ein Vorbild für arabische Staaten werden könnten
 
Russland ist mit dem Syrienkonflikt zurück auf dem internationalen Parkett nach Jahren der Stille nach dem Ende des Kalten Krieges. Mit Russland als Akteur wird man international zukünftig wieder rechnen müssen. Die genuine Verfolgung des Machtinteresses der Stabilität eines politischen Systems hat sich somit durchgesetzt gegenüber den wirtschaftlichen Expansionsbestrebungen, die in den USA und in der Europäischen Union die politischen Machterwägungen dominieren. Russland wird damit auch zum Vorbild für die Wahrung stabilier Machtverhältnisse in den noch nicht von Unruhen erschütterten anderen arabischen Staaten. Die USA haben diese Vorbildfunktion verloren. Vor fünfzig Jahren bekannte der US-amerikanische Präsident John F. Kennedy am 25. Juni 1963, tief erschüttert von der Teilung Berlins durch die Mauer, die er am Morgen selbst besichtigt hatte, auf dem Balkon des Schöneberger Rathauses: "Ich bin ein Berliner." Bewogen haben ihn allein politische Erwägungen und nicht wirtschaftliches Expansionsstreben, westliche Wirtschaftsmissionierungen und nach Dominanz strebende Globalisierungsphantasien.

Elke Göß
 
(1) vgl. Interview mit Wolfgang Ischinger, Organisator der Münchner Sicherheitskonferenz, im ARD-ZDF-Morgenmagazin am 18. Juni 2013 um 8.45 Uhr
(2) Zum Folgenden vergleiche "Arabischer Frühling" in: Der neue Fischer Weltalmanach 2012. Zahlen, Daten, Fakten (2012), Frankfurt am Main, S. 30f
(3) vgl. Habermas Jürgen (2011): Theorie des Kommunikativen Handelns, Band 1: Handlungsrationalität und gesellschaftliche Rationalisierung, Frankfurt am Main, 8. Auflage; vgl. Habermas Jürgen (2011): Theorie des Kommunikativen Handelns, Band 2: Zur Kritik der funkionalistischen Vernunft, Frankfurt am Main, 8. Auflage
(4) vgl. Syrien, in: Der neue Fischer Weltalmanach 2012. Zahlen, Daten, Fakten, Frankfurt am Main, S. 467
(5) vgl. "Arabischer Frühling" in: Der neue Fischer Weltalmanach 2012. Zahlen, Daten, Fakten (2012), Frankfurt am Main, S. 30
(6) vgl. "Arabischer Frühling" in: Der neue Fischer Weltalmanach 2012. Zahlen, Daten, Fakten (2012), Frankfurt am Main, S. 30f
(7) vgl. "Arabischer Frühling" in: Der neue Fischer Weltalmanach 2012. Zahlen, Daten, Fakten (2012), Frankfurt am Main, S. 30
(8) vgl. Internet, in: Der neue Fischer Weltalmanach 2013. Zahlen, Daten, Fakten (2013), Frankfurt am Main, S. 19

18. Juni 2013


Die Freiheit als hohe ideelles und materielles Gut bedarf noch immer stetiger Arbeit - Präsident Barack Obama knüpft vor dem Brandenburger Tor an die Berliner Rede John F. Kennedys an

In diesen Minuten speisen der US-amerikanische Präsident Barack Obama und seine Familie im Berliner Schloss Charlottenburg. Neben US-Präsident Barack Obama sitzt an der Tafel Bundeskanzlerin Angela Merkel, die er heute schon rund vier Stunden gesehen hat. Neben der First Lady Michelle Obama sitzt der Kanzleringatte Professor Dr. Joachim Sauer. Heute war der heißeste Tag in Deutschland in diesem Jahr. Die Sonne schien 16 Stunden und das Thermometer kletterte auf mehr als 30 Grad. Vielleicht ist dies schon die ganze Nachricht, die man an diesem Tag verkünden könnte. Organisatorisch war es allerdings nicht gelungen, diesem Wetterphänomen Rechnung  zu tragen und beispielsweise ein Schattendach über der Rednertribüne und den Sitzen für die Zuhörenden vor dem Brandenburger Tor aufzubauen. In der prallen Sonne sagte Präsident Obama in Anknüpfung an die Einführung durch Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass es unter Freunden nicht so formell zuzugehen braucht und zog sein Jackett aus.


