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15 Merkmale für gewerblichen Sex. Hannelore Schlaffers Vortrag „Emanzipation – ein Kleiderwechsel“ ist ein Lob der Kurtisane, eines Prototyps einer Escort und einer Prostituierten

 

Einleitung

1. Ausgangspunkt des Vortrags: eigene Sozialisation von Hannelore Schlaffer

2. Sexuelle Emanzipation durch Kurtisanen

3. Fünfzehn Merkmale von gewerblichem Sex bei Kurtisanen und Prostituierten

4. Seit Jahrhunderten bestehende Gefahren durch sexuell übertragbare Krankheiten

5. Bis zur Antike zurückreichende Provenienzforschung bei der Geschlechterdefinition von Frauen

6. Adelige Herrscherinnen des Barock als Vorläuferinnen der Frauenemanzipation statt Kurtisanen und Mätressen

Fazit

 

Einleitung

 

Die 80-Jährige Professorin im Ruhestand Dr. Hannelore Schlaffer hielt in der Tele-Akademie im SR-Fernsehen am 19. Juli 2020 von 7.30 Uhr bis 8.15 Uhr den Vortrag „Emanzipation – ein Kleiderwechsel“. Eigentlich sollte ihr Vortrag „Lob der Kurtisane“ heißen. Die Germanistin, die bis 2001 an der Ludwig-Maximilian-Universität lehrte, schreibt für verschiedene Zeitungen.(1)

 

1. Ausgangspunkt des Vortrags: eigene Sozialisation von Hannelore Schlaffer

 

In ihrem Vortrag am Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg erwähnt Hannelore Schlaffer ihre eigene Sozialisation, in der die Frau keine Gefühle beim Sex haben durfte, ansonsten galt sie als „dreckige Frau“. Hannelore Schlaffer ist 1939 geboren. Ihre Pubertät fällt in die 1950er Jahre. Das magische Datum 1968 für die sexuelle Revolution erwähnt sie mehrfach. Seit 1968 sind 52 Jahre vergangen.

 

2. Sexuelle Emanzipation durch Kurtisanen

 

Leider ist der Vortrag von Hannelore Schlaffer in seinen Thesen eindimensional. „Die“ Frau war unterdrückt. Die Kurtisane bzw. Mätresse gilt ihr als exemplarische Frau, die „den anderen sagte“, dass sie Gefühle haben dürfen und sich sexuell emanzipieren sollten. Dabei waren Kurtisanen selbstverständlich keine Huren nach Ansicht von Hannelore Schlaffer.

Sie unterschlägt, dass es im 18. und 19. Jahrhundert nicht nur die Sexpartnerinnen des Adels (Kurtisanen, Mätressen) gab. Kurtisanen waren die Sexpartnerinnen im höfischen Bereich. Mätresse wurde die Geliebte eines Fürsten oder eines Königs genannt. Selbstverständlich gab es im angeblich ältesten Gewerbe der Welt im 18. und 19. Jahrhundert Prostituierte für Bürgerliche und Arbeiter.  

 

3. Fünfzehn Merkmale von gewerblichem Sex bei Kurtisanen und Prostituierten

 

Hannelore Schlaffer zählt mehrere Merkmale von Kurtisanen auf. Die Germanistin übersieht, dass sowohl Frauen wie Männer Sex gegen Geld oder Vorteile anbieten können.

Systematisiert man die literarischen Ausführungen von Hannelore Schlaffer, so können in einer nicht abschließenden Aufzählung 15 Merkmale benannt werden, die man heute gewerblichem Sex zuschreiben würde:

1. Geschlechtsverkehr als einzige Einnahmequelle, als finanzielle Haupteinnahmequelle zur Sicherung des Lebensunterhalts oder als Zusatzverdienst

2. ständig oder häufig wechselnde Geschlechtspartner bzw. Geschlechtspartnerinnen

3. Reduktion eines Geschlechtspartners bzw. einer Geschlechtspartnerin auf ihren Status (Macht, Einfluss, Vermögen) und auf seine bzw. ihre Körperlichkeit bei der Auswahl eines Sexpartners bzw. einer Sexpartnerin

4. keine Gefühle beim Geschlechtsverkehr außer einem ominösen Freiheitsgefühl

5. singuläre Position von Kurtisanen und Prostituierten in der Gesellschaft

6. sexuelle Dienstleistungen in einem eigenen Etablissement, bei Escorts in Form eines Begleitservice