1. Sicherheitsstufe 1+

Gut 25 Stunden hielt sich Präsident Obama in Berlin auf. Die Sicherheitsmassnahmen sollen die Stufe 1+ erreicht haben. Kontakt zur Berliner Bevölkerung soll es nicht  gegeben haben. Die rund 4.000 Zuhörenden seiner Rede am Brandenburger Tor waren handverlesen, meist wurden die Karten durch den Berliner Senat vergeben. Am Vormittag im Schloss Bellevue, wo Präsident Obama um 10 Uhr Bundespräsident Joachim Gauck traf, wartete eine kleine Schar von Schülerinnen und Schülern der John-F.-Kennedy-Schule auf den Präsidenten, den sie wenige Minuten sehen konnten, dafür aber sehr coooool fanden.


2. First Lady Michelle Obama und die beiden Töchter bewältigen das Damenprogamm alleine



Das Damenprogramm sollte der Kanzlergatte Professor Dr. Joachim Sauer begleiten, der sich auf die Begleitung seiner Frau zu US-Präsidenten und zu den Bayreuther Festspielen spezialisiert hat. Zu anderen Anlässen bringen ihn keine zehn Pferde. Wie ihn die First Lady Michelle Obama los geworden ist, wurde nicht berichtet. Doch weder bei dem Besuch der First Lady und ihrer beiden Töchter Sasha und Mahlia des Holocaust-Gedenkmahls direkt neben dem Brandenburger Tor noch beim Besuch eines Reststücks der Berliner Mauer war der Kanzleringatte begleitend dabei. Ob es den Töchtern Sasha und Mahlia am Nachmittag, vielleicht während der Rede ihres Vaters am Brandenburger Tor, gelungen ist, den ersehnten Einkaufsbummel genehmigt zu bekommen, ist noch nicht bekannt. Der Präsident ging darauf ein, dass seine Familie vor dem Brandenburger Tor nicht anwesend ist und sagte, sie hätten nicht noch eine Rede von ihm hören wollen. Daraus konnte man schließen, dass er seinen Reden, die er andernorts bereits gehalten hat, in Berlin nichts Neues hinzuzufügen gedenkt.



3. Das Protokoll der Bundeskanzlerin sah keinen Kontakt für den US-Präsidenten Barak Obama mit der Berliner Bevölkerung vor


Normalerweise hat der US-Präsident Barack Hussein Obama keine Probleme, Bürgerinnen und Bürger anderer Staaten zu treffen. In Kairo, in Prag und in Jerusalem sprach er auf seinen Besuchen in Universitäten zu Studierenden. Nicht so in Berlin. Bei seinem Besuch im Vatikan bei Papst Benedikt XVI. wurde weder die First Lady Michelle Obama bei ihrer Besichtigung des Petersdoms massiv abgeschirmt, noch gab es kilometerlange Absperrungen für die Präsidentenlimousine, die "the Beast" genannt wird. In einem Abstand von weniger als zehn Metern fuhr Präsident Obama aus dem Vatikan kommend in seinem gut gesicherten Gefährt an den wartenden Passantinnen und Passanten vorbei. Was ist in Berlin geschehen? Auch Papst Benedikt XVI. wurde bei seinem Berlin-Besuch streng von denjenigen fern gehalten, die das Protokoll der Bundeskanzlerin für einen Kontakt mit dem Papst nicht vorsah.



4. Kein Wahlkampf für Bundeskanzlerin Angela Merkel



Noch bei seinem letzten Besuch im Jahr 2008, als Senator Barack Obama für die amerikanischen Präsidentschaftswahlen kandidierte, kamen 200.000 Menschen zur Siegessäule, nur wenige Meter vom Brandenburger Tor entfernt. Heute werden ihn keine 5.000 Menschen live zu Gesicht bekommen haben. Vor fünf Jahren durfte Barack Obama noch nicht am Brandenburger Tor sprechen. Seine Präsidentschaftswahlen in den USA waren noch nicht entschieden. Im Jahr 2013 stehen die deutschen Bundestagswahlen an. Zu diesem Zeitpunkt darf der US-Präsident auf der östlichen Seite des Brandenburger Tors sprechen. Auf der Westseite wäre auch zu viel Platz gewesen für die auserwählten 4.000 Zuhörenden. Zudem sollte dieser Präsidentenbesuch in zeitlicher Nähe zum 17. Juni stattfinden, weil sich dann die "demokratische" DDR-Vergangenheit besser feiern läßt. Für die US-Amerikanerinnen und US-Amerikaner war freilich der 50. Jahrestag der Rede John F. Kennedys vor dem Schöneberger Rathaus und sein danach vielfach wiedergegebener Satz "Ich bin ein Berliner" der Anlass, dass der US-Präsident nach Berlin kam. Erstaunlicherweise ging Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer ausführlichen Einführungsrede gar nicht auf diesen Anlass ein, erinnerte aber an den Fall der Mauer, der aufgrund des Bündnisses der Bundesrepublik Deutschland mit den Vereinigten Staaten von Amerika  zustande gekommen sei. In der Sicht von Angela Merkel gab es auch einen direkten Zusammenhang zu den Aufständen am 17. Juni 1953 und dem Fall der Mauer. Historikerinnen und Historiker werden ihr da wenig beipflichten. Aber schon Vereinigungskanzler Helmut Kohl, der gerne "Geschichte" geschrieben hat, nahm es dann mit den geschichtlichen Fakten nicht so genau, wenn sie seinem Ruhm dienten. Erstaunlicherweise liess sich Präsident Obama nicht vor den Wahlkampfkarren der Bundeskanzlerin spannen. Vielleicht erinnerte er sich doch noch daran, dass sie ihm ja auch keine Wahlkampfhilfe geben wollte im Jahr 2008, wie sie damals gesagt hatte.


5. Präsident Obama verweist auf die ambivalente Geschichte der Deutschen


Präsident Barack Obama würdigte die lange Geschichte der Deutschen, die sowohl Kant und dessen Freiheitsgedanken und "die deutschen Dichter und Denker" hervorgebracht hat, als auch zu den verheerendsten Weltkriegen geführt hat. Typisch Barack Obama ging er auf die Lebensleistung einiger Berlinerinnen und Berliner ein, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die Stadt wieder aufgebaut haben, die den Schmerz der Trennung trugen und die Freude der Wiedervereinigung. Ausdrücklich würdigte er die DDR-Republikflüchtlinge, die unter Einsatz ihres eigenen Lebens den Weg in die Freiheit gesucht haben, durch Stacheldraht hindurch, sschwimmend durch die Spree, die von Häusern sprangen und sich durch das Erdreich gruben.  Seine Rede galt somit weniger den verdienstvollen Politikerinnen und Politikern der Deutschen Einheit als dem deutschen Volk.