7. Reduktion von Emanzipation bzw. von sexueller Emanzipation auf freizügigen, wechselnden Geschlechtsverkehr

8. Ausrichtung aller persönlicher Attribute auf den Zweck des gewerblichen Geschlechtsverkehrs

9. Disqualifizierung von Geschlechtsverkehr, bei dem Männer nicht-gewerblichen Sex mit Frauen haben, die nicht dem Sexgewerbe nachgehen

10.  besondere, stilisierte Sexpraktiken

11. ritualisierter Geschlechtsverkehr

12. Einbeziehung von Gewalt in den Geschlechtsverkehr

13. fakultative Machtausübung durch Geschlechtsverkehr

14. Pervertierung von sexuell ausgerichteten Beziehungen und von nicht sexuell ausgerichteten Beziehungen

15. Verquickung von Geschlechtsverkehr mit Bildungsintentionen

 

4. Seit Jahrhunderten bestehende Gefahren durch sexuell übertragbare Krankheiten

 

Die Eindimensionalität des Vortrags von Hannelore Schlaffer kommt darin zum Ausdruck, dass sie die gesundheitlichen Gefahren, die der Geschlechtsverkehr mit gewerblichen Sexarbeiterinnen birgt, unterschlägt. Seit Jahrhunderten existieren sexuell übertragbare Krankheiten, die sich in ihrer potenziellen Lebensbedrohlichkeit nicht geändert haben (Syphilis, HIV etc.). Stattdessen stellt Hannelore Schlaffer einseitig die angeblichen Emanzipationseffekte von Kurtisanen in den Mittelpunkt ihres Vortrages.

 

5. Bis zur Antike zurückreichende Provenienzforschung bei der Geschlechterdefinition von Frauen

 

Es schimmert immer wieder die fehlende Universalbildung von Hannelore Schlaffer als Germanistin durch. Sie zitiert den Philosophen Johann Gottlieb Fichte. Bevor sie das Zitat vorliest, kommentiert sie die Passage mit einem Ekel zeigenden Gesicht und mit den Worten, dass es unglaublich sei, dass so etwas je geschrieben wurde.

Korrekterweise hätte man feststellen können, dass einer der wichtigsten Vertreter des Deutschen Idealismus sich in seiner Beschreibung der Rolle der Frau auf die Rolle der Frau im römischen Recht der Antike bezieht. Provenienzforschung liegt Hannelore Schlaffer fern.

Ebenso bekommt Hannelore Schlaffer die Rolle von Frauen im frühen Christentum nicht in den Blick. Literarische Quelle hierfür ist das Neue Testament.

 

6. Adelige Herrscherinnen des Barock als Vorläuferinnen der Frauenemanzipation statt Kurtisanen und Mätressen

 

Wenn es weniger religiös sein soll, könnte man sich auf gebildete adelige Frauen im Barock beziehen, wie beispielsweise Maria Theresia von Österreich, Katharina die Große, Markgräfin Wilhelmine von Brandenburg-Bayreuth und andere. Während an bestimmten adeligen Höfen wie in Frankreich Mätressen eine prominente Rolle einnahmen, die man als emanzipiert bezeichnen kann, lag die wirkliche Macht in Österreich, in Russland und im Markgrafentum Brandenburg-Bayreuth bei den Herrscherinnen selbst. Sie waren verheiratet, erzogen ihre Kinder, regierten, führten Kriege, bauten Schlösser und parlierten mit den führenden Philosophen ihrer Zeit wie Voltaire auf Augenhöhe. Sie taten nicht nur so, als wären sie gebildet, sie waren gebildet. Sie mussten nicht ihre Silbergroschen zählen, die sie von reichen Sexpartnern bekamen. Sie hatten tatsächlich Macht und mussten sie sich nicht kleinteilig im Bett erschleichen. Die adeligen Herrscherinnen haben mehr für die Emanzipation von Frauen in Führungspositionen getan wie die Kurtisanen und Mätressen.

 

Fazit

 

Für das Sexgewerbe waren Kurtisanen sicherlich förderlich. Ihre idealtypischen Nachfolgerinnen wären heute nicht die Frauen im Allgemeinen, sondern Edelprostituierte und Escorts, die für einen Begleitservice arbeiten.

 

 

 

Elke Göß

 

(1) Vgl. Hannelore Schlaffer, https://de.wikipedia.org/wiki/Hannelore_Schlaffer,19.07.2020

 

19. Juli 2020