6. Der Freiheitsgedanke John F. Kennedys ist nach 50 Jahren immer noch Ansporn 


Anknüpfend an Präsident John F. Kennedy, der knapp fünf Monate nach seiner Berliner Rede am 22. November 1963 im texanischen Dallas erschossen wurde, und der gesagt hatte, wer an der Freiheit zweifele, den werde er nach Berlin schicken, erklärte Präsident Obama deutlich, dass er noch einigen Freiheitsverlust in der Welt sehe. Auch innerhalb unserer Gesellschaften gäbe es noch Freiheitsdefizite. Freiheit, Toleranz und Anerkennung anderen zuzugestehen, stärke und schütze die eigene Freiheit. Mit diesem Gedanken war der US-amerikanische Präsident dann bei den Werten seines Heimatlandes angekommen. Die folgenden Passagen seiner Rede explizierten das politische Denken eines US-Amerikaners und eigneten sich in ihrer Klarheit, in ihrer Stringenz, in ihrer Direktheit und in ihrer toleranten Kompromisslosigkeit nicht zu einer Wahlkampfhilfe für Bundeskanzlerin Angela Merkel. In seinen Ausführungen knüpfte Präsident Obama allerdings direkt an seine eigene Rede an der Siegessäule vor fünf Jahren an und an seinen Wahlkampfslogan seines ersten Präsidentschaftswahlkampfes: "Yes, we can." Wurden seine Worte damals als träumerisch, illusorisch angesehen, in ihrem Charme und in ihrer Strahlkraft aber begeistert gefeiert, so führte Präsident Obama diese Worte in seiner zweiten Berliner Rede fort und gab ihnen die realistischen Züge eines Realpolitikers. Barack Obama kann beides, er kann euphorisch begeistern, er versteht eine Menge von politischer Ideengeschichte und von politischer Philosohpie, er ist aber ebenso stark ein realistisch denkender, argumentiertender und handelnder Politiker, der die höchsten Formen des demokratisch ringenden Kämpfens um seine Werte und seine Überzeugungen beherrscht. Seine Reden schreibe er selbst, hiess es lakonisch vor seinem Auftritt vor dem Brandenburger Tor. Präsident Barack Obama muss niemand sagen, wie man als demokratischer Politiker besteht.



7. Keine Zeit für einen einzigen großen Berliner Satz, dafür Kontinuität in den US-amerikanischen und deutschen Beziehungen



Journalisten bemängelten leise nach der Rede, dass es keinen "großen Satz" gegeben habe, den man singulär in die Zeitungen und Medienberichte aufnehmen hätte können, wie dies bei John F. Kennedy und Ronald Reagan der Fall gewesen war. Präsident Obama hat einen solchen singulären Satz vermieden. Es geht um eine Kontinuität des politischen Handelns in der bislang 66-jährigen Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika mit Deutschland, nimmt man den Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg au Ausgangspunkt. Man könnte auch das Jahr 1917 als Beginn der Deutsch-Amerikanischen Beziehungen ansehen. Damals traten die Vereinigten Staaten von Amerika in den Ersten Weltkrieg gegen Deutschland ein.



8. Deutsche Freundschaftsleistungen unterblieben, die bisherigen Reden von Präsident Obama wurden nicht zur Kenntnis genommen



Von dem Jahrzehnte andauernden, wohl begründeten Misstrauen der USA in die demokratische Gesinnung Deutschlands ist wenig übrig geblieben. Einzig die Diskussion um das Spionageprogramm "Prism" läßt darauf schließen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika wohl doch nicht so zufrieden sind mit der gegenseitigen Hilfe zur Aufklärung von Terroristennachwuchs. Sicherlich werden es die Verantwortlichen In Washington nicht gut vergessen können, dass sich die Attentäter der Anschläge vom 9. September 2001 zunächst sehr gut in Deutschland verbergen konnten und auch hier eine spezifische Flug- und Mechaniker-Ausbildung genossen haben, bevor sie die Flugzeuge in das World Trade Center und in das Pentagon steuerten. Eine Entschuldigung für diese Versäumnisse von deutschen Politikern und Politikerinnen blieb bislang aus und scheinbar kommt auch niemand von den Verantwortlichen in Berlin darauf, eine solche auszusprechen. Auf der Pressekonferenz ab 12.45 Uhr meinte dann Bundeskanzlerin Angela Merkel, sie habe eine Verhältnismäßigkeit der Spionage-Aktivitäten der USA angemahnt. Dies nahm Präsident Obama zum Anlass, das Vorgehen bei der US-Internet-Spionage ausführlich zu erklären. Offensichtlich haben sowohl deutsche Politikerinnen und Politiker wie auch deutsche Journalistinnen und Journalisten und auch einige amerikanische Vertreterinnen und Vertreter, die in Deutschland tätig sind, die Reden des US-Präsidenten in den vergangenen Jahren nicht mitverfolgt, obwohl man sie mühelos bei CNN alle live sehen konnte. Bereits in seiner vorletzten Rede, die er vor dem US-amerikanischen Repräsentantenhaus hielt, erklärte Präsident Obama das Vorgehen bei der Internet-Spionage "Prism". Offensichtlich muss der US-Präsident bemerkt haben, dass diese Rede in Berlin nicht zur Kenntnis genommen wurde.


9. Präsident Obamas Angebot einer Reduzierung der amerikanischen Atomwaffen ist eine Antwort auf Präsident Putins Angebot
 

Ebenfalls erhebliche Defizite zeigten deutsche Politikerinnen und Politiker wie auch deutsche Journalistinnen und Journalisten, als sie die Ankündigung, der US-amerikanische Präsident Barack Obama sei bereit, das Atomwaffenarsenal der Vereinigten Staaten von Amerika um ein Drittel zu reduzieren, zum Neuigkeiten-Highlight dieser Rede vor dem Brandenburger Tor hochstilisierten. Wer immer am Ball bleibt, kann sich leicht erinnern, dass der russische Präsident Wladimir Putin bereits vor einigen Monaten das gleiche Angebot den USA unterbreitet hat. Diese Meldung ging damals durch die deutschen Medien. Heute erinnert sich keiner mehr daran. Stattdessen vermelden die deutschen Nachrichtensender, Russland habe bereits abgewehrt. Mit dem die deutschen Journalisten und Journalistinnen da gesprochen haben, wurde nicht klar. Auf Weltniveau bewegt man sich mit einer solchen Arbeitsauffassung freilich nicht und ein gleichwertiger Gesprächspartner bzw. eine gleichwertige Gesprächspartnerin wird man mit solchen Versäumnissen auch nicht. Dass es Präsident Barack Obama versteht, eine lockere und gleichberechtigte Gesprächsatmosphäre herzustellen, ist eines seiner ganz großen Charismen. Zudem hätte man nach dem G 8-Gipfel, der genau einen Tag vor dem Berlin-Besuch des US-Präsidenten zu Ende ging, und auf dem sich Putin und Obama zu einem Vier-Augen-Gespräch getroffen haben, davon ausgehen können, dass die beiden Präsidenten über eine gegenseitige atomare Abrüstung gesprochen haben. Aus Sicht der USA bzw. aus Sicht des US-amerikanischen Präsidenten ist eine Abrüstung der Atomwaffen nicht nur eine nette Geste. Strategisch ist der Einsatz von Drohnen viel effektiver und es kann damit verstärkt ausgeschlossen werden, dass unbeteiligte Zivilistinnen und Zivilisten getötet werden. Atomwaffen werden damit überflüssig. Da auch die Vereinigten Staaten von Amerika durch ein großes Haushaltsloch gebeutelt werden, ist eine Abrüstung nicht mehr brauchbarer oder wenig verwendtbarer Waffen ein sehr rationaler Schritt zu einer Haushaltskonsolidierung.


10. Freundschaft meint, dem anderen beizustehen und für ihn Sorge zu tragen, um die liberalen Werte der Freiheit, der Gleichberechtigung und der Toleranz zu hegen und zu pflegen



Erstaunlicherweise haben deutsche Journalistinnen und Journalisten die Ankündigung der Abrüstung von Atomwaffen durch die USA wieder völlig falsch kommentiert, wie beim Internet-Spionage-Programm "Prism" auch und wie auch bei der Einigung im Syrienkonflikt auf dem G 8-Gipfel. Dass man sich damit nicht gerade als Kompetenzteam empfiehlt im transatlantischen Gespräch, versteht sich von selbst. Auf Dauer würde es dem US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama sicher keine Freude bereiten, auf diesem Niveau Politik zu betreiben. Dies bringt er freilich nicht wörtlich zum Ausdruck. Seine Rede, die geschichtlich stimmig war, die die innere Passion für die liberalen Werte Freiheit, Gleichberechtigung und Toleranz weitergetragen hat, die somit sowohl begeisternd als auch realistisch war, setzt in ihrem Rededuktus Massstäbe, wie sie auch andere US-Präsidenten nach Berlin getragen haben und dort eingepflanzt haben. In diesem Minuten startet Präsident Obama vom Berliner Flughafen Tegel zu seinem Rückflug in die USA.



Elke Göß


19. Juni 2013



 




